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Das Landhaus zu Klagenfurt

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Klagenfurt war vor 1945, obwohl seit langer Zeit Landeshauptstadt von Kärnten, ein recht unbedeutendes Städtchen. Niemals gab es hier einen Fürstenhof, der der Stadt Glanz hätte verleihen können, und als der Fürstbischof von Gurk zu Ende des 18. Jahrhunderts seine Residenz nach Klagenfurt verlegte, ging die Epoche des adeligen Prunkbauss bereits zu Ende. Allein im 16. Jahrhundert wies die Stadt Wohlstand und ein gewisses Ansehen auf, und so erklärt es sich auch, daß die bescheidene Zahl sehenswerter Klagenfurter Baudenkmäler aus jener Zeit stammt, als die Stadt vom Besitz des Kaisers in den der Stände übergegangen war und einen Ausbau erfuhr, wie er sich erst in unseren Tagen wiederholen sollte. Bedeutendster Profanbau aus jener Zeit und überhaupt ist ohne Zweifel das Klagenfurter Landhaus.

Die Entstehungsgeschichte dieses Bauwerkes ist eng mit der Gründung und dem Ausbau der Stadt selbst verknüpft. Klagenfurt wurde eigentlich von zwei Fürsten gegründet: Herzog Hermann von Spanheim ließ die später Altklagenfurt genannte Siedlung am Ufer des Glanflusses errichten, doch die fortgesetzten Überschwemmungen veranlaßten Herzog Bernhard, Hermanns zweiten Sohn, den neuen Markt dorthin zu verlegen, wo sich heute noch der eigentliche Stadtkern befindet: in das Gebiet des Alten Platzes und seiner engeren Umgebung.

Im Todesjahr Herzog Bernhards, 1252, findet sich die erste urkundliche Erwähnung einer herzoglichen Burg, die auch 1268 wieder genannt wird. Es handelt sich dabei wohl um eine von Gräben geschützte Wasserburg, die vermutlich außerhalb der Stadtmauer stand, unmittelbar neben dem heutigen Standplatz des Landhauses, ja wahrscheinlich einen Teil des heutigen Landhausareals bedeckend. Diese Burg war zur Regierungszeit Friedrichs III. baufällig, weshalb der Kaiser den Klagenfurter Bürgern ein Haus in der Nähe seiner Burg schenkte, damit sie es als Rathaus gebrauchten, wozu bisher die Burg gedient hatte, sie mußten allerdings Friedrich und seinen Nachfolgern für den Fall eines Besuches in Klagenfurt in diesem Haus ein Quartier bereithalten. Die umfangreichen Grabungen, die notwendig wären, um den genauen Standort dieser Burg festzustellen, lohnen nicht; man darf annehmen, daß sich womöglich Bauteile dieser Burg im Westteil des Landhausnordflügels befinden; dieser Flügel wurde auf Anordnung des Kaisers Maximilian I. im Jahre 1519 als Zeughaus errichtet.

Sicher ist, daß die Burg, die unter Maximilian notdürftig renoviert worden war, 1535 durch Feuer endgültig zerstört wurde, so daß sich die neuen Herren der Stadt, die Landstände, mit der Planung einer neuen Burg befaßten. Am 7. September 1574 wurde der Bau einer neuen Burg beschlossen, doch sollte der Bau keinen Burgcharakter mehr haben und wurde daher auch seit 1586 Landhaus genannt. Der erste Baumeister war Hans Freymann aus Bleiburg; ihm folgte der Italiener G. A. Verda, der zwar am 20. Juli 1587 seine Dienste aufkündigte und im Unfrieden aus Klagenfurt schied, dem aber das Landhaus gerade seinen besonderen Reiz verdankt: den stimmungsvollen Hof, aber auch den Kleinen Wappensaal. Bis 1588 war dann Christoph Windisch Bauführer — derselbe, der am 3. Jänner 1588 im Großen Wappensaal als erster ständischer Bürgermeister der Hauptstadt eingesetzt wurde. Bis 1594 war Ulrich Vogelsang, dem die Stadt unter anderem das Lindwurmdenkmal verdankt, maßgeblich an der Vollendung des Baues beteiligt.

Für den reichen Bildschmuck des Hauses sorgte nach Anton Blumental (dessen Arbeiten nicht erhalten sind) der Barockmaler Josef Ferdinand Fromiller, der besonders dem großen Saal in den Jahren 1735 bis 1740 sein heutiges Aussehen gab.

Dieser Große Wappensaal ist eine originelle Sehenswürdigkeit. Seine Wände sind mit insgesamt 665 Wappen geziert: den Wappen der Landstände, der Landeshauptleute, der Lan desvizedome und der Landesverweser; die meisten hat Fromiller selbst gemalt, 1847 und 1881 erfolgten die letztbekannten Ergänzungen. Die beiden Schmalseitenwände enthalten Fresken, die die Zeremonie am Fürstenstein und die Überreichung der Schenkungsurkunde 1518 an die Landstände darstellen. Besonders eindrucksvoll ist das Deckenfresko, das die Erbhuldigung Kaiser Karls VI. vom 22. August 1728 zum Thema hat, die in diesem Saal stattfand. Der Rahmen des Bildes ist stark perspektivisch gemalte Scheinarchitektur, das Bild selbst ein Tafelbild, wie es auch an einer Wand hängen könnte; auch sonst erscheint es aus mancherlei Gründen der barocken Praxis entgegengesetzt.

Der Kleine Wappensaal zeigt an den Wänden die Wappen der Burggrafen, Generaleinnehmer und Verordneten sowie an der Decke eine barocke Allegorie. Im Vorzimmer befanden sich mächtige Fresken von Anton Kolig (1929/30); sie fielen nach 1938 als „entartete Kunst“ der Zerstörung anheim. Der Landtagssitzungssaal endlich ist mit Holz getäfelt und mit einem Fresko Suitbert Lobis- sers (1928) geziert, das den Kärtner Freiheitskampf und die Volksabstimmung darstellt.

Etwa 1740 erfolgte eine weitgehende Neugestaltung der Landhausfassade, die dem einst schmucklosen, mit gotischen Sturzfen-

stern versehenen Bau das heutige Aussehen gab. Der Kunstsachverständige mag sich über die seltsamen architektonischen Verhältnisse, die überall durchschlagende Asymmetrie und manche andere Unregelmäßigkeit wundern, die — ungewollt oder gar beabsichtigt — dem Bau seine Eigenart geben. Ähnliche Unstimmigkeiten im Landhaushof bedingen geradezu den lebendigen Charakter dieses Ortes durchaus südlicher Erscheinung. Leider ist der Brunnen, den Verda geschaffen hatte, 1830 abgebrochen und durch einen anderen ersetzt worden.

Das Landhaus, das heute dem Landtag, dem Landesarchiv und anderen Zweigen der Landesregierung dient, wurde im Vorjahr neu eingedeckt. Seine beiden Türme erhalten soeben an Stelle der grüngestrichenen Metallhelme solche aus echtem Kupfer. Der schöne Park an der Südfront des Hauses, deren nächtliche Beleuchtung und die Heranziehung des stimmungsvollen Hofes zu sommerlichen Serenaden und ähnlichen Veranstaltungen sind Beweise dafür, daß die heutigen Herren des Klagenfurter Landhauses Wert und Bedeutung dieses schönen Bauwerkes zu würdigen wissen.

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