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Denkmäler des Frühchrisienlums inOesierreich

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Das von den Römern von Osten und von Süden her vermittelte frühe Christentum hat in Ufernoricum, Steiermark und Salzburg nur wenige Denkmäler hinterlassen, während südlich des Zentralkammes der Ostalpen deren Zahl erstaunlich groß ist. Im Raum zwischen Porta hungarica und dem Inn beschränken sie sich auf den als Taufkapelle gedeuteten kleinen Anbau im Amphitheater zu Petronell, auf nicht ganz sichere Baureste in Donnerskirchen und Au am Leithaberge, auf einen möglicherweise frühchristlichen mächtigen, tonnengewölbten und auf jeder Seite apsidial abgeschlossenen Raum in der Burg Lockenhaus, auf die Fundamentreste einer kleinen einschiffigen Kirche in Lorch (Lauriacum), in Wels auf die schöne Grabplatte der Ursa und in Salzburg außer einer seit 1856 verschwundenen, von mir demnächst kritisch publizierten Votivbronzeplatte, auf die Spuren einer in der Vita Sancti Severini (cap. 13) erwähnten Kirche und auf die seit jeher bekannten berühmten Felskapellen (Katakomben) im Mönchsberg. In Wien konnte auf Grund eines Grundrisses von Alt- St.-Peter aus dem Jahre 1678 die Existenz einer frühchristlichen Kirche auf dem gleichen Platz hypothetisch festgestellt werden. Die vielen in der Vita Sancti Severini sonst noch genannten Kirchen und Klöster konnten noch nicht gefunden werden, leider, trotz aller unseren Bemühungen, auch jene in Fafianis-Mautern nicht.

Sind in Noricum ripense Bischofssitze (sie gehörten administrativ zu Sirmium) sicher nur in Lauriacum nachweisbar (jene Fafianis und Cetium-St. Pölten sind hypothetisch), so kennen wir aus dem Raum südlich der Tauern Bischofssitze in Aguntum bei Lienz, Teurnia (St. Peter im Holz), Virunum (Zollfeld) und — wenn auch nicht klar — in .Juenna (St.-Hemma- Berg). Namen von Bischöfen erfahren wir aus der Vita Sancti Severini nur aus Teurnia, von der Existenz der übrigen Bischöfe werden wir durch Kompetenzstreitigkeiten und aus den Protokollen verschiedener Synoden und Konzile infonhiert. Hirtsichtlich Gründung, Uin- fang und Organisation der Bischofssitze bleiben die zeitgenössischen Quellen unergiebig. ‘

Künstlerisch gehören die Denkmäler des Frühchristentums in Österreich der Spätantike an, völkerwanderungszeitliche Stilelemente treten erst spät auf. Virunum war zuerst für einige Zeit Sitz eines Prokurators; in der wohlhabenden Stadt entstand schon früh eine christliche Gemeinde und wohl bald auch ein Bischofssitz. Die im Stadtbereich ausgegrabenen beiden Kirchen lassen wegen ihres spätantiken Materials die Annahme zu, daß sie bereits zu Anfang des 4. Jahrhunderts errichtet wurden. Wann Virunum sein Ende fand, verschweigen Berichte und Funde. In den Wirren des 5. und 6. Jahrhunderts scheint die Bevölkerung in dem besser geschützten Karnburg urtd auf dem Ulrichsberg Zuflucht gesucht zu haben.

Wenn die im Klagenfurter Museum aufbewahrte Sarkophagplatte (Inv. Nr. 37) mit der noch ganz klassischen Darstellung des Guten Hirten tatsächlich aus Virunum stammt, so wäre auch aus stilistischen und epigraphischen Gründen das Bestehen einer christlichen Gemeinde bereits für das beginnende 4. Jahrhundert gesichert. Dagegen sind an der Außenseite der Pfarrkirche St. Andrä zu Seltenheim (nördlich von Klagenfurt) zwei Reliefplatten, Reste von Altarschranken; eingemauert, deren reiche und vorgeschrittene Ornamentik ebenso erst dem späten 5. Jahrhundert angehört wie die Form des lateinischen Kreuzes auf einer dieser noch wenig bekannten Platten.

Die Kirche auf dem Ulrichsberg, dieser Stätte großartiger und erfolgreicher Ausgrabungen (siehe Rudolf Egger, Der Ulrichsberg, ein heiliger Berg Kärntens, 1949) kann gleichfalls poch ziemlich früh angesetzt werden, von ihrer Ausstattung haben sich Reste von Mosaiken erhalten.

Gut unterrichtet sind wir dank Rudolf Egger über Teurnia bei Spittal a. d. Drau Auf dem Hügel, auf dem heute der bis in die karolingische Zeit Zurückreichende Ort St. Peter im Holz liegt, und an dessen

Nordfuß dehnte sich jenes Teurnia, dessen Bedeutung sehr groß war, und welches bald nach 591 (letzte Erwähnung der Stadt) durch die Slawen zerstört wurde. Ausgegraben wurde hier die zweiapsi- diale und an kleinasiatische Vörbilder erinnernde Friedhofskirche und bisher noch geringe Teile der Bischofskirche. Der bedeutende und schöne Inhalt der ersteren -—Altarschrankenplatten vom 4. bis zum frühen 6. Jahrhundert und ein prachtvolles, von einem edlen Mann Ursus gestiftetes Mosaik mit vielen bereits unantiken Motiven der Ostgotenzeit — befinden sich in dem sehenswerten Muséum am Fuß des Kirchenhügels. Dieses Mosaik ist ein Denkmal besonderer Art. Ursus, der Stifter, genannt Vir spectabilis, also als ein edler beziehungsweise hochstehender Mann, muß, da das Werk in die ostgotische Zeit fällt, ein hoher ostgotischer Beamter gewesen sein, dessen Titel zeigt, wie unverändert das ostgotische Reich Struktur und Titel der römischen Beamtenhierarchie gelassen hatte. Im Gegensatz zur klassisch-antiken Ornamentik lassen die Felder des Ursus- Mosaiks bereits eine symbolische Deutung zu. Kirchlich gehörte Teurnia gleich Virunum, Juenna und Agunt zum Patriarchat Auquileja, an dessen Nordgrenze es lag. Diese Zugehörigkeit bedingte den Anschluß Kärntens vorerst an das frühchristlich-oberitalienische, später an das friulanisch-langobardische Kunstgebiet und daraus erklären sich auch die von dort beeinflußten Formen der frühchristlichen und völkerwanderungszeitlichen Denkmäler.

Der dritte Kärntner Bischofssitz, das unvergleichlich schön gelegene Juenna (St.-Hemma-Berg), besitzt, gleichfalls durch Rudolf Egger ausgegraben und erforscht, Bischofskirche, Baptisterium und Con- 6ignatorium. Hier fehlen alle quellenmäßigen Erwähnungen, und eine Weiheinschrift auf einer der hier gefundenen sehr schönen und noch stilistisch ganz klassischen Mosaiken ist auch für eine Datierung unverwendbar.

Die weiteren frühchristlichen Kirchen

Kärntens liegen im Bereich jenes Festungsgürtels, den die Römer anlegten, die Ostgoten ausbauten und die Langobarden noch verwendeten. Die Reste dieser Kirchen befinden sich auf dem Hoischhügel bei Arnoldstein, auf dem gleichfalls befestigten Hügel von D u e 1 bei Paternion, auf dem T s c h e 11- schniggkogel bei Warmbad Villach und auf der Kreuzberghöhe nördlich von Weißbriach. Vom Hoischhügel und von Duel haben sich langobar- dische Fibeln des mittleren 7. Jahrhunderts gefunden, also haben Wehrbauten und Kirchen damals noch bestanden. Duel mit seinem Pfarrhof (dem einzigen aus dieser Zeit in Österreich) bietet in seiner Verbindung von Festung mit Kirche ein Vorbild für die mittelalterliche süddeutsche Burg, in der die Kapelle zum Berch- fried in einem ähnlichen Verhältnis steht wie auf Duel die kleine Kirche zur Befestigung.

Die hier erwähnten vier frühchristlichen Kirchen gehören zusammen mit der schönen Und gleichzeitigen Kirche von Juliö Carnicum (Zuglio in der Carnia) einer Denkmälergrüppe än und zeigen das Beibehalten frühchristlicher Bauformen bis in die mittlere Periode der Völkerwanderung.

Uber den Bischofssitz zu Aguntum, nahe der Mündung des Debantbaches, berichtete Venantiüs Fortunatus in dem dichterischen Bericht über seine Reise durch die Alpen im Jahre 560. Die umfangreichen Ausgrabungen begannen zuerst und auf lange hindurch im Tal und förderten unter anderem eine kleine frühchristliche Friedhofskirche zutage. Nach 1945 konzentrierte Franz Miltner-Inns- brUck jedoch seihe mit steigendem Erfolg gekrönten Grabungen auf den seit der Keltenzeit kontinuierlich besiedelfen Kirchen- und Burgenhügel von Lavant und konnte hier eine kleinere Kirche und die Bischofskirche eindeutig feststellen. Diese frühchristliche Bischofsburg Von Lavant gehört nunmehr zu den wichtigsten frühchristlichen Denkmälern der Ostalpen und wird auch durch die baulichen Funde in Südtirol nicht übertroffen. Das „hochragende Agunt", von dem Venan- tius Fortunatus so dichterisch beschwingt spricht, lag also nicht oder nur zum Teil in der Drauebene, sondern ist mit dem Burg- und Kirchenhügel von Lavant, südlich davon, identisch.

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