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Ein literarischer Aufschwung

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Für die rund 5000 Burgenlandkroaten, die in Wien leben, besteht dort der Hrvatsko Gradisöansko Kulturno Drustvo u Becu (Burgen-ländisch-kroatischer Kulturverein in Wien, HGKD). Der dem Hrvatsko kulturno drustvo u Gradisöu zugehörige Kroatische Presseverein (Nachfolger der aufgelösten früheren Kroatischen Verlagsanstalt Gesellschaft m. b. H.) gibt die Wochenzeitung „Hrvatske Novine“ heraus. Neben dieser sehr wichtigen Zeitung, die unter verschiedenen Namen schon seit 1910 erscheint, gibt es als kleineres unabhängiges Wochenblatt noch „Nas Tajednik“, als katholische Blätter (wöchentlich oder unregelmäßig) ferner „Cirkveni Glasnik“, „Nalog“ (Mitteilungsblatt der Katholischen Aktion) und — herausgegeben vom Kulturverband — „Male Cirkvene i skolske novinice“. Bedeutung haben auch die verschiedenen Fachzeitschriften und Hauskalender, vor allem der Kalender „Gradisie“. Die eigene kroatische Literatur, nicht in der — für das Burgenland umstrittenen31 — serbokroatischen Hochsprache, sondern in Burgenlandkroa-tisch, die bis 1938 ziemlich reichhaltig gewesen war, mit dem Dritten Reich aber zurückgedrängt wurde, hat sich zunehmend erholt, wobei vor allem auf die Förderung durch das Ordinariat der Diözese Eisenstadt hinzuweisen ist, das auch ein kroatisches Missale {„Rimski Misal“), noch in Fassung vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil, neu herausgebracht hat. Dessen Wichtigkeit ist kaum zu überschätzen.

Laienspiel- und Volkstanzgruppen sind wieder ins Leben gerufen worden, führen aber mehr ein künstliches Leben (die Tamburizza-Kapel-len von heute bestehen größtenteils gar nicht aus Kroaten!); der Tourismus macht sich hiebei ähnlich geltend wie auch sonst vielfach in Österreich und anderwärts.

Für die kroatischen Volksschulen

— höhere Schulen mit kroatischer Unterrichtssprache oder auch nur Kroatisch als Pflichtfach gibt es nicht

— werden von Bund und Land subventionierte Lehrbücher in kroatischer Sprache im österreichischen Bundesverlag herausgegeben.

Der Bischof der Kroaten

Mit der Schaffung der Diözese Eisenstadt, an deren Spitze zur Zeit in Msgr. Dr. Läszlö ein Bischof steht der sich bei seiner Inthronisation als Kroate bekannte und die legitimen Ansprüche der Kroaten fördert, ist den praktisch zu 100 Prozent katholischen Kroaten des Burgenlandes eine mächtige Stütze entstanden.

Ein Mitglied des Domkapitels gehört der kroatischen Volksgruppe an (dies dürfte institutionell zu werten sein, ähnlich wie der Vertretung der Kärntner Slowenen durch zwei Domkapitulare im Gurker Domkapitel). 1961 zählte man laut Diözesan-schematismus 37.828 Katholiken kroatischer Muttersprache. Das sind rund 10.000 mehr als sich in der Volkszählung in allen Varianten zur kroatischen Umgangssprache bekannten, ein Beweis mehr, wie wenig verläßlich Volkszählungsergebnisse in ethnischen Minderheitengebieten sind. Man wird unbesehen der Zählung im Diözesanschematis-mus eher folgen können als der Volkszählungserhebung, die nach den vorangegangenen Auseinandersetzungen (Siegendorf) keine absolute Verläßlichkeit bietet. (Fragen des Bekenntnisprinzips und des Prinzips der objektiven Merkmale zur Ermittlung der Volkszugehörigkeit spielen hier auch herein.)

In 29 Pfarrgemeinden (mit 19 Filialkirchen) ist Kroatisch Seelsorgesprache, vier Pfarren sind zweisprachig, Kroatisch-Deutsch, in sechs weiteren Pfarren ist die Seelsorge-spräche Deutsch, hiifsweise auch Kroatisch. In den zweisprachigen Pfarren wird die Predigt usw. abwechselnd deutsch und kroatisch gehalten, ähnlich wie zum Beispiel in vergleichbaren Gemeinden des Elsaß deutsch und französisch.

Keine Ambition auf eigene Partei Die Kroaten unternahmen unter Lorenz Karall nur ein einziges Mai, nämlich bei den Landtagswahlen 1922, den Versuch, eine eigene Partei zu bilden, die HrvaUka Stranka („Kroatische Partei“), errangen aber nur 2454 Stimmen, davon 1865 m

Oberpullendorf, und also kein Grundmandat (4 Wahlkreise). Späterhin versuchten sie, ihre Mandatare in den großen Parteien aufstellen zu lassen. Dem Landtag gehören derzeit zwei Ahgeordnete der ÖVP und einer der SPÖ, dem Nationalrat ein solcher der SPÖ an, die ab-stammungsmäßig (Muttersprache) Burgenlandkroaten sind.

Mit den Ostburgenlandkroaten (Ungarn) besteht ««folge des Eisernen Vorhanges kein nennenswerter Kontakt Jedoch kommt das Wochenblatt der OstSjurgenlandkroaten, „Narodne Novine“ (Budapest) ins

Land. Für die Erhaltung des Volkscharakters der Burgenlandkroaten vermag es aber so gut wie nichts zu bieten, zumal es sich als „Organ der jugoslawischen Arbeiter in Ungarn“ (List juznoslovenskih trudbenika u Madarskoj) bezeichnet und damit genügend charakterisiert ist.

Die Burgenlandkroaten sind eine zufriedene und befriedete Volksgruppe, und man würde es wünschen, daß alle nationalen Minderheiten und Sprachgruppen in Europa einen solchen faktischen und rechtlichen Status hätten. Sie haben denn auch wiederholt ihre Treue zu Österreich bekannt, darunter 1925 aus gegebenem Anlaß (Pribicevic-Deklara-tion) auch imburgenländischen Landtag. Dennoch haben sie noch Wünsche offen und verdienten noch einige Maßnahmen fördernder Nationalitätenrechts: kroatische Abteilungen an höheren Schulen; doppelsprachige Ortstafeln der Kroatendörfer; eigene Sendungen im Rundfunk; öffentliche Subventionierung ihrer Kulturinstitutionen; Zulassung des Kroatischen bei Gerichten und Verwaltungsbehörden.

In der nächsten Nummer: Die Kärntner Slowenen

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