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Ökologischer Rückbau von Kulturlandschaften am Hausruck

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„Leergeräumte Landschaften" sind das Ergebnis jahrzehntelanger intensiver landwirtschaftlicher Nutzung. Daß es auch anders gehen kann, zeigt ein Musterprojekt in Oberösterreich.

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„Leergeräumte Landschaften" sind das Ergebnis jahrzehntelanger intensiver landwirtschaftlicher Nutzung. Daß es auch anders gehen kann, zeigt ein Musterprojekt in Oberösterreich.

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Was heutzutage in vielen Gärten in Form von liebevoll angelegten künstlichen Tümpeln und Weihern bereits für eine regelrechte „Biotop-Manie" sorgt, ist Ausdruck eines neuen Bewußtseins für naturnahe Lebensräu me. Ausdruck auch für die Sehnsucht der Menschen nach diversifi-zierter, natürlich gewachsener und gestalteter Landschaft. Denn diese ist rar geworden nach Jahrzehnten des Raubbaus an unseren natürlichen Lebensgrundlagen.

Felder und Wiesen sind in den letzten Jahrzehnten - der einfacheren Bewirtschaftung halber - zu großen Einheiten zusammengelegt, ihrer Hecken und Baumreihen beraubt und für Neugewinnung von Anbaufläche trockengelegt worden.

Begradigungen von Fließgewässern schufen die berüchtigten Betonrinnen, die einst munter sprudelnde und sich dahinschlängelnde Wiesenbäche in traurige Rinnsale, mitunter sogar in eingefaßte Kloaken, verwandelten. Die natürliche Fauna und Flora wurde erbarmungslos zurückgedrängt.

Die schweren Eingriffe, die nötig waren um landwirtschaftliche Produktion im Industriemaßstab zu ermöglichen, bheben allerdings nicht ohne entsprechende Folgen für den Wasserhaushalt, das ökologische Gleichgewicht einer Region.

Resultate der systematischen „Austrocknung" einer Region sind ein sinkender Grundwasserspiegel sowie fortschreitende Versteppung. Fehlende Windschutzgürtel bieten breiten Raum für Winderosion. Die fi-uchtbare Humusschicht wird abgetragen, sodaß fehlende Pflanzennährstoffe auf künstlichem Wege zugeführt werden müssen. Der Boden verliert zusehends seine Fähigkeiten sich selbst zu regenerieren und eine fruchtbare Humusschicht aufzubauen.

SÜNDEN DER VERGANGENHEIT

Auch bieten die leergeräumten Landschaften einer Vielzahl von Kleinlebewesen keine Uberlebensmöglichkeiten mehr, sodaß diese abwandern und schhmmstenfalls aussterben.

Die Sünden der Vergangenheit aufzuzeigen und ansatzweise wieder-mtzumachen versucht derzeit ein ^rojekt der Agrarbezirksbehörde Gmunden, zuständig für Angelegenheiten der Grundstückszusammenlegung in den Bezirken Braunau/Inn, Gmunden, Ried im Innkreis, Vöck-labruck und Wels-Land.

Dienten Grundstückszusammenlegungen bisher vor allem als Mittel zur effizienteren Bewirtschaftung ehemals oft weit gestreuter Besitztümer, so kommen neuerdings auch landschaftsplanerische Elemente zum Tragen. Ökologisch hochwertige Areale (zum Beispiel Feuchtwiesen, Raine und ähnliche Flächen) sollen erhalten und durch den Anbau zusätzlicher Hecken und Baumreihen auf umliegenden Feldern zu einem größeren „Biotopverbundsystem" ausgeweitet werden. Die Schaffung von zusammenhängenden Lebensräumen ist Grundvoraussetzung für die Ausbildung einer möglichst breiten Vielfalt in Tier- und Pflanzenwelt.

Als erstes in Oberösterreich durchgeführtes Projekt dient das vom technischen Leiter der Agrarbezirksbehörde Gmunden, Ferdinand Loidl, initiierte Biotopverbundsystem „Pil-gersham" (Gemeinde St. Marienkirchen am Hausruck) als anschauliches Beispiel, wie in Zusammenarbeit mit der ländlichen Bevölkerung neue Wege der naturnahen Bewirtschaftung gegangen werden können. Insgesamt 13 Hektar wurden im Zuge eines Flurbereinigungsverfahrens angekauft, davon zirka acht Hektar für die Errichtung eines Biotopverbundsystems verwendet und der Rest wieder an die übrigen Grundbesitzer weiterverkauft.

In mehr als 1.000 freiwilligen Arbeitsstunden, geleistet von Vereinen und Bürgern der Gemeinde St. Marienkirchen, wurden vier Kilometer Hecken und 1,7 Hektar extensiv genutzte Wiesenstreifen angelegt. Mehr als 12.000 Sträucher und Bäume verschönern seither das Landschaftsbild.

Petra Gottschling, Landschafts-planerin an der ABB Gmunden: „Nach mehrjähriger Erfahrung stellt sich für die Landwirte heraus, daß trotz Hecken und Begleitstreifen die Bewirtschaftung keineswegs erschwert wurde.'

Tatkräftig wird auch mitgeholfen, wenn es um die Realisierung des zweiten in Angriff genommenen Projekts „Schmidham' (Gemeinde Vöcklamarkt) geht. 80 freiwillige Helfer sind bei der Gestaltung und Bepflanzung der Öko-Flächen betei-hgt - Naturschutz mit sozialen Komponenten.

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