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Imageträgerfür Unternehmen

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Corporate Identity vermitteln immer mehr Unternehmen auch durch die Gestaltung ihrer Werks- und Industriebauten.

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Corporate Identity vermitteln immer mehr Unternehmen auch durch die Gestaltung ihrer Werks- und Industriebauten.

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Industriebau war schon immer ein Stiefkind der Architekten: Aus purer Notwendigkeit entstanden, hatte er meist nur Hülle und Regenschutz für die Maschinen und Anlagen in seinem Inneren zu sein. In Großbritannien, Frankreich oder Deutschland begann man Gebäude schon vor zehn Jahren als Bestandteil der Unternehmenskultur zu betrachten. Protzige Fassaden von Bankhäusern beweisen dies. Mittlerweile hat sich diese Tendenz auch auf die Produktionsstätten der Unternehmen ausgedehnt. In Osterreich setzte dieser Trend etwas verspätet ein. Zuerst etwa in Vorarlberg, wo junge Architekten immer schon als Trendsetter innovativ tätig waren und als erste den Industriebau zu einem Thema machten. Oder in der Mur/Mürz-Furche in der Steiermark, wo es noch viele Bauten aus der „ersten Generation des Industriebaus”, den zwanziger Jahren, gibt

Für den Denkmalschutz noch zu jung, für eine sinnvolle Weiternutzung so nicht mehr brauchbar, werden sie zur Aufgabe für Architekten. Die Werkshallen der Firma Steyr am Werksgelände in Steyr ”waren so ein Fall. Am Beginn dieses Jahrhunderts vom Mainzer Architekten Mans errichtet, wurden sie heutigen Anforderungen angepaßt. Der mit der Adaptierung und Neunutzung der alten Anlagen betraute Diplomingenieur Walter Gasperl von der Werksbetreuung konnte für seinen Lösungsansatz sogar den Staatspreis für Gewerbe- und Industriebauten einheimsen.

Die schmale Gratwanderung zwischen Denkmalschutz und Abriß endet für durchschnittliche Bauten aus den zwanziger Jahren also meist im Umbau. „Eine gute Lösung”, meint Bernhard Holletschek vom Institut für Industriebau an der TU Wien. „Denkmalgeschützte Gebäude sollten nämlich im Optimalfall ihrer ursprünglichen Verwendung gemäß genutzt werden, was bei veralteten Industrieanlagen einfach unrentabel und unmöglich ist. Andererseits kann nicht jeder schöne Bau in ein Industriemuseum umgewidmet werden, dessen Erhaltung wieder den Staat teuer zu stehen kommt.

Keine hässlichen Schachteln

Industriestandorte erhalten heute allerdings immer mehr Publizität. Sie dienen dazu, das Unternehmensbild abzurunden und beinhalten viel Entwicklungsarbeit, sowie hochwertige technische Produkte. Trotzdem ist der erste Eindruck eines durchschnittlichen Industriestandortes immer noch meist der eines dritt-klassigen, alten, abgewohnten Bürokastens über schäbigen Lagerhallen. Dabei geht es nicht nur um Behüb-schung, sondern die Identität eines

Unternehmens wird aufgewertet und derer, die darin arbeiten.”

Daß immer noch viel zur Imagepflege für den Industriebau geleistet werden muß, sieht jeder, der die entsprechenden Gebiete in und um Wien kennt: an der Brünnerstraße, in Schwechat, in Heiligenstadt. Auch in den meisten anderen Industrieregionen Österreichs zeigt sich dasselbe Bild einer lieblosen Aneinanderreihung mehr oder weniger häßlicher „Schachteln”. Doch Ausnahmen bestätigen die Rege?, und besonders in Vorarlberg hat sich auch eine andere Auffassung des Industriebaus entwickelt: Sie gelten als Imageträger für ihre Unternehmen, besonders dann, wenn sie an exponierten Standorten stehen. Das Toyota-Frey-Gebäude an der Südosttangente zum Beispiel, täglich von Tausenden vorbeifahrenden Autofahrern gesehen, funktioniert als Werbeträger. Archi-

tekt Volkmar Burgstaller war für dessen Ausgestaltung verantwortlich, auch Boris Podrecca hat ein Autoverkaufshaus mit einer Präsentiertellerrampe entworfen. Beide bleiben dem Vorbeifahrenden oder im Stau Steckenden im Gedächtnis.

Traditionell hinkt Österreich der internationalen Entwicklung hier ein wenig nach. Besonders dem Stahlbau begegnete man seit dem „Ringtheater-Brand” höchst skeptisch: Damals, im Jahr 1881 war der sieben Stockwerke hohe Zuschauerraum des von Emil Förster erbauten Bingtheaters in Flammen aufgegangen. 386 der 1.700 Zuseher waren hilflos im vergeblichen Fluchtversuch ums Leben gekommen, der Schock war enorm. Seither sind die Brandschutz- und Fluchtwegevorschriften in Osterreich extrem streng, erst langsam beginnt man wieder, den Stahlbau zu entdecken.

In England und Frankreich kennt man diese Ängste nicht. Seit Joseph Paxtons berühmten Kristallpalast in London 1851 war Großbritanniens Stahlbautradition richtungsweisend, und ist es heute noch. Norman Fo-ster, Nikolas Grimshaw, Ove Arup & Partners sorgen weltweit für aufsehenerregende Ingenieursbauten. Von einer Schwerkraft-Betonfundie-rung in der Nordsee über das Moore Park Fußball Stadion in Sydney, eine Autobahn in England oder ein

integriertes Verkehrssystem in Bangkok spannt sich der facettenreiche Bogen britischer Ingenieurskunst bis nach Australien und den Fernen Osten.

Bene, Volvo, Römerquelle

Um so bemerkenswerter, daß die deutsche Firma Glasbau Seele im bayrischen Gersthofen zu einem Internationalen Architekturwettbewerb, der den Bau eines Glaswerks zum Thema hatte, unter sechs geladenen Bewerbern an einen Österreicher gedacht haben: Klaus Kada ist nur einer unter den hiesigen Architekten, die mit dem österreichischen „Kleinkind Industriebau”(Bernhard Holletschek) sehr gut umgehen können. Günther Domenig, Volker Giencke, Büdiger Lainer & Partner, Sepp Müller, Laurids Ortner, Johann Georg Gsteu, Achammer und Partner sind nur einige, die im modernen österreichischen Industriebau Maßstäbe gesetzt haben. Sie alle profitieren von einem Umdenken der Unternehmen: Durch die zunehmende Vermischung von Fertigung, Entwicklung und Forschung sind Industriebauten heute oft viel mehr als pure Höllen für maschinenbautechnische Präzisionswerke.

Corporate Identity wird auch mit dem Werksbau vermittelt. Firmen wie Bene, Glasbau Seele, Volvo, Mercedes-Benz, Philips oder Römerquelle stimmen ihre Industriegebäude mit der Werbelinie ab. Die Architekten können sich freuen, Angestellte und Betrachter auch.

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