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Nicht in jeder Hinsicht mobiler

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Es geht tun die Frage: erhöht das H Auto die Mobilität? Unterwegs M-J zu sein, ist ja meist kein Selbstzweck. Es dient dazu. Orte zu erreichen, tun dort etwas zu erledigen, was zu Hause nicht erledigt werden karm. Mobililtät entsteht, weil Menschen Ziele erreichen wollen. Ist sie also im Zeitalter des Autos größer?

Betrachtet man Verkehrsaufkommen und Geschwindigkeiten, so hegt die Antwort nahe: die MobiUtät ist enorm gestiegen. Ganz so einfach ist die Antwort aber doch nicht, denn zwei wichtige Kennziffern der Mobilität sind seit Jahren unverändert: die Zahl der Wege pro Kopf und Tag sowie der Zeitaufwand für den tägh-chen Ortswechsel. Das zeigen Untersuchungen: Durchschnittlich erledigt der Mensch zwei außerhäusliche Aktivitäten. Er legt dabei drei Wege zurück und ist etwa eine Stunde unterwegs.

Verändert haben sich die Entfernungen und die Verkehrsmittel. In den österreichischen Städten (mit Ausnahme von Wien, wo die öffenthchen Verkehrsmittel eine besondere Rolle spielen) werden ein Drittel der Wege zu Fuß, ein Drittel mit dem Kfz, ein Sechstel mit öffenthchen Verkehrsmitteln, sieben Prozent durch Mitfahrt in einem Kfz und zehn Prozent mit dem Fahrrad zurückgelegt.

Obwohl ein Viertel der Wege kürzer als ein, die Hälfte kürzer als drei Kilometer sind, steigen dennoch die Entfemungen. Je länger sie sind, umso eher wird ein Pkw benützt. Auch dje Autofahrten sind allerdings kürzer, als man annehmen vnirde: ein Drittel der Wege ist kürzer als drei Kilometer (die Hälfte kürzer als fünf) und nur 30 Prozent sind länger als zehn Kilometer.

Erstaunlich ist auch, daß die Zeit für Wege insgesamt nicht gesunken ist, obwohl die Autos so rasch fahren: Die Tür-zu-Tür-Geschwindigkeit bei Ausfahrten überschreitet fiir den Pkw fast nie 20 Stundenkilometer. Bei Bahn und Bus hegen die Werte nur geringfügig darunter. Würde man aber auch den indirekten Zeitaufwand für das Auto eiru-echnen (Werkstatt, Tanken imd Arbeitszeit, um das Geld für das Auto zu verdienen und Lebenszeit, die diu-ch Unfälle verloren geht), so ist diese fast dreimal so hoch wie die Fahrzeit im Auto. Berücksichtigt man all das, so ergibt sich eine „Pkw-Geschwindig-keit von zehn bis 14 Stundenkilometer." (Thomas Schaller: „Kommunale Verkehrspolitk")

WACHSENDER SIEDLUNGSRAUM

So erweitert das Auto zwar den Aktionsradius (Freimde in der nächsten Stadt, der Arbeitsplatz weit entfernt, Einkauf am Stadtrand...), nicht aber die Zahl der Kontakte. Auch die für Fortbewegung eingesetzte Zeit verringert sich nicht.

Weil mit dem Auto aber größere Strecken zurücklegt werden körmen, entsteht eine Lebensform, die das Auseinanderrücken von Arbeitsplatz, Wohnort und Freizeitbetätigung erzeugt. Die Städte wachsen, Stadtvierteln spezialisieren sich, die Freizeit wird nicht am Wohnort verbracht. Und so entsteht ein Lebensstil, der inuner stärker vom Auto abhängt. Er benachteiligt jene, die über kein Auto verfügen: die Alten, die Kinder, Behinderte...

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