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Österreichische Geschichte

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Oesterreichische Pioniere der Luftfahrt. Von Hans Löw. Verlag Waldheim-Eberle, Wien, 1953. 244 Seiten, 176 Bilder.

Der k. u. k. Feldpilot, später Fluglehrer des Oesterreichischen Aero-Clubs, zuletzt deutscher Luftwaffenoffizier, Hans Löw hat auf Grund 30jähriger Erfahrungen in der Luftfahrt eine Geschichte der österreichischen Pioniere der Luftfahrt zusammengestellt, die besondere Beachtung verdient. Aus 154 Jahren, von 1784 bis 1938, sind alle in Oesterreich erzielten Fortschritte in der Eroberung der Luft aufgezählt und darunter finden sich Erst- und Höchstleistungen, die ihren Weltrang für immer behalten: die Ballonhöhenrekorde von Valentin und Schlein, die Flugzeugkonstruktionen von Kreß und Etrich, Mannsbarths größtes Prall-Luftschiff der Welt die neun Weltrekorde von Blaschke und Bier. Als bahnbrechende Organisatoren begegnen uns Silberer, Economo, Hinter- stoißer und Uzelac, die beiden Letzteren als die Schöpfer der österr.-ungar. Luftstreitkräfte. So manche andere Leistungen, wie die Semmering-Ueber- fliegung durch Nittner, das dreifache Ballon-, Lenkluftschiff- und Pilotendiplom Nikolaus Wagners, die wissenschaftlichen Ballonaufstiege für Viktor Heß und die ersten aerophotogrammetrischen Versuche mit dem Körting-Ballon, stechen hervor. Auch im Luftverkehr verstand es Oesterreich, sich mit der ersten Flugpostlinie der Welt Wien—Kiew unter Raft und mit der „OeLAG" unter Deutelmoser eine ehrenvolle internationale Stellung zu sichern. Das Buch bringt aus dem Luftfahrtarchiv die Weltrekordtabelle von 1912, welche Oesterreich hinter Frankreich auf dem 2. Platz verzeichnet. Weitere Kapitel gelten dem jungen Segelflug mit dem Weltrekordflieger Kronfeld und der verdienstvollen Tätigkeit des Aero-Clubs von seinem Gründer Silberer bis zum jetzigen Präsidenten Nationalrat Polcar, der dem Buche ein sinniges Geleitwort vorangestellt hat. 97 Porträts verewigen unsere Luftfahrtpioniere, die zum allergrößten Teil der k. u. k. Armee entstammten, andere 79 Bilder zeigen die Entwicklung der Luftfahrzeuge. Löws Arbeit ist keine quellenbelegte streng wissenschaftliche Forschung, auch keine fachtechnische Abhandlung — sie ist eine wohlgelungene Mischung beider Gebiete, die bei den ältesten wie auch den jüngsten Jüngern der Luftfahrt lebhaftes Interesse erregen wird. Der Verlag darf sich rühmen, am 50. Gedenktag der Wright-Flüge eine äußerst gefällige und sehr gediegen ausgestattete Publikation herausgebracht zu haben, die sich als Preis für Wettbewerbe und als Ehrengeschenk eignet, sich aber auch als Taufgabe für die eben neuerstehende österreichische Luftfahrt darstellt. Dem Verfasser sei ganz besonders gedankt, daß er ein echt österreichisches Werk verfaßte, das hoffentlich bald den Weg in alle Schulen finden wird.

Hofrat Dr. Oskar Regele

Austria’s international position 1938 to 1953. The re-establishment of an independent Austria. Von Cary Travers Grayson. Verlag Droz, Genf 1953. 320 Seiten. Preis 15 sfrs. (Etudes d’histoire economique, politique et sociale, Band V.)

Daß die Zahl der ausländischen wissenschaftlichen Veröffentlichungen über Oesterreich stetig zunimmt, ist ebenso sinnvoll wie erfreulich. Zwei Umstände zeichnen unter diesen das vorliegende Buch aus. Einmal handelt es sich hier um eine Arbeit, die dem bekannten „Institut für höhere internationale Studien" der Universität Genf vorgelegen hat und dort eben ususgemäß vor deren Professoren verteidigt wurde. Dann weil der Autor seine Geschichte der Wiederherstellung eines unabhängigen Oesterreich nicht erst 1945 beginnen läßt, sondern all den mannigfaltigen Bestrebungen nachgegangen ist, die von 1938 an das Wiedererstehen eines politischen Körpers vorbereitet haben. Drei Abschnitte scheinen uns besonders bemerkenswert.

Zunächst die Seiten, worin die Entwicklung der Widerstandsbewegung in Oesterreich zum ersten Male — wenn wir von der soeben im „Journal of Central European Affairs"erschienenen Studie des Washingtoner Universitätsprofessors Engel-Janosi absehen — von einem ausländischen Beobachter wissenschaftlich untersucht und gewertet wird. Ihre Stärke festzustellen, wird versucht, gleichwie die Zahl ihrer Opfer, und als Schlußfolgerung deren politische Bedeutung als ein konsolidierendes Element in der Nachkriegszeit hervorgehoben. Sodann das Kapitel über den Europäischen Beratenden Ausschuß (EAC), der nach der Moskauer Konferenz, Ende 1943, in London errichtet wurde. Die Entscheidungen dieser wichtigen Organisation, über die fast nichts bekanntgegeben wurde, sind, soweit sie Oesterreich betrafen, hier erstmalig zusammengestellt. Schließlich, nach einer übersichtlichen Darstellung der Entwicklung, die uns Grayson bis in den Herbst 1953 vorführt — wobei er die charakteristischen Momente klug herausarbeitet —, sein Ausblick in die Zukunft: Der Staatsvertrag allein werde kaum genügen, wenn dazu nicht eine Garantie der Weltmächte komme. Aus Oesterreich ließe sich auch keine „zweite Schweiz" machen. Wohl aber seien die Zukunftsaussichten gut, wenn das gestärkte österreichische National gefühl an den Weltmächten, die fast wichtiger als die Nachbarn seien und die hier schon aus eigenem Interesse handeln sollten, eine feste Stütze findet.

An dieser Arbeit scheint uns auch besonders wertvoll, daß sie sich nicht nur auf zahlreiche Quellen stützt, die auf elf Seiten Bibliographie aufgeführt werden und die vielfach in Oesterreich noch unzugänglich sind, sondern auch weil wir hier so manche bedeutsame Hinweise verarbeitet finden, die von den zahlreichen Praktikern stammen, denen der Autor in seinem Vorwort dankt.

DDr. A. C. Breycha-Vauthier

Kulturgeschichte und Wirtschaftsgeschichte Oesterreichs. Von Ludwig Reiter. Oesterreichi- scher Kulturverlag, Salzburg. 280 Seiten. Preis 48 S.

Als Ludwig Reiter in der ersten Nachkriegszeit eine „Kleine Geschichte Oesterreichs" als schmale Broschüre und etwas später eine „Oesterreichische Kultur- und Staatsgeschichte" als stattlichen Band erscheinen ließ, war die Aufnahme seiner Schriften sehr geteilt. Neben uneingeschränktem Lob, das wohl mehr dem Wollen als dem Werke gelten sollte, wurden auch kritische Stimmen hörbar, und es wären ihrer wohl mehr gewesen, hätte nicht auch eine von deutschnationalen Ressentiments freie Kritik angesichts der eindeutig österreichischen Haltung des Autors falsch aufgefaßt werden können.

Das neue Buch Reiters ist — und das sei dankbar festgestellt — seinen beiden Vorläufern an literarischem und populär-wissenschaftlichem Wert weit überlegen. Der Verfasser hat diesmal das umfangreiche Schrifttum zur österreichischen Geschichte in ausreichendem Maße herangezogen und geschickt verwertet, schwerer wiegende Verstöße sind vermieden, und wir verdanken ihm auch manche gute Beobachtung, namentlich zum Lebensstil des Vormärz und der franzisko-josephinischen Epoche. Und doch ist Reiters Werk, mit dem der Autor bewußt an die von Richard Kralik und Hermann Bahr erneuerte Tradition einer katholisch-konservativen Schau des geschichtlichen Bildes Oesterreichs anknüpft, trotz seiner anerkennenswerten Qualitäten keine ausgeglichene und völlig überzeugende „Historia Austriaca" geworden. Es liegt das wahrscheinlich vor allem an der gewaltigen Fülle der Tatsachen, die der Autor im Bemühen, keine österreichische Leistung von Rang zu verschweigen, auf vergleichsweise engem Raume dem Leser mitteilt. Dadurch wurde die Darstellung überladen, Klarheit und Gehalt leiden unter dem Zuviel. Es möge jedoch dieser Hinweis den positiven Gesamteindruck nicht in Zweifel stellen. Univ.-Prof. Dr. Erich Zöllner

Die Grundlagen der modernen katholischen Soziallehre. Verlag Johann L. Bondi, Wien 1952. — Der Christ und der Staat. Springer-Verlag, Wien. Beide: Leopold L e n t n e r.

Leo XIII. tritt für die Auseinandersetzung der Kirche mit den aktuellen Problemen im Staat sowie zu den Problemen des sozialen Lebens in einem Maße hervor, wie vor ihm kein anderer Papst. Erst heute erkennt man allmählich die Bedeutung seiner Rundschreiben. Gerade die neuesten Erscheinungen, vor allem in der französischen wissenschaftlichen Literatur, bezeugen die Wichtigkeit dieser Stellungnahme. Oesterreich hatte dafür eine wichtige geistige Vorarbeit auf sozialem Gebiet im 19. Jahrhundert geleistet, ist aber nach „Rerum novarum" keineswegs mit einer eigenen geistigen Weiterführung hervorgetreten.

Die Werke von Leopold Lentner zeigen die Konfrontation aus dem Geiste Leos XIII. mit der Gegenwart und ihren Anliegen. Heute sind viele damalige Fragen wieder in den Mittelpunkt gerückt; es ist daher von besonderer Bedeutung, die damals festgelegten Leitlinien im Lichte moderner Anschauungen festzuhalten. Die Werke Lentners sind als Grundlage für Diskussionen sowie für Schulungskurse besonders wertvoll und wärmstens zu empfehlen, namentlich auch deshalb, da die Werke auf Grund von eingehenden Studien uns Einblick in die Geisteshaltung des 19. Jahrhunderts gewähren und vor allem auch eine Beschreibung und Kritik des englischen und französischen Sozialismus bringen.

Lentner zeigt auch die Auswirkung von „Rerum novarum" in Deutschland, Oesterreich, Frankreich und Italien. Aus dem Schlußkapitel des ersten Werkes wird ersichtlich, wohin die Grundlehren katholischer Sozialwissenschaft führen, nämlich zu dem, was heute wieder im Vordergrund steht; nicht zur Sozialpolitik im bisherigen landläufigen Sinn, sondern zu echter Sozialreform.

Im zweiten Werk versucht Lentner die Probleme

Freiheit und menschliche Persönlichkeit, der Mensch in Kirche und Staat, die Ordnung der Ehe, wie überhaupt die Fragen der Oeffentlichkeit in Beziehung zur menschlichen Gesellschaft und ihrer einzelnen Mitglieder zu bringen. Diese Probleme werden besonders dadurch aktuell, wenn wir bedenken, daß die drohenden Gefahren, die besonders Leo XIII. aufgezeigt hat. in unserer Zeit in erschreckender Weise Wirklichkeit geworden sind und auf die Menschheit unserer Zeit hereinzubrechen drohen.

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