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Ein motorisierter Frühling

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Zahlreich waren die „motorisierten Ereignisse“ in den letzten Wochen; jedes einzelne würde eine komplette „Autoseite“ rechtfertigen.

Da war der Durchstich des Felbertauern-tunnels, der eine bedeutende, wintersichere Alpenstraße Österreichs der Verwirklichung um einen entscheidenden Schritt weiterbrachte; es gab einen der Hebung der Verkehrssicherheit dienenden „Fahrerlehrgang“, von Mercedes-Benz arrangiert, der 130 Teilnehmer am Semperit-Reifengelände in Kottingbrunn vereinte und sehr erfolgreich war; ebenfalls der Verkehrssicherheit dient das vom Auto-Touring-Club und vom Kuratorium für Verkehrssicherheit am Flugplatz in Aspern gepachtete Übungsgelände, auf dem Führerscheinanwärter nach Herzenslust üben können, um fernab vom Straßenverkehr mit ihrem Fahrzeug vertraut zu werden; ein „österreichischer Straßentag“ zeigte einen Silberstreif am Himmel des heimischen Straßenbaus; interessante Persönlichkeiten des europäischen Automobilbaus und des Motorwesens besuchten Wien und konnten interviewt werden; und schließlich wurden zahlreiche neue Fahrzeugtypen in Wien präsentiert. Aus Platzgründen müssen wir uns darauf beschränken, das Hauptgewicht unseres Referates auf die Neuerscheinungen zu legen und diese Fahrzeuge kurz zu beschreiben, um so mehr, als wir meist auch Gelegenheit hatten, die neuen Modelle praktisch zu erproben.

Zuerst stellte sich am Wiener Kobenzl die Chrysler-Turbine erstmalig hier vor. Seit ungefähr einem Jahrzehnt arbeitet der drittgrößte amerikanische Autokonzern am Turbinenantrieb für Autos. Andere sind auch mit der Turbine beschäftigt, die Erfolge von Rover in Le Mans haben aufhorchen lassen, Renault, Fiat, Daimler-Benz und andere experimentieren ebenfalls mit diesem Antrieb, aber nur Chrysler hat es bisher zur Serienreife gebracht. Zwar kann man noch nicht bei Tarbuk, dem Generalvertreter, einen Turbinenwagen bestellen, aber der Zeitpunkt rückt näher, weil bereits in den USA eine Serie von 50 Wagen fertiggestellt und ausgewählten Kunden zur praktischen Erprobung übergeben wurde. Vor etwas mehr als zwei Jahren konnte ein Chrysler-Turbinenauto „ dgn. Jtordameraianische „Kontinentvoa>Maw York nach Los Angeles durchqueren. Wir waren damals zufälligerweise in den Staaten und können nur sagen, daß das ECho nicht überwältigend war. Noch hafteten dem Wagen Unzulänglichkeiten an, die alle den sonstigen großen Vorteilen (geringe Reparaturanfälligkeit, vibrationsfreier Lauf, einfacher

Kundendienst, Betrieb mit billigstem Treibstoff) gegenüberstanden.

Aber nun scheint es so weit zu sein, daß man diesen Straßenkreuzer mit dem neuen Antrieb so wie jeden anderen Wagen dieser Art fahren kann, wovon wir uns persönlich überzeugen konnten. Es wird aber gewiß noch Jahre dauern, bis man Turbinenfahrzeuge wird käuflich erwerben können.

Ferner wurde der Presse der Ford Mustang im neuen Wiener Hotel „Vienna Interconti-nental“ vorgestellt. Hier wurde ein Prototyp Wirklichkeit. Es ist die dritte Ausgabe des

Mustang, der außerdem Zeitungsleuten für eine kurze Probefahrt in Kottingbrunn zur Verfügung gestellt wurde. Auf Grund von Marktforschungen wurde festgestellt, daß für einen Wagen wie den Mustang echtes Interesse besteht. Da die Produktion jetzt erst anläuft, wird das Fahrzeug außerhalb der USA wohl erst 1965 verkauft werden können. Der Preis wird vermutlich um 100.000 Schilling sein, wodurch allein schon der Wagen attraktiv ist. Es stehen beim Mustang vier Varianten zur Verfügung, Sechs- und Achtzylindermotoren mit einem, zwei oder vier Vergasern, verschiedenen Kompressionsdruk-ken zwischen 8,7 und 10,5:1, ferner Drei- oder Vierganggetriebe und sogar eine Version mit Automatik. Allein aus diesem letzten Umstand geht hervor, daß dieser Wagen nicht nur für den sportlichen Fahrer, sondern auch für jene geeignet ist, die im Straßenverkehr gut vorwärtskommen wollen. Das Fahrzeug soll übrigens sehr wirtschaftlich sein.

Dipl.-Ing. Rabus, Vorstandsmitglied der Steyr-Daimler-Puch-AG, und Direktor Pulz begrüßten auf den Hängen des Wiener Kahlenberges Motor Journalisten aus allen Bundesländern, um sie mit dem 1500 S, dem 1600 S und demStar dieser sportlichen Reihe, dem 2300 S, bekannt zu machen und ihnen Gelegenheit zu kurzen Probefahrten zu geben. Früher wurden aus Renn- und Sportwagen Tourenfahrzeuge entwickelt. Heute ist es umgekehrt: Man nimmt normale Tourenwagen, ändert oder verdoppelt am Motor zum Beispiel die Nockenwelle, legt die Federung

Der NSU-Prlnz 1000

straffer, das heißt sportlicher aus, um nur einige der fabriksmäßigen „Frisuren“ zu nennen, dann wird ein Karosseriekünstler bemüht, ein schnittiges Cabrio oder Coupe zu entwerfen, und der Tourensportwagen steht da.

Diesen Weg ist auch Steyr-Fiat gegangen. Wie gesund müssen doch die normalen Motoren sein, wenn man sie so hochzüchten kann. Das Cabriolet 1500 S hat das gleiche Triebwerk wie die Steyr-Fiat Limousine 1500, allerdings mit einer etwas höheren Leistung von 70 DIN-PS, wobei eine geänderte Nocken-

welle dafür sorgt, daß die Elastizität des Motors “noch gesteigert wurde: Beim Steyr-Fiat 1600 S hat der stärkere Motor, ein Reihen-Vierzylinder mit zwei obenliegenden Nockenwellen, eine Leistung von 90 DIN-PS. An der Karosserie fällt ein einziger Unterschied zum Modell 1500 S auf: vier Scheinwerfer statt zwei. Das Spitzenmodell von Steyr-Fiat, ein Tourenwagen für besonders anspruchsvolle Fahrer, ist das Steyr-Fiat-2300-S-Coupe. Der Motor wurde aus dem Triebwerk der Steyr-Fiat-2300-S-Limousine entwickelt. Auch das Fahrwerk ist mit dem des Steyr-Fiat 2300 fast identisch, allerdings wurde es auf die besonderen Gegebenheiten des Coupes entsprechend abgestimmt. Besondere Sorgfalt wurde den Bremsen gewidmet: Scheibenbremsen an allen vier Rädern. Wie bei allen Sechszylindermodellen ist die Anlage nach dem Zweikreissystem ausgebildet. Rassig und elegant die Linienführung der Karosserie, die von Ghia entworfen wurde.

Interessant war die Begegnung mit Ingenieur Rudi Hruschka, dem Chefkonstrukteur von Simca. Bekanntlich arbeiten in der Auto-branche Deutschlands und Italiens eine Reihe bekannter Österreicher: Bei der Daimler-Benz-AG. sind Karosseriechef Karl Wilfert und Ing. Bela Barenyi in der Entwicklungsabteilung geborene Wiener; Carlo Abarth, ebenfalls Österreicher, ist nicht nur in seiner Wahlheimat Italien bekannt; und nun kam ein weiterer bedeutender Mann der Auto-branche in seine Heimat: Hruschka ist jetzt für die Simca-Konstruktion verantwortlich. Einige Motorjournalisten konnten mit dem Konstrukteur verschiedene Fragen über den Simca 1500 und 1000, aber auch allgemeine Probleme diskutieren. Warum zum Beispiel Girling-Scheibenbremsen bei diesem Wagen benützt werden: sie seien bei gleicher Qualität die preisgünstigsten. Ob es eine Tl-Ver-sion von Simca in absehbarer Zeit geben werde: das sei durchaus möglich, das Fahrgestell der Wagen sei gut für 180 Kilometer pro Stunde, aber vorläufig werde nicht daran gedacht, ebenso wie etwa eine Hubraumvergrößerung auf 1800 ccm, wie bei anderen Marken üblich, unwahrscheinlich sei. Momentan stehe die Produktion des 1300/1500 auf 600 Stück pro Tag, beim 1000er ist der Tagesausstoß 800 Stück, doch seien Erhöhungen geplant. Der Automatik sagte Hruschka auch

bei uns in Europa eine gewisse Zukunft voraus. Eine Gefahr für die Verkehrssicherheit in der Verlängerung der Kundendienstintervalle sieht der bekannte Fachmann nicht. In wirtschaftlicher Hinsicht verwies der Gast darauf, daß auch Großkonzerne immer mehr trachten, ein möglichst breit angelegtes Erzeugungsprogramm Zu entwickeln, um allen Kundenwünschen entgegenzukommen.

Ferner ist von einer neuen Generalrepräsentanz in Österreich zu berichten: F. X. Macho hat die Vertretung von Rolls-Royce und Bentley übernommen. Fünf Fahrzeuge dieser Marken standen in Wiener Neustadt, resp. auf der Neunkirchner Allee, für

Kurzteste zur Verfügung. Rolls-Royce und Bentley sind Zwillingsbrüder, sie unterscheiden sich nur durch den Kühlergrill.

Auch eine weiteue englische Marke, Rover, ist in neue Hände übergegangen. Im Wiener Kursalon stellte der, neue Generalvertreter der Rover Company; Limited, Kom.-Rat Carl Jeschek, und der Generaldirektor des Stammhauses, W. Martin-Hurst,. den neuen Rover 2000 einschließlich des . sonstigen Lieferpro-grammes (Land-Rover und 3-Liter-Limou-sine und Coupe) vos. Auch zwei historische Fahrzeuge aus den Jahren 1906 und 1931 wurden gezeigt. Der 90 DIN-PS leistende 2000er ist nach den neuesten • Erkenntnissen der Forschung hinsichtlich „Sicherheit durch Konstruktion“ gebaut,— stabiler Mittelteil, verformbare Front- und Heekpartien, Windschutz- und Heckenscheiben fallen bei hefti-

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