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Neue Menschen, neue Pfarren, neue Kirchen

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Das Interesse an den seit 1945 errichteten Kirchenbauten in den einzelnen Diözesen Oesterreichs ist groß. Die „Berichte und Informationen“ des Oesterreichischen Forschungsinstitutes für Wirtschaft und Politik haben 195 5 und 1956 in den Nummern 457, 461, 468, 470, 508 und 5 39 eine Bestandaufnahme über die neueren Kirchenbauten in den Diözesen Wien, Linz, Salzburg, Vorarlberg, Graz (Seckau) und St. Pölten vorgenommen und hierüber weiteste Kreise informiert. Daß sich auch die kulturpolitische Wochenschrift „Die Furche“ dankenswert in den Dienst des Kirchenbauanliegens teilt, entspricht ihrer kulturellen Aufgabe.

Die Diözese St. Pölten mit ihren 602.441 Katholiken in 414 Pfarren zählt wohl nicht zu den größten und finanzkräftigsten Diözesen Oesterreichs, aber die Opfetfreudigkeit der aufgeschlossenen Katholiken ist groß und die Kirchenbautätigkeit eine überaus rege. Die neuen Sakralbauten hängen mit den seelsorglichen Notwendigkeiten zusammen, die sich durch Industrialisierung und Siedlungstätigkeit in St. Pölten und einzelnen anderen Verkehrs- und Industriezentren des Diözesangebietes schon vor 193 8 ergaben. Eine sprunghaft ansteigende Bevölkerungszahl erheischte auch für die ausübenden Katholiken die Errichtung neuer Pfarren und den Bau neuer Gotteshäuser.

’ Im Stadtgebiet von St. Pölten, das vor 18 56, vor dem Beginn des Baues der Westbahn und dem Fallen der Stadtmauern, durch rund 500 Jahre nicht mehr als rund 4000 Einwohner gehabt hat, ist seither die Einwohnerzahl durch Stadterweiterung und Industrialisierung auf das Zehnfache, auf rund 40.700 Einwohner, gestiegen. Dies erforderte die Errichtung von fünf neuen Stadtpfarren, die aus dem großen Pfarrgebiet der Dom- und

Franziskanerpfarre abgegrenzt wurden, und den Bau von drei neuen Stadtpfarrkirchen. Schon 1930 wurde im Süden der Stadt die den Karmeliterpatres anvertraute Pfarre St. Joseph mit heute 6455 Katholiken errichtet. Die Kirche wurde 1925 bis 1929 nach den Plänen des Linzer Dombaumeisters Schlager erbaut. Weiter südlich wurde in St. Pölten -Sprat- z e r n 1934 die Pfarre zur heiligen Theresia v. Kinde Jesu mit heute 3332 Katholiken errichtet (Kirchenbau 1931/32; Architekten: Hans Zita und Otto Schottenberger, Wien). Auch im Ostteil St. Pöltens erstand 1940 die Pfarre St. Pölten -Wagram, zum heiligen Erzengel Michael, mit 3330 Katholiken (Kirchenbau 1937/38; Architekt: Rudolf Wondracek, f 1942, St. Pölten). Dazu kam noch nach 1945 die Errichtung von zwei weiteren Pfarren: 1953 im Südosten die Pfarre St. Pölten-Stattersdorf, zur Himmelfahrt Mariens, mit 1221 Katholiken. Als Kirche dient vorläufig die bisherige, 1857 erbaute und 1937 erweiterte Ortskapelle. 1956 wurde im Norden St. Pöltens die Filiale

V i e h O f e n zur Pfarre (Unbefleckte Empfängnis), mit 2500 Katholiken, erhoben. Die bisherige, 1898 erbaute neugotische Filialkirche dient vorläufig als Pfarrkirche. Die Errichtung einer weiteren Pfarre in St. Pölten-Nord, zwischen Westbahn und Viehofen, und der Bau einer neuen Pfarrkirche daselbst ist geplant. 1934/3 5 wurde in St. Pölten auch die profanierte „Prandtauer-Kirche“ wieder instand gesetzt und geweiht.

Aber auch außerhalb St. Pöltens war die Errichtung neuer Pfarren dringlich geworden. 1932 wurde die Pfarre Kematen- Gleiß, zur Heiligen Familie, mit 3 326 Seelen errichtet (Kirchenbau 1928/29; Architekt: Dombau meister Schlager, Linz. 1949 Kirchenerweiterung und Turmbau; Architekt: Josef Friedl, Wien.

1951 Anbau einer Fatima-Kapelle). 1937 wurde die Pfarre Maigen nach Sigmundsherbe r g verlegt, das sich als Bahnknotenpunkt rasch entwickelt hatte. Die Seelenzahl ist von 178 im Jahre 1890 auf 1120 gestiegen (Kirche zum heiligen Christophorus, 1936/37; Architekt: Rudolf Wondracek, St. Pölten). Im Ostteil der rasch anwachsenden Stadt Amstetteii wurde f939 die den Salesianern Don Boscös' anvertraute Weltpriesterpfarre zum Heiligsten Herzen Jesu mit einer SeelenzaTil von 3037 errichtet. Die 1899/1908 und 1925/1931 nach den Plänen von Raimund Jeblinger, Linz, errichtete neuromanische Kirche würde durch einen Bombenangriff am 20. März 1945, mit Ausnahme des Presbyteriums und der zweitürmigen Hauptfassade, fast vollkommen zerstört. Der Neubau der Pfarrkirche erfolgte in zeitnaher Gestalt 1952/53 nach den Plänen des Wiener Archi tekten Josef Friedl. In der 1948 errichteten Pfarrexpositur Böhlerwerk, vor den Toren Waidhofens an der Ybbs, mit 1978 Katholiken, wurde schon 1928/1930, auf die Initiative der Gebrüder Böhler, nach den Konstruktionsplänen des Ingenieurs Alfred Schmid, Wien, eine Stahl kirche errichtet. Eine neue, größere Kirche wird notwendig werden.

In den Kriegsjahren zwischen 1938 und 1945 war trotz aller Dringlichkeit an Kirchenneubauten nicht zu denken. Die Diözese verlor im Gegenteil durch Bombenangriffe nicht nur die Herz-Jesu-Kirche in Amstetten. sondern auch eine zweite Pfarrkirche, das spätgotische, barockisierte Gotteshaus zum heiligen Martin in Rust bei Tulln, der Heimat des Außenministers Dr. Figl. Bombenangriffe auf Moosbierbaum zerschossen Ende 1944 und Anfang 1945 auch diese Kirche zur Ruine, so daß sie gesprengt und abgetragen werden mußte. Der Neubau (Hallenbau mit Taufkapelle) erfolgte

1947/1949 nach den Plänen des Wiener Dombaumeisters Prof. Dr. Karl Holey.

Dazu kommen noch schwerere Kriegsschäden an drei weiteren Pfarrkirchen: In Amstetten wurde durch Bomben auf die Pfarrkirche zum heiligen Stephan das gotische Gewölbe des rechten Seitenschiffes zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte 1954/5 5 in vorbildlicher Weise nach den konstruktiven Plänen des Amstettener Architekten Richard Wawrowetz jun. Der Barockturmi/der,. Pfarrkirche, in G-ßr e d o,r f bei St.' Pölten erhielt- in den letzten Krtegs- wochen bei 1000 Einschüsse. Obergeschoß und Barockhelm des Turmes wurden 1953/54 nach den Plänen des Architekten Josef Friedl in veredelter Form erneuert. In Obritzberg wurde gegen Kriegsende der sechseckige Wehrund Kapellenturm samt dem romanischen Verbindungsgang zur Kirche — Ueberreste einer mittelalterlichen Befestigungsanlage — so schwer beschädigt, daß sie abgetragen werden mußten. Eine Wiederherstellung konnte noch nicht erfolgen.

Ferner haben noch vier ehemalige Pfarrkirchen im Gebiete des Truppenübungsplatzes Döllersheim durch Artilleriebeschuß und nachträgliche Plünderungen schwerst gelitten: die Gotteshäuser in Döllersheim (spätromanischgotisch), Edelbach (spätgotisch-barock), Oberndorf (spätgotisch-barock) und Groß-Poppen (barock). Das Schicksal dieser Kirchen hängt von der Wiederbesiedlung des Gebietes und der Neuplanung der Ortschaften daselbst ab.

An diese Kirchenbauten vor 193 8 und an die Wiederaufbauarbeiten seit 1945 schließt sich eine Reihe von Kirchenneubauten und Kirchenerweiterungen bzw. Umbauten seit 1945.

Der Kirchenneubau in R u s t (1947/1949) wurde schon erwähnt.. Gleichzeitig wurde 1947/1949 die Kirche in Johannesberg erweitert (Architekt: Martha Reitstätter-Bolldorf, Wien. Von ihr stammt auch die schöne Kriegergedächtniskapelle in Hohenberg). 1948/1951 wurde in der 1938 errichteten, 2700 Seelen umfassenden Pfarre zum Heiligsten Herzen Jesu in Eichgraben an Stelle der 1896 erbauten neugotischen Dorfkapelle eine geräumige Zentralkirche (700 Sitzplatze), vom Volke der „Wienerwalddom genannt, erbaut (Architekt: J. Friedl, Wien). Die Pfarre D r o ß bei Krems erhielt 1948/1952 an Stelle der zu kleinen Kirche eine helle Hallenkirche mit Holztonne und Wochentagskapelle, die erste Fatima-Kirche Oesterreichs (Architekt: Helmut Schoppen Krems). Derselbe Architekt erweiterte 1949/1952 die zu kleine Pfarrkirche in Seyfrieds unter Preisgabe des romanischen Presbyteriums zu einem sehenswerten Gotteshaus mit Steinturm, bei welchem gotisches Schiff und Neubau sich harmonisch verbinden. In der Gebirgspfarre Plankenstein wurde 1949/1952, unter Verzicht auf die ruinöse Schloßkirche, eine reizende Bergkirche (Maria-Schnee) erbaut, die sich samt Pfarrhof glücklich in die Landschaft fügt (Architekt: J. Friedl, Wien). In Gmünd- Neustadt (1948 Pfarrexpositur, 1953 Pfarre mit 3466 Seelen) wurde die noch aus dem ersten Weltkrieg stammende Holzbarackenkirche ersetzt durch eine stattliche, 700 Sitzplätze fassende, zweitürmige Kirchenanlage, die mit den zwei Flügelbauten (Pfarrhof- und Seelsorgetrakt) an eine mittelalterliche Klosteranlage in moderner Form erinnert (Architekt: J. Friedl, Wien). In U1 m e r f e 1 d bei Amstetten, das mit Hausmenning durch Industrialisierung bereits 3100 Katholiken umfaßt, wurde die alte Kirche so durchgreifend erweitert, daß von ihr nur der hochgotischc Chor und der regotisiertc Turm in die Achse des Neubaues eingefügt wurde (Architekt: Dr. Franz Barnath, St. Pölten). In W i e- sclburg schuf derselbe Architekt 1953/1957 bei der längst fällig gewesenen Kirchenerweiterung eine wohlgelungene Verbindung zwischen dem spätgotischen Langhaus der alten Pfarr kirche, das rückwärts als durchbrochenes Querschiff verbleibt, und einer geräumigen vorgebauten Kirchenhalle. Die Kirchweihe dürfte noch heuer erfolgen. Die seelsorgliche Not in Greifenstein, zu St. Andrä vor dem Hagental, der östlichsten Pfarre der Diözese gehörend, erheischte die Inangriffnahme einer neuen Pfarrkirche „Maria Sorg". Der 1953 begonnene Bau (Architekt: Dr. Hans Petermair, Wien) samt Wochentagskapelle, eine einmalige Lösung, mußte aus finanziellen Gründen unterbrochen werden und wird voraussichtlich heuer fortgeführt werden. In der Katastralgemeinde Vestenthal, Pfarre Haidershofen, wurde 1953 eine noch im Bau befindliche Kirche begonnen (Architekt: Paul Pfaffenbichler, Sankt Pölten). Aus einem freien Wettbewerb unter rund 120 freischaffenden Architekten Oesterreichs gingen die Pläne des Architekten Doktor Julius Bergmann, Perchtoldsdorf, für die 1954 begonnene Pfarrkirche zum heiligen Severin in Krems-Lerchenfeld hervor. Diese imposante Einraumkirchc (620 Sitzplätze), gestaltet aus dem Geiste der Severin-Zeit, ist im Rohbau fertig und wird voraussichtlich noch heuer geweiht. Sie soll in der 1952 errichteten Pfarre (1500 Seelen), welche das Siedlungs- und Industrieviertel in Krems-Ost umfaßt, die Notbarackenkirche aus 1950/51 ablösen und dem Apostel von Ufer-Norikum ein würdiges Denkmal setzen. (Von Dr. Bergmann stammt auch das entzückende Bergkirchlein „Maria am Gscheid .) Eine gleich große Kirche samt Wochentagskapelle, begonnen 1954, erhebt sich bereits fast fertig im südlichen Industrieviertel der Pfarre St. Valentin (8200 Seelen), in Langenhart, das zur selbständigen Pfarre erhoben werden soll (Architekt: J. Friedl, Wien). Die Weihe dieser großräumigen Marienkirche wird wahrscheinlich noch heuer vollzogen. In Neustift-Innermarizing, Pfarre Altlengbach, wird seit 1955, wegen der größeren Entfernung vom Pfarrort, gleichfalls an einer neuen Kirche gebaut (Architekt: Walter Prut- scher, Wien). Erste Dringlichkeitsstufe kommt jedoch seit der baupolizeilichen Sperrung der auf Rutschgelände erbauten, einsturzgefährdeten spätgotischen Pfarrkirche in Stephanshart dem daselbst 1956 begonnenen Kirchenneubau zu (Architekt: Dr. Franz Barnath, St. Pölten). Die neue Kirche soll noch heuer unter Dach kommen, damit sie bis zur Fertigstellung wenigstens als Notkirche benützt werden kann (566 Sitzplätze). Für zwei weitere Kirchenbauten laufen derzeit Wettbewerbe: für P r i n z e r s- d o r f bei St. Pölten und für Alt-Nagel- b e r g. In Nagelberg, diesem Zentrum der Wald- viertler Glasindustrie, ist die Errichtung einer Pfarre mit rund 1600 Seelen und der Bau einer Kirche aus seelsorglichen Gründen überaus dringlich. Noch im heurigen Sommer soll mit Hilfe des Bauordens mit den Arbeiten begonnen werden.

Weitere Kirchenbauten sind geplant in dem Industrieort Traisen, wo schon 1943 eine Pfarrexpositur mit 2700 Katholiken errichtet wurde (Bauherr Stift Lilienfeld); in St. Pölten-Nord, in Kienberg-Gaming, in Tulln u. a. Neben den bereits durchgeführten kleineren Kirchenumbauten in St. Margarethen an der Sierning (1949/50, Architekt: Dr. Barnath, St. Pölten) und Neustadtl an der Donau (1955/1956; Architekt: Rupert Schweiger,

Krems) sowie in Lackenhof und Groß-Gerungs, sind Kirchenerweiterungen nötig in Echsenbach (Architekt Dr. Petermair, Wien), Krummnußbaum, Traunstein, Viehdorf und Altenmarkt an der Ysper.

Grundsätzlich kann folgendes ausgesprochen werden: Die Diözese St. Pölten trachtet mit den von ihr betrauten Architekten, bei den neuen Sakralbauten, im Sinne der Unterweisung des heiligen Offiziums vom 30. Juni

1952 über die kirchliche Kunst, zwei Extreme zu vermeiden: einerseits falschen Historizismus, der sich unschöpferisch in Nachahmung alter Baustile ergeht, anderseits avant gardistische Experimente, die modisch und volksfremd mit aller gesunden Traditionsver- bundenheit brechen. Bei aller Bejahung neuer Formen und der konstruktiven Möglichkeiten, welche die neuzeitlichen Baustoffe bieten (zum Beispiel Ueberspannung weiter Hallen), vermeidet das St.-Pöltner Kirchenbauwerk mit voller Absicht im Sakralbau Lösungen, welche der unveräußerlichen Eigenart eines christlichen Gotteshauses und seiner sakralen Wesensbestimmung fremd sind und welche das für profane Zweck- und Industriebauten gewonnene Ideal gleichmacherisch auf den Kirchenbau übertragen möchten. Kirchenbauten, wie die neue Pfarrkirche in Salzburg-Parsch oder die Kapelle Le Corbusiers in Ronchamp, würden in der Diözese St. Pölten beim gläubigen Pfarr- volk, das für seine Kirchenbauten schwere Opfer bringt, kein Echo finden und werden darum auch nicht versucht. Dabei ist es interessant, daß man nach den eingangs zitierten „Berichten und Informationen" auch in den Nachbardiözesen „Extremen abgeneigt" ist (Oberösterreich), daß man „nicht zu kühnen oder umwälzenden Lösungen vorstößt“ (Wien). „Man fühlt sich der Tradition verbunden und steht allzu nüchterner Strenge und Sachlichkeit der modernen Architektur mit Skepsis gegenüber“ (Wien).

Um der päpstlichen Weisung zu entsprechen, „daß die Gläubigen mit größerer Leichtigkeit den gottesdienstlichen Handlungen Blick und Herz schenken können“, bemüht sich das St.-Pöltner Kirchenbauwerk, bei den neuen Kirchenbauten den Gläubigen die T e i 1 n a h m e am Kult im Sinne der liturgischen Erneuerungsbewegung zu erleichtern. Die „christo- zentrischen“ Kirchen, welche die Diözese in Auftrag gibt, sind wohl in erster Linie „Meßopferkirchen", bei welchen der Altar äls Opfer tisch die Herzmitte des sakralen Raumes bildet; sie sind aber zugleich auch ein mit dem Altar engverbundener „Gemeinderaum“, in dem sich die Gläubigen in aktiver Anteilnahme um den Opferaltar scharen sollen. Darum bauen wir eine weiträumige, durch keine Pfeiler oder Säulen Unterteilte „Einraumkirche", in welcher möglichst von allen Plätzen aus die freie Sicht auf den Hauptaltar gewährleistet ist.

Nicht zuletzt bemüht sich die Diözese um eine Kirchenbauweise, welche zugleich landschaftsgebunden ist und auch den Sakralbau harmonisch in den Landschaftscharakter einfügt; selbst auf die Gefahr hin, mit orts- und landfremden modischen Experimenten, wie sie anderwärts hie und da versucht und von der Kritik über Gebühr gelobt werden, nicht Schritt halten zu können.

Die Größe unserer Kirchenneubauten ist schon bei der Ausschreibung so gewählt und berechnet, daß möglichst viele Kirchenbesucher auch einen Sitzplatz erhalten. In einer Zeit, da man auch im Theater und Kino auf einen Sitzplatz rechnet, erscheint dies gerechtfertigt. Außerdem soll durch Weiträumigkeit der neuen Kirchenbauten auf Jahrzehnte hinaus die unliebsame Notwendigkeit einer stets schwierigen Kirchenerweiterung von vornherein vermieden werden.

In t e c h n i s c h e r Hinsicht hat sich folgender Grundsatz bewährt: Es werden womöglich keine Provisorien, sondern von Haus aus endgültige Lösungen geschaffen, das heißt solide gemauerte Kirchen. Eine Barackenkirche, wie sie notgedrungen zum Beispiel als Uebergangsbau in Krems-Lerchenfeld 1950/51 errichtet werden mußte, kostet nicht nur Geld, ist im Winter kalt und im Sommer zu heiß, sondern sie kann vor allem deswegen nur als „Behelfsform“ gelten, „weil auch das bescheidenste Gotteshaus die Gläubigen beim heiligen Meßopfer'nicht an die Baracke als Prototyp menschlicher Vermassung erinnern soll“ (Hans Reuther).

Bei der Innenausstattung wird, den sozialen Verhältnissen und dem Zeitstil entsprechend, wohl jeder unechte Prunk und jedes störende Beiwerk vermieden — auch die Unterweisung des heiligen Offiziums lehnt „falschen Schmuck" ab —, anderseits ist sich das Kirchenbauwerk bewußt, daß auch zu neuen Kirchen eine Einheit von klarer Architektur, Plastik und Malerei gehört. Darum wird bei der Kirchenausstattung zur Vermeidung öder Nüchternheit — soweit dies die finanziellen Mittel gestatten —, auch die Bildhauer- und Malkunst herangezogen und überhaupt auf künstlerische Qualität und gediegenes Material, namentlich bei Hochaltar und Kanzel, gesehen. Die Pfarrer sind beauftragt, jede Verkitschung zu vermeiden und zu verhindern.

Bei der Heranziehung der Künstler beachtet die Diözese den Grundsatz der päpstlichen Instruktion, der geradezu an die Kernfrage kirchlicher Kunst rührt, daß die Ausführung sakraler Werke nur Männern anvertraut werden soll, „die in ihrem Fach erstklassig sind und echtem Glauben wie echter Andacht Ausdruck zu verleihen wissen“. Zur Planung neuer Kirchenbauten werden teils beschränkte Wettbewerbe ausgeschrieben, teils "werden freischaffende Architekten, welche die erforderlichen Qualitäten besitzen, ohne Wettbewerb herangezogen.

Unter den künstlerischen Werken bei den Kirchenneubauten und Umbauten seit 1945, die gleichzeitig eine kirchliche Künstlerförderung bedeuten, sind unter anderem folgende besonders hervorzuheben: In A m s t e t- ten: Herz-Jesu-Kirche: Kreuzweg (Plattenmosaik) von Lucia Jirgal, Wien. In D r o ß : Fatima-Gruppe von Otto Moroder, Mayerhofen (Zillertal); Steinschnitte, Entwurf Lucia Jirgal, Wien. In Eichgraben: Fresken von Karl Pehatschek und Karl Engel, beide in Wien; Plastiken an Turm, Fassade und an der Kanzel von Adolf Treberer-Treberspurg (f 1955), Wien; Glasgemälde von Franz Pitza, Wien. In Gmünd- Neustadt : Gewölbefresken von Lucia Jirgal, Wien; Hochaltarfresko von Erna Piffl-Moser, Wien; Plastiken an Fassade, Tabernakel und Madonna von Adolf Treberer- Treberspurg, Wien. In G s c h e i d : Sgraffito von Sepp Zöchling, St. Pölten; Glasgemälde von Maria Sturm, St. Pölten. In St. Margarethen : Glasgemälde von Franz Pitza, Wien. In Neustadtl an der Donau: Plastiken am Hochaltar von Josef Ortner, Wien, und Klothilde Rauch, Altmünster; Plastiken an Kanzel von Hans Kröll, Krems; Glasgemälde von Franz Pitza, Wien. In Plankenstein: Fresken von Maria Sturm, St. Pölten; Plastiken von Adolf Treberer-Treberspurg. In St. Pölten Wagram: Plastiken von Paul Peschke, Wien; Freskokreuzweg von Franz Pitza, Wien. In Rust: Hochaltar von Architekt Helene Koller-Buchwieser, Wien; Plastiken von Hans Kröll, Krems; Kupferreliefs von Susanne Peschke-Schmutzer, Wien; Glasgemälde von Rudolf Holzinger, Lucia Jirgal, Wolfgang Klaus und Leopold Schmid. In Sigmundsherbe r g : Hochaltarfresko, Immakulatafresko und Kreuzweg von Franz Pitza, Wien. In Seyfrieds: Altarfresko von Franz Pitza; Steinschnitte von Lucia Jirgal; Metallbildhauerarbeiten von Susanne Peschke-Schmutzer. In U1- m e r f e 1 d : Fassadensgraffitos von Sepp Zöchling, St. Pölten; Altarplastiken von A. Treberer- Treberspurg; Emporenbemalung von Maria Sturm, St. Pölten; Steinschnittentwurf von Lucia Jirgal; Metallbildhauerarbeiten von Susanne Peschke-Schmutzer. In Wieselburg (unvollendet); Steinschnittentwürfe für Kanzel und Speisgitter von Sepp Zöchling, St. Pölten.

Zu diesen Kirchenbauten kommen noch folgende Pfarrhofbauten: Vor 1945 für die neuen St.-Pöltner Pfarren St. Josef, Wagram und Spratzern; seit 1945 in Albrechtsberg, Böhlerwerk, Droß (Rohbau), Gmünd-Neustadt, Gutenbrunn (Patronatsleistung), Krems-Lerchenfeld, Krumau (Aufstockung), Plankenstein, St. Pölten-Stattersdorf, Sigmundsherberg, Sankt Valentin-Langenhart und Ybbs.

Schließlich werden in der Diözese jährlich an rund 30 Kirchen — heuer sind es über 40 — Restaurierungsarbeiten vorgenommen. Zu den bedeutendsten Instandsetzungen seit 1945 zählt die vollständige Innenrestaurierung der Domkirche (1949), zu welcher die Gläubigen der Diözese das freiwillige Opfer von

1,500.000 S beigesteuert haben; ferner die Restaurierung der Wallfahrtskirchen von Maria- Taferl (1951/53) und Maria-Dreieichen usw. Dabei ist jeder Kirchenbau und jede denkmalpflegerische Betreuung der alten Sakralbauten nicht nur ein Dienst an Gott und Werk der

Kunst, sondern auch eine Arbeitsbeschaffung für viele, die nicht zu unterschätzen ist.

Zu den Kosten der bisherigen Kirchenbauten in der Diözese seit 1945 hat nicht nur die Finanzkammer eine Deckung von 20,300.000 Schilling beigetragen, sondern der bedeutende Rest wurde zusätzlich von den Katholiken aufgebracht: durch die jährliche Kirchensammlung für das Kirchenbauwerk, durch Spenden der Pfarrgemeinden, durch die Mitgliedsbeiträge der örtlichen Kirchenbauvereine und nicht zuletzt durch Materialspenden und freiwillig geleistete Hand- und Zugarbeit.

Es ist das große Verdienst des Diözesan- bischofs Michael Memelauer, im Verlauf einer dreißigjährigen Regierungszeit — zuletzt unterstützt von seinen Bischof-Koadjutoren DDr. Franziskus König, jetzt Erzbischof von Wien, und Dr. Franziskus Zak — so viele Sakralbauten geschaffen zu haben. Treu standen ihm vor 1945 die Direktoren des Kirchenbauvereines zur Seite: der 1941 verstorbene Prälat Doktor Johann Litschauer und nach ihm Prälat Doktor Johann Landlinger, seit 1944 Propst und Stadtpfarrer von Waidhofen an der Ybbs. Verdienstvoll hat nach 1945 das neue Kirchenbauwerk der Diözese Generalvikar Prälat Michael Distelberger aufgebaut und leitet es mit Umsicht, Tatkraft und Finanzgeschick. Die Arbeiten des

Kirchenbauwerkes erfolgen in Zusammenarbeit mit dem Diözesanbauamt (Ing. Adolf Neumann) und dem Diözesan-Kunstrat.

Wenn Bischof Memelauer am 26. Mai dieses Jahres sein dreißigjähriges Bischofjubiläum feiert, dann dankt ihm das gläubige Volk auch für seine aufgeschlossene Hirtensorge um einen regen Kirchenbau in der Diözese des heiligen Hippolyt.

teiligt war, industriell auswerten wollte Diese Gesellschaft errichtete in St. Pölten ein Werk, das im Jahre 1906 eröffnet wurde. Die dritte große Schöpfung des ersten Jahrzehnts unseres

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