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Das Joanneum in Graz

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Am 26. November 1811 übergab Erzherzog Johann von Oesterreich dem Lande Steiermark die Schenkungsurkunde über seine großen und umfassenden naturwissenschaftlichen Sammlungen. Sie sollten in Innerösterreich (Steiermark, Kärnten, Krain), dessen geistiges und wirtschaftliches Leben zufolge der jahrzehntelangen Kriegswirren in arge Not geraten war, zu einem Mittelpunkt werden, von dem ausgehend besonders alle Zweige der Naturwissenschaften und, durch ihre Förderung bedingt, das Wirtschaftsleben dieser Ländergruppe neue Anregungen zu seinem Wiederaufbau erfahre. Gleichzeitig mit der Schenkung und Gründung des Joanneums wurden an diesem daher sieben Lehrkanzeln errichtet, von denen die für Hüttenkunde, aus der sich im weiteren die Montanistische Hochschule in Leoben entwickelte, bis 1849, die übrigen bis zur 1874 erfolgten Errichtung der Technischen Hochschule Graz im Verband des Joanneums bleiben. Am Joanneum, das,1845 in den Rang eines Polytechnikums erhoben wird, wirken in diesen Jahrzehnten vom Erzherzog berufene Männer, deren Namen noch heute unvergessen sind: Peter Tunner, der Erneuerer des steirischen Eisenwesens, Franz Un-ger, der Begründer der Pflanzenphysiologie, und besonders Friedrich Mohs, der große Minera-' löge.

Nicht nur die Naturwissenschaften sollten nach dem Plane des Gründers, dem die Steiermark, in deren Hauptstadt er 1859 starb, zur Heimat wurde, im Joanneum eine Wirkungsstätte finden, auch die Geschichtswissenschaft und die Pflege der Literatur wurden nicht vernachlässigt. Aus dem Grundstock der Bibliothek des Erzherzogs erstand die Steiermärkische Landesbibliothek, aus den von ihm ausgehenden und stets geförderten Anregungen zur Erforschung der Geschichte und Naturgeschichte des Landes die Münzen- und Antikensammlung (heute Abteilung für Vor- und Frühgeschichte), aus der 18 87 das Kulturhistorische und Kunstgewerbemuseum, das Kupferstichkabinett, die Alte Galerie und Skulpturensammlung und durch die 1939 erfolgte Teilung der letzteren die Neue Galerie hervorgingen. . ,

Längst war das 1811 zur Unterbringung der Sammlungen erworbene, 1665 von Dom. Scias-sia in der Raubergasse 10 erbaute und schon 1 825 erweiterte Palais, in dem neben den prähistorischen Sammlungen und dem Münzenkabinett die Abteilung für Mineralogie, das Museum für Bergbau, Geologie und Technik und die Abteilung für Tier- und Pflanzenkunde verblieben, der Entwicklung zu eng geworden. 1895 nahm ein Neubau (Neutorgasse 45) die kunstgeschichtlichen Sammlungen des Joanneums auf, dem durch die Initiative des Sohnes des Erzherzogs, des Grafen Franz v. Meran, auch das großartige Waffenarsenal des Landes aus der Zeit der Türkenkriege, das Landeszeughaus, als Abteilung angeschlossen worden war. Die kunst- und naturgeschichtlichen Abteilungen entwickelten sich in der Folge wohl zum bedeutendsten Provinzmuseum ihrer Art in Oesterreich, besonders die vielen qualitätvollen Werke mittelalterlicher Kunst besitzen eine die österreichischen Grenzen weit überstrahlende Bedeutung.

Als das' Joanneum das erste Jahrhundert seines Bestehens vollendet hatte, schuf ihm Viktor v. Geramb, der kürzlich dahingegangene große Volkskundler, im Steirischen Volkskundemuseum eine neue, das gesamtsteirische Kulturleben durch Besinnung auf die kraftspendenden Wurzeln seines Wesens fördernde Abteilung. Sie fand ihr stimmungsvolles Heim in den Räumen des 1600 erbauten ehemaligen Kapuzinerklosters am Hang des Grazer Schloßberges (Paulustorgasse 13).

Im Jahre 1947,wurde das nach 1625 erbaute Repräsentationsschloß der Fürsten von Eggenberg, das 1742 an die Grafen von Heberstein vererbt und 193 8 vom Lande Steiermark erworben worden war„ dem joanneum angegliedert. Der Festsaal des Schlosses mit seinen 1685 nach einem astrologischen Plan gemalten Wand- und Deckenbildern Hans Weißenkirchners in den sie prachtvoll rahmenden Stukkaturen, die 26 anschließenden Salons mit den höchst dekorativen, nach 1775 bemalten Wandbespannungen Anton Raunachers, geben ein eindrucksvolles, großartiges Bild einer fürstlichen Hofhaltung im 17. und 18. Jahrhundert. Hirsche im Schloßgraben, äsende Rehe und Mufflons, Pfauen und Fasanen auf den weiten Wiesen des großen Schloßparkes ergänzen das im Schloß untergebrachte Jagdmuseum mit seinen Großdioramen, seinen jagdhistor'isclien Waffen- und Kunstwerken und seiner kapitalen Trophäensammlung. 1;, v: - .

Auch das Grazer Stadtmuseum, reich an Erinnerungsstücken zur“ Geschichte und Kulturgeschichte der steirischen Landeshauptstadt, befindet sich im Schloß Eggenberg. Die reiche musik- und theatergeschichtliche Sammlung-dieser Abteilung des Joanneums ist in ihren Archivalien und Realien eines der bedeutendsten Denkmale österreichischer Kultur vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart.

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