6571465-1950_22_05.jpg
Digital In Arbeit

Entwurf für ein „Haus der Musikolympiade“ in Salzburg

Werbung
Werbung
Werbung

Der zweifellos interessante Gedanke, in Salzburg internationale „Musikolympiaden“ größten Stils zu veranstalten, hat in der Öffentlichkeit bereits viel Aufsehen und in Anbetracht gewisser ärgerlicher Begleiterscheinungen auch einige Mißstimmung verursacht. Eingehende Beschäftigung mit diesem Projekt, dessen Folgen — ob gute oder schlechte — auf alle Fälle für das österreichische Kulturleben von besonderer Bedeutung sein werden, scheint deshalb dringend geboten. Im Nachfolgenden unterrichtet die „Furche“ ihre Leser über das Vorprojekt, das Professor Clemens Holzmeister für den Bau eines „Hauses der Musikolympiade“ geschaffen hat und das ob seiner künstlerischen Kühnheit sehr bald im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen dürfte. Wir erhalten aus Ankara von Professor Holzmeister die Anschrift mit mehreren Aufnahmen zur Erstveröffentlichung, die damit der allgemeinen Erörterung die notwendigen Unterlagen bietet. „Die österreichische Furche“

Professor Holzmeister schlägt für ein .Haus der Musikolympiade in Salzburg“ aus formalen, technischen und aus Gründen der Raumersparnis einen kreisförmigen Baukomplex auf der Höhe des Mönchsberges vor, der mit einem Gesamtdurchmesser von 105 Meter das Aufführungshaus mit einer Großbühne und einem Zuschauerraum für 3000 Personen, eine „Ehrenhalle der Nationen“ samt einem Festsaal, ferner ein Verwaltungsgebäude mit Ateliers und Künstlerräumen, eine Festterrasse und schließlich noch ein Restaurant in sich begreifen würde. Der Zuschauerraum könnte im Bedarfsfalle ohne weiteres verkleinert werden; er hat — nach dem Vorprojekt — ungefähr 800 Sitze im Parkett, eine Logenreihe und zwei Sitzränge; sämtliche Sitze sind so angeordnet, daß der Blick geradeaus ins Zentrum der Bühne geführt wird — einer Bühne, die ihrerseits weit in den Zuschauerraum vorgreift und von ihm nur durch Beleuchtung und Farbgebung unterschieden wird. (Die

„Raumbühne“ war seit jeher Professor Holzmeisters Lieblingsgedanke.) Da das Haus sowohl Orchesterkonzerten als auch großen Opernaufführungen dienen soll, verlangt es eine den besonderen Umständen angemessene Anlage von Orchester, Vorbühne und Bühne; die Lösung der Schwierigkeiten sieht der Projektant in einer Kombination von versenkbaren Orchesterpodien, einer zentralen Dreh- und einer Ringbühne, die ganze Chöre aus dem Bühnenraum in den Vordergrund führen könnte. Die Rückwand der Bühne öffnet sich übrigens mit einer 40 Meter breiten und 14 Meter hohen Glaswand gegen die Festung Hohensalzburg — unter Umständen kann deren Silhouette somit als ein natürlicher, von jedem Sitz aus sichtbarer Hintergrund des Bühnengeschehens „verwendet“ werden: ein barocker, aber ansprechender Gedanke. Vor dieser Glaswand und von ihr durch eine mächtige Freitreppe getrennt, liegt eine Festterrasse über einem gegen die Stadt zu steil abfallenden Hang; auf ihr sollen Siegerehrungen und andere Feierlichkeiten stattfinden und ein Mozart-Gedenkstein zu stehen kommen. Eine in den Mönchsberg gegrabene Mozart-Krypta würde durch Treppen am Rande der Terrasse zu erreichen sein. Mehrgeschossige Estraden begrenzen an beiden Schmalseiten die Terrasse, die teils zu den Verwaltungsräumen, teils zu den Anlagen des Restaurants gehören — eines Riesenrestaurants nebstbei, das in mehreren Stockwerken Spezialküchen, Tanzparketts, Trinkerstuben und selbst noch eine Varietebühne enthalten soll.

Das Projekt Professor Holzmeisters sieht drei Haupteingänge vor, deren wichtigster eine gedeckte Auffahrt für Kraftwagen besitzt; von ihm aus wird auch die „Ehrenhalle der Nationen“ und der Festsaal zu erreichen sein. Der Besucher kann zu Fuß, im Wagen oder durch neu anzulegende Aufzüge — deren Bau durch die bereits bestehenden Luftschutzstollen erleichert würde — in das Aufführungshaus gelangen. Sämtliche Eingänge führen in ein großes Vestibül mit bequemen Kassen und Garderoben.

All diese umfangreichen Bauteile sollen sich nach dem Willen Professor Holzmeisters in einem kolossalen zylindrischen Baublock fügen, dessen Gesimshöhe eine Höhe von etwa 18 Meter aufweist — die Gesamthöhe wird allerdings beträchtlich mehr betragen — und der durch die sichtbar gemachte Tragkonstruktion des Hauptbaues etwas aufgelockert werden dürfte. Im ganzen wird das Gebäude ruhige Umrisse aufweisen — es soll nach den Worten des Planverfassers „zu einer symbolhaften Krone, einer Stadtkrone, werden, deren Rundung aus der Rundung des Möchsberges aufsteigt“.

Soweit in kurzen Zügen das Vorprojekt für das „Haus der Musikolympiade“. Es ist kühn, neuartig und folgerichtig. Selbstverständlich ist es die von Professor Holzmeister vorgeschlagene Lage des Gebäudes auf dem Mönchsberg, knapp oberhalb des Festspielhauses, welche die besondere Beachtung der Öffentlichkeit auf sich ziehen wird; denn sie bringt es mit sich, daß die Festung Hohensalzburg — sollte das Musikhaus wirklich errichtet werden — ihre bisher unbestrittene Stellung als architektonische Dominante des Stadtbildes konkurrenziert sehen würde. Nicht ein, sondern zwei massige Baukörper würden sich also künftighin hoch über dem Häusergewirr der Salzachstadt erheben; die Vorstellung, die man von Salzburg hat, erführe damit eine grundlegende Veränderung. Daß dies Professor Holzmeister als ein Baukünstler, dessen Werken Pathos nicht fremd.ist, wohl bedacht und die künstlerischen Spannungen, die sich aus der Polarität von Musikhaus und Festung ergeben müßten, in seih Vorhaben einkalkuliert hat, steht, ayßer Frage. Dennoch werden sich über diesen Punkt noch manche Diskussionen entspinnen — zu wünschen ist nur, daß sie in sachlicher und gründlicher Weise geführt werden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung