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Ein neuer Stadtteil für Kagran, „Klein-Manhatten" an der Donau

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Ein neues Wahrzeichen von Wien sollen sie werden: Die Zwillingstürme des österreichischen Architekten Gustav Peichl und des Japaners Arata Isozaki. Das Bund des einen schraubt sich 120 Meter in die Höhe, der andere steht wie ein Buch daneben, scheinbar nur durch feine Verstrebungen gestützt. Die beiden Türme sollen dereinst einen neuen Wiener Stadtteil überragen: die Donau-City, die zu einem zweiten Zentrum der Stadt werden soll.

Das Viertel soll auf jenem Gelände errichtet werden, das für die von der Wiener Bevölkerung im Jahre 1991 in einer Volksabstimmung abgelehnte Weltausstellung vorgesehen war. Das 17 Hektar große Gelände neben der UNO-City ist ein hervorragender Standort für ein derartiges Vorhaben: Es liegt an der Donauuferautobahn und hat direkten Anschluß an die U-Bahn. Auch die Donauinsel, das praktisch mitten in Wien gelegene Freizeitgebiet der Bevölkerung, liegt gleich nebenan.

Die Donau-City entsteht nach dem Masterplan der Wiener Architekten Adolf Krischanitz und Heinz Neumann. Die beiden haben aber nicht nur den Verlauf von Straßen und die Lage von Gebäuden und Plätzen auf horizontaler Ebene festgelegt. Da seinerzeit eine auf dem Gelände befindliche Mülldeponie beseitigt wurde, präsentiert sich der Bauplatz als riesige Grube. In Anbetracht dessen haben Krischanitz und Neumann mehrere Ebenen geplant, zwischen denen Fußgänger über Stiegen Boll-treppen, Lifte und Stiege wechseln können; der Autoverkehr wird sich unterirdisch abspielen. An der Überdachung der Autobahn und der UNO-City-Umfahrungsstraße wird derzeit noch gearbeitet.

In einer ersten Bauphase sollen ein Besidenzviertel mit 1.500 Wohnungen, eine Volksschule, ein Luxushotel und der Saturn-Tower, ein 100 Meter hoher Turm, der 350 bis 400 Appart-ments für Geschäftsreisende, Kongreßmanager und Mitarbeiter der Vereinten Nationen beherbergen soll, entstehen. Mit dem Bau des Andro-meda-Tower, eines 90 Meter hohen Bürogebäudes, wurde im Dezember des Vorjahres begonnen.

Laut dem Plan der Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum (WED), die mit dem Bau der Donau-City beauftragt ist, sollen in einer zweiten und dritten Bauphase der Neubau der Wirtschaftsuniversität Wien, das Vienna Guggenheim-Museum und die eindrucksvollen Zwillingstürme von Peichl und Isozaki entstehen. Die WED ist eine private

Gesellschaft, deren Haupteigentümer die Bank Austria, die CA und das japanische Wertpapierhaus Nomura sind.

Doch das Mammutprojekt läuft nicht reibungslos an: Noch im Oktober des Vorjahres hatten die Wiener Grünen die WED am Bande des Bankrotts gewähnt. Die WED schulde der Stadt Wien über 800 Millionen Schilling, hieß es. Nur damit die Gesellschaft nicht vor den kommenden Gemeinderatswahlen, in Konkurs gehe, fordere die Gemeinde die Schulden nicht ein, behaupteten die Grünen und forderten die Entlassung des WED-Managements.

Für Peter Pilz, den Klubobmann der Wiener Grünen, ist die Führung der WED „hilflos, ratlos und konzeptlos". Dem Management sei es nicht gelungen, Investoren aufzutreibe. Den Bau des Andromeda-Tower bezeichnet Pilz als „Flucht nach vorne": „Wir bauen, ohne Mieter zu haben, nur damit irgend etwas dasteht", laute das Motto der WED und deren Eigentümern. Da die WED „von vornherein chancenlos" gewesen sei, richtet Pilz den Hauptvorwurf gegen die Eigentümer und die zuständigen Politiker. Ihnen gehe „Phantasie und kreative Intelligenz ab".

Hannes Swoboda, Planungsstadtrat von Wien, erklärt, daß vergleichbare Projekte überall in Europa Schwierigkeiten hätten. Er zeigt sich jedoch optimistisch, daß die Donau-City in einem Zeitraum von zehn bis 15 Jahren Wirklichkeit werden könnte. Jedoch auch der sozialdemokratische Stadtrat vermißt „Drive und Klan" bei der WED und deren Eigentümern.

Wolfgang Markowitsch, Direktor der WED, wehrt sich: Der Baubeginn des Androme-da-Turmes belege glaubhaft, daß die WED nicht pleite sei. Auch für den Saturn-Tower gebe es schon einen Investor: Einen großen deutschen Baukonzern, dessen Namen Markowitsch allerdings nicht nennen will. Jedenfalls sei ein Optionsvertrag unterzeichnet, der dem Investor das Grundstück zusichere, sobald dieser die Finanzierung gesichert habe.

Den Sinn der Urbanen Donau-City mit ihren Hochhäusern bezweifelt jedoch nicht einmal Peter Pilz. „Grün sein in Wien heißt ja nicht, daß die Stadt durch geschickte Be-pflanzung in einen Fortsatz des Wienerwaldes verwandelt werden soll", sagt er. Auch Pilz hält bauliche Dichte und Urbanen, städtischen Charakter für eine Großstadt wie Wien notwendig.

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