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Produktiomablauf als Vorgabe
Forschungs- und Entwicklungsabteilungen und Büroräume sind heute meist in die Industrieanlagen integriert.
Forschungs- und Entwicklungsabteilungen und Büroräume sind heute meist in die Industrieanlagen integriert.
Der Weg von Architekt Sepp Müller zum Industriebau begann beim Entwurf eines Einbauschrankes, mit dem er seine Lehrjahre im Architekturbüro Roland Rainers begann. Später entwickelt er in seinem eigenen Büro eine prägende Variante für Begalwände: das Hochregallager, 20 oder 40 Meter lang.
„Ursprünglich ist die Industrie ja aus dem Großgewerbe gekommen”, meint Sepp Müller, der gegen Ende seines Studiums als Konsulent bei der Firma Semperit einstieg. Die genaue Kenntnis dieses Betriebes wurde zum Schlüsselerlebnis: Einer seiner ersten Aufträge war die Neuad-aptierung der Semperit-Werke, an denen er über Jahre hinweg den lebendigen und rasanten Prozeß industrieller Expansion, Entwicklung und Umstrukturierung beobachten und mitgestalten konnte.
Eine solche intensive Auseinandersetzung eines Architekten mit dem Industriebau ist eher selten. Meist steckt dann bereits eine ausgefeilte Marketingstrategie darunter, der Unternehmer verkauft mit seinen Firmengebäuden auch Corporate Identity. „In früheren Jahrhunderten war das anders: selbst Industriebauten hatten repräsentativ zu sein, ihre Fassaden waren gegliedert, Türen architektonisch ausformuliert und Fenster an den Fassaden dort, wo sie harmonisch ins Bild paßten”, skizziert Sepp Müller ein Bild des ihm vertrauten großgewerblichen Selbstverständnisses, das in den alten Gebäuden seinen Ausdruck findet. Ob diese Fenster blind waren oder nicht, interessierte niemand, und die hohe Qualität des Backsteinmauerwerks führt dazu, daß noch viele dieser Anlagen adaptiert, umgebaut oder als Museen genutzt werden können.
Der Großteil solcher Bauten muß sich seinen Fortbestand durch eine laufende Produktion sichern oder aber er muß zeitgemäßeren Hüllen Platz zu machen. Umbauten sind eine reizvolle Aufgabe für Ingenieure, die sich dafür mit moderner industrieller Fertigungstechnologie und der alten Bausubstanz auseinandersetzen müssen. Maschinen werden immer kleiner und kompakter, für gestalterischen Eigensinn gibt es wenig Baum. Die Funktion, der reibungslose Ablauf der diversen Produktionen, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an neue Entwicklungen zählen.
Sepp Müller entspricht diesem Anforderungsprofil, immer schon war er konstruktiv veranlagt, der Industriebau ist für den perfekten Organisator ein ideales Betätigungsfeld. Das Büro Müller zeichnet für die Bauabwicklung vieler prominenter Kollegen wie Hans Hollein, Gustav Peicnl oder selbst Boland Bai-ner verantwortlich. Das Büro Müller plante den Werksneubau der Firma
Bömerquelle, der - in grün und blau gehalten - an die Mineralwasserflasche erinnert. Oder Werksgebäude für die PWA-Ortmann Papiermaschine, bei der das Hochregalfertigwarenlager Anwendung fand.
Ein Musterbeispiel von Expansion und veränderten Produktionsbedingungen ist die Papierfabrik Laakir-chen/OÖ, deren gesamtes Werk in den Jahren 1976-1987 ausgebaut wurde. Die Verarbeitung der Falzware, ein rechengesteuertes Hochregallager, die Materialflußpla-nung im Fertigwarenbereich, der Umbau einer Papiermaschine und die Erweiterung der Hochregallager sind nur einige Stationen dieses Ausbaus. Die Verbandstoffabrik Ortmann stellte den Planer vor die Anforderung nach absoluter Sterilität.
Immer öfter sind Industriebauten mit Büros, Forschungs- und Entwicklungsabteilungen verknüpft. Im pharmazeutischen Großhandel der Firma Kwizda lugt das Büro schief und frech und gläsern im Obergeschoß aus dem riesigen Industrierechteck hervor, und kann so auch einen Eingangsbereich formulieren. Lieblingsbau des Architekten selbst ist und bleibt allerdings das österreichische Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien, das unter dem transparenten Stiegen- und Aufzugskubus den Ingenieurbau birgt: einen Tiefspeicher. Müllers neue Eissporthalle in Kagran zeigt, daß man auch in Österreich lernt, mit dem Stahlbau gekonnt umzugehen.
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