6709481-1964_13_26.jpg
Digital In Arbeit

Gerettetes — Bedrohtes

Werbung
Werbung
Werbung

Schilling veranschlagt wurde. Dabei besitzen wir allein im Land Niederösterreich mehr als 800 Schlösser — Ruinen nicht gerechnet —, von welchen bereits 300 im Verfall begriffen sind. Besonders akut ist derzeit die Erhaltung der vielen, überaus male-Hsch auf Berghöhen über 1000 Meter gelegenen Filialkirchen Kärntens, die vor allem noch aus der Zeit der Romanik oder Gotik stammen und deren Zahl auf 700 geschätzt wird. Da ihrer ungünstigen Lage wegen nur noch selten Gottesdienste gehalten werden, sind sie bereits dem Verfall preisgegeben. Ähnlich verhält es sich mit vielen unserer Stifte und Klöster — fast alle Objekte von unschätzbarem baukünst-

lerischem Wert —, die oft nur noch als Pfarrkirchen Verwendung finden, aber von den kleinen Pfarrgemeinden unmöglich erhalten werden können. Noch schlechter bestellt ist es um die Kartausen, über deren neuen Verwendungszweck noch keine brauchbare Lösung gefunden werden konnte. Den vielen noch erhaltenen alten Bürgerhäusern und Palästen droht, wenn nicht ein gänzlicher Abbruch aus verschiedensten, leicht zu konstruierenden Gründen, so zumindest der Umbau zu Glaspalästen oder eine grausame Veränderung durch Aufstockung. Fast alle denkmalgeschützten Bauten sind durch den, in unserem Gesetz fehlenden Schutz der Umgebung mehr oder weniger gefährdet Sanierungen ganzer Stadtteile sind in Österreich noch nie diirchgeführt worden, obwohl sie vielerorts bereits dringend notwendig wären, vor allem in Wien und Salzburg. (In der Altstadt Salzburgs, in der Getreidegasse, sollen demnächst einige alte Bürgerhäuser abgerissen und an ihrer Stelle moderne Kaufhäuser errichtet werden ) Die letzten noch erhaltenen Stadtbefestigungen und Mauern sowie besonders charakteristische alte Ortsbilder werden immer mehr vom ständig wachsenden Verkehr bedroht. Ein markantes Beispiel dafür ist Hallstatt, dessen Bestehen allerdings bereits gesichert scheint.

Dank der unermüdlichen, stets aufopfernden Arbeit und Wachsamkeit unseres Bundesdenkmalamtes konnte bisher oft noch das Böseste verhindert und trotz der bescheidenen Mittel vieles gerettet werden. Fast alle Kriegsschäden an den bedeutendsten und bekanntesten Baudenkmälern wurden bereits zur Gänze behoben. Eine Anzahl wertvoller Fresken (Lambach, Frankenmarkt), Altäre (Gurk), Skulpturen und Gemälde wurden vorzüglich restauriert. Oft gelang es auch, Hilfe und finanzielle Mittel von kirchlichen Stellen, den Landesregierungen oder Privatunternehmern zu erhalten. In letzter Zeit zeigen sich auch einzelne Gemeinden an der Erhaltung ihrer Kulturdenkmäler sehr interessiert: sie greifen nicht selten in die eigene Tasche, wenn es um die Erhaltung und Pflege von Kunstwerken geht (Krems. Innsbruck, Lunz am See, Gmunden, Steyr, Guntramsdorf usw.). Genau zehn Jahre nach der Veröffentlichung eines Aufrufes für die Rettung der Residenz der Fürstbischöfe von Gurk, Schloß Straßburg in Kärnten („Die Furche“ vom 17. Jänner 1953), konnte übrigens festgestellt werden, daß dort inzwischen vieles zur Rettung dieses herrlichen Bauwerkes geleistet wurde. Kosten für die Wiederinstandsetzung des Renaissanceschlosses werden zu 90 Prozent vom Bistum. Gurk getragen, in den nicht unbeträchtlichen Rest teilen sich der „Verein der Freunde der Straßburg“. das Handelsund das Unterrichtsministerium.

Doch es vergeht kein Tag ohne neue Hiobsbotschaften, die eine sofortige Intervention und Hilfe erfordern.

Die drohende Sprengung des klassizistischen Schlosses Neu-Hohen-wang, dessen Besitzer, ein Bankhaus, keinerlei Interesse an der Erhaltung hat, scheint kaum mehr zu verhindern.

Wenn man bedenkt, daß es hier um das Wertvollste geht, das unser Volk besitzt, um das, was den vielgepriesenen, einmaligen Gesamtcharakter unserer Heimat ausmacht, um das, was uns Österreicher stets mit Stolz erfüllt; das schließlich auch fremdenverkehrsmäßig zu immer größerer Bedeutung erwächst, dann dürfen und können wir nicht m.ehr zulassen, daß auch nur noch ein einziges unserer Schlösser, Burgen, Paläste, Dome, Klöster, Kirchen. Bildsäulen, Bürgerhäuser, Berghöfe, Speicher, Mühlen, alte Glasfenster. Fresken und Einrichtungen vernichtet oder auch nur beschädigt werden. Um dieser so wichtigen und überaus aktuellen Aufgabe gewachsen zu sein, müßten endlich größere Geldmittel für den Denkmalschutz herbeigeschafft und auch der Denkmalschutz noch viel intensiver gefördert werden als bisher.

Zwar besitzen wir ein Gesetz zur Rettung der Denkmaler, doch die finanziellen Mittel hierfür sind mehr als bescheiden. In unserem Staatshaushalt betrug der Posten „Förderung der Denkmalpflege“ laut Bundesvoranschlag bis zum Jahr 1962 jeweils etwa 5,7 Millionen Schilling und nachher 8,3 Millionen Schilling; dazu kamen noch jährlich 1 bis 1,5 Millionen Schilling für die Erhaltung der im Eigentum des Bundes stehenden Kunstwerke.

Allein die Restaurierungskosten eines einzigen Bauwerkes belaufen .sich aber oft auf mehrere Millionen Schilling. Als Beispiel diene hier Schloß Niederweiden, dessen Instandsetzung auf 12 bis 15 Millionen

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung