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Eine Wüste wird industrialisiert

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Von den etwas mehr als 20.000 Quadratkilometern der Staatsfläche Israels gehört rund die Hälfte der trockenen, zum Teil beinahe tropischen Zone an. Diese südliche Hälfte, der Negev; zum kleinen Teil Steppe, hauptsächlich aber Steinwüste, ist nur in geringem Maß — man rechnet mit fünf bis acht Prozent — für die Landwirtschaft eroberbar. Da aber die Wirtschaft Israels natürlich nicht auf die Hälfte des Landes verzichten kann und die produktiv-konstruktive Verteilung der Einwanderermassen über das gesamte Staatsgebiet eine Frage von Sein oder Nichtsein für Israel darstellt, muß auch aus der Wüste das Maximum des Erreichbaren herausgezogen werden. Somit ist es fast selbstverständlich, daß sich — wenn man von kleinen Eisertfünden in Galiläa absieht — die gesamte Minenindustrie Israels im Negev konzentriert.

In erster Linie ist es der östliche Anrainer der Wüste, das Tote Meer, dessen westlicher Teil innerhalb des Staatsgebietes liegt, das als Rohstofflieferant in Frage kommt. Hier wird vor allem Pottasche gewonnen — (wodurch Israel zu einem der wenigen Länder der Welt wird, das sämtliche Stoffe zur Herstellung künstlichen Düngers selbst fördert) —, und zwar mit einer Investition von 60 Millionen Pfund, wodurch die jährliche Produktionsmenge von 180.000 Tonnen mählich auf 600.000 erhöht werden soll. Da die Pottaschereserve des Toten Meeres auf 2000 Millionen Tonnen geschätzt wird, ist natürlich mit weiteren Erhöhungen zu rechnen, wie auch dieses größte Bromreservoir der Welt die augenblickliche jährliche Förderungsmenge von 5000 Tonnen im nächsten Jahr verdoppeln wird. Darüber hinausgehend produziert dieser tiefste Punkt der Erde — minus 392 m — Magnesit (man rechnet etwa 75.000 Tonnen für 1961) und in naher Zukunft schon 20.000

Tonnen Speisesalz, wovon zwei Drittel zum Export nach Afrika kommen, eine Menge, die mit dem Einströmen von neuem amerikanischen und englischen Kapital auf 80.000 Tonnen erhöht wird.

Das zweitgrößte Werk des Negev liegt tief unten im Süden, unfern dem Roten-Meer-Hafen Eylath, in einem Seitental der Aravah-Wüste: Thimna, die alten Kupferminen des Königs Salomo und der der Römer. Vor einigen Jahren nach rund 2000jähriger Pause — mit deutschen Maschinen — wieder in Betrieb genommen, beginnt man nun bereits vom Tagbau zur Stollenförderung der auf 20 Millionen Tonnen geschätzten Reserven überzugehen. Während des ersten Halbjahres 1960 wurden 2450 Tonnen hundertprozentigen' Kupfers im Wert von 1,5 Millionen Dollar exportiert. Mit einer Kapitalvergrößerung auf 26 Millionen Pfund — 2,5 Millionen davon als Arbeitskapital — soll eine Förderungserhöhung auf 12.000 Tonnen elektrolytischen Kupfers und 6000 Tonnen Kupfersulfat jährlich erzielt werden.

Einen dritten, bereits sehr positiven Einnahmeposten bilden die Phosphatwerke im Zentralnegev, wo im Tagbau Gestein mit einem Phosphorgehalt von 29,5 Prozent in einer Jahres-menge von rund 250.000 Tonnen gefördert wird, wovon etwa die Hälfte zum Export kommt. Eine neu zu errichtende Anlage, welche auf Grund eines israelischen, in Japan bereits in Verwendung stehenden Patents täglich fünf Tonnen 80prozentiger Phosphorsäure erzeugt, ist von besonderer Wichtigkeit, während (mit einem Kapital von 6,5 Millionen Pfund errichtet) eine Fabrik das Rohprodukt auf 38 Prozent aufreichert, wodurch die Konkurrenz mit den marokkanischen Gruben ermöglicht wird, die 33- bis 34prozentiges Gestein fördern.

In geringerem Umfang liefert die Wüste auch erstklassigen Glassand — 20.000 Tonnen — und ebensoviel Keramiktonerde, wovon zwei Drittel zum Export kommen.

Die große Frage aber, ob Israel im vorderasiatischen Petroleumgürtel eingeschlossen ist, ist noch nicht beantwortet. Wenn auch zwischen 1955 und 1959 etwa 50 Millionen Pfund inländischen und ausländischen Kapitals in der Petroleumsuche investiert wurden, kann noch nicht mehr gesagt werden, als daß es zweifellos im israelischen Raum Erdöl gibt, aber in noch nicht bestimmbarer Menge. Heute werden 2500 Faß pro Tag gefördert, was zehn Prozent des Landesbedarfs deckt. Dazu kommt eine auf 10 bis 15 Billionen Kubikmeter geschätzte Menge von Erdölgas — tägliche Förderung heute 2 bis 2,5 Millionen Kubikmeter — welches 98 Prozent Methan enthält, also zur Herstellung von Petrolchemikalien entweder allein oder zusammen mit Rohöl verwendbar ist. Allenfalls legt man bereits eine Gasleitung zu den Pottaschewerken am Toten Meer.

Der Zentralknotenpunkt sozusagen für beinahe die ganze Mineralförderung Israels liegt in der Haifabucht im Norden. Akko wird zur „Stahlstadt“ ausgebaut, und am anderen Ende der Bucht liegen die gewaltigen, von der Iraq Petrol Company übernommenen und wieder in Betrieb gesetzten Erdölraffinerien und die Werke der „Fertilizers & Chemikal Ltd“, die größten ihrer Art im Vorderen Orient, welche die technischen und technologischen Voraussetzungen für die Eroberung der Wüste Israels darstellen.

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