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Siedlungstätigkeit im Stadtgebiet

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Glückliche Familien im Eigenheim, gesunde, spielende Kinder im Grünen, blühende Bäume und Sträucher — Bilder strahlender Zufriedenheit und Hoffnung — ist dies nicht ein Widerspruch zu der Vorstellung einer Stadt mit geschlossenen, engen Häuserreihen und in den Himmel ragenden Hochhäusern? Die 41.409 Hektar umfassende Fläche des Wiener Stadtgebietes ermöglichte auch die Errichtung von Siedlungsanlagen. So weist die Statistik über das Bau- und Wohnungswesen in Wien neben 30.804 Miethäusern, 859 Wohnbaracken, 1483 landwirtschaftlichen Wohnhäusern auch 34.146 Eigenheime auf. Von diesen insgesamt 67.292 benutzbaren Häusern stehen 53.007 im Eigentum von natürlichen Personen. Dazu kommen noch 4719 Ausländern gehörige Häuser. Der Bund scheint bei diesen Wohnhäusern 1060mal und die Gemeinde Wien 5850mal als Eigentümer auf.

Die Siedlungstätigkeit nimmt auch in dem Wohnbauprogramm der Gemeinde Wien einen breiten Rahmen ein. So wurden bis 1958 auf städtischem Grund 149 Siedlungsanlagen mit 6055 Siedlungshäusern errichtet. Die Gemeinde Wien stellte hierfür eine Grundfläche von 5,194.908 m2 zur Verfügung. Mit Unterstützung der Gemeindeverwaltung wurden auch verschiedene Wohnsiedlungen, Baurechtssiedlungen und Kleinsiedlungen geschaffen. So stehen heute in der Verwaltung der Mag. Abt. 52 in den Wohnsiedlungen 4583 Gebäude mit 7299 Wohnungen und 249 Geschäften, in den Baurechtssiedlungen 3740 Gebäude mit 8342 Wohnungen und 135 Geschäften und in den Kleinsiedlungen 715 Gebäude mit 716 Wohnungen und 215 Geschäften. Dazu kommen noch 1600 Pachtstellen mit 1581 Wohnungen und 32 Geschäften.

Die Gründung des „Kaiser-Franz-Joseph-Jubiläumsfonds“ im Jahre 1908, welche beträchtliche Kredite zur Förderung der Wohnbautätigkeit minderbemittelter Bevölkerungsschichten zur Verfügung stellte und die den Grundstock für den noch heute bestehenden Bundes-Wohn-und Siedlungsfonds bildet, regte eine Reihe von Wohnungsnotleidenden zur Selbsthilfe an. Sie schlössen sich in Bau- und Siedlungsgenossenschaften zusammen, um ihre Wohnungsnot zu beseitigen. Diese Bau- und Siedlungsgenossenschaften entfalteten auch im städtischen Siedlungsraum eine rege Tätigkeit, die zur Errichtung von vielen Wohnanlagen, aber auch von Siedlungen führte.

Zu den bedeutendsten dieser Genossenschaften ist die im Jahre 1912 von christlichen Arbeiterführern gegründete Bau- und Siedlungsgenossenschaft „Heim“ zu erwähnen. Die zum Teil auf Baurechtsgründen des Schottenstiftes 1921 begonnene „Starchant“-Siedlung ist heute zu einer Gartenstadt mit 70 Einfamilienhäusern, 11 Zweifamilienhäusern, geworden, in der 309 Wohnungen, 6 Geschäftslokale und 2 Großgaragen Platz gefunden haben. Die in diesem Siedlungsraum zusammengefaßten Familien Haben neben einem bedeutenden persönlichen Beitrag zur Linderung der Wohnungsnot eine starke kulturelle Tätigkeit entwickelt und so dieses Siedlungsgebiet zu einem wertvollen Lebens- und Kulturzentrum im Wiener Siedlungsraum gestaltet.

Die im Jahre 1923 gegründete Siedlungsgenossenschaft geistiger Arbeiter erhielt vom Benediktinerstift St. Peter in Salzburg in Neu-waldegg 297 Grundparzellen. Auf diesem Siedlungsgelände wurden unter persönlichen Opfern von den Wohnungsinteressierten Eigenheime errichtet. Auch dieses Siedlungsgebiet, das aus privater Initiative heraus errichtet wurde, bildet heute ein lebendiges Kulturzentrum am Wiener Stadtrand.

Zu einer großzügigen und sozial ausgerichteten Wohn- und Siedlungspolitik gehört auch im städtischen Raum ein vertiefter Ausbau der Siedlungstätigkeit. Das hastende und nervenstörende Treiben der Großstadt verlangt nach gesunden Siedlungen, nach Sonne und frischer Luft. Nur in einem solchen Lebensraum können gesunde Kinder heranwachsen. Das Eigenheim im Grünen ist der Lebensraum für freie Menschen, die allen Verlockungen und Gefahren des Kollektivs trotzen. Das persönliche Eigentum der Familien an ihren Heimen gibt die sichere Gewähr für die Erhaltung der persönlichen Freiheit und sozialen Sicherheit. Daher ist die Förderung des Siedlungs- und Eigenheimgedankens, besonders im Wiener Stadtraum, eine sozial vordringliche Aufgabe aller Verantwortlichen. Aufgabe der Wiener Stadtverwaltung muß es dabei sein, durch großzügige Beistellung des notwendigen Baugeländes, durch Übernahme und Leistung der erforderlichen Aufschließungsarbeiten die private Initiative aller Siedlungswilligen weitgehend zu unterstützen und die Durchführung der Wohnbauprojekte für die noch wohnungsnotleidenden Familien zu ermöglichen.

Die öffentliche Förderung durch Zuteilung auch für minderbemittelte und kinderreiche Familien tragbarer Baukredite und die Gewährung von steuerlichen Begünstigungen wird die Siedlungstätigkeit wesentlich fördern. In diesem Rahmen soll auch nicht die Wohnraumbeschaffung für junge Ehepaare unbeachtet bleiben. Die in jüngster Zeit aus privater Initiative heraus aufgenommene Aktion des „Jugendwohnsparens“ wird manchem jungen Ehepaar den sicheren Weg zu einem Eigenheim, zu einer Familiengründung und zu einer naturgemäßen Gestaltung des Familienlebens führen.

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