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Slowenisch bei den höheren Instanzen

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Bei den höheren Instanzen ist, mit Ausnahme beim Handels- und Genossenschaftsregister, wo sich die Slowenen mittels einer Rekursentscheidung des Oberlandesgerichtes Graz55 die Zulassung des Slowenischen erzwangen (Eintragung ins Register beim Landesgericht Klagenfurt), Slowenisch als Gerichtssprache nicht zugelassen. Der Bedarf hiefür ist, soweit Anwaltszwang besteht, tatsächlich nicht vorhanden, da ja jeder Anwalt in Österreich zufolge zwingender Rechtsvorschrift (Prüfungsordnung) die Staatssprache voll beherrschen muß. Es gibt einige nationalslowenische Anwälte.

Wollte man der slowenischen Minderheit in Kärnten im Gerichtssprachenbereich entgegenkommen, so könnte eine zu ihren Gunsten vorzunehmende Neufestsetzung der Grenzen der Gerichtsbezirke sowohl den Hundertsatz der slowenischen Sprachzugehörigen des Bezirkes wie auch die Zahl der doppelsprachigen Bezirksgerichte hinaufsetzen.' Heute gehören nämlich eine ganze Reihe Gemeinden zum Gerichtsbezirk Villach oder zum Gerichtsbezirk Klagenfurt, in welchen Bezirken die Slowenen insgesamt nie auch nur annähernd zu einem Prozentsatz von 10 Prozent ausreichen. So bleiben stark slowenische Orte wie Radsberg, Fürnitz, Achomitz, Latschach, Ober- und Unteraichwald, Goritsch-ach, Tuzach, Rottmannsdorf, Lud-mannsdorf oder Mieger bei erdrük-kend mehrheitlich deutschen Gerichtsbezirken und können ohne grundlegende Reform der Gerichtssprengeleinteilung nie auf gleichberechtigte Behandlung mit den vielleicht weniger stark von Slowenen besiedelten Nachbardörfern in einem Bezirk mit anerkannter slowenischer Gerichtssprache hoffen. Das Kärntner Gerichtssprachengesetz muß da zu wenig durchdacht worden sein.

Die Berücksichtigung des Slowenischen vor Verwaltungsbehörden ist trotz Art. 7 des Staatsvertrages bisher nicht verwirklicht. Ein „Minderheitenverwaltungsamtsspra-chegesetz“ (welch ein Wortungetüm!)58 wurde 1960 im Parlament eingebracht, scheiterte am Widerstand der deutschkärntnerischen Befürworter einer vorherigen amtlichen Minderheitenfeststellung, aber auch an seiner legistischen Unzulänglichkeit und Unklarheit. Daher gibt es heute keine einzige Gemeinde in Kärnten, deren Gemeindebehörde slowenische Eingaben annehmen oder in Slowenisch erledigen muß. Wenn man von einer 20prozentigen Mindestzahl von Sprachslowenen (einschl. „Windischen“) als Voraussetzung für die Berücksichtigung der Minderheitssprache bei der Gemeindeverwaltung ausgeht, was wohl als angemessen zu werten wäre, so wäre zweisprachig zu amtieren in folgenden Gemeinden: Feistritz i. R., Keutschach, Rottmannsdorf, Ludmanns-dorf, Mieger, Radsberg, St. Margarethen i. R., Schiefling, Unterferlach (heute aufgehoben), Weizelsdorf, Windisch-Bleiberg, Zell, Augsdorf, Feistritz/Gail, Ledenitzen, St. Jakob i. R., Diex, Eberndorf, Eisenkappel, Feistritz ob Bl., Globasnitz, Loibach (heute bei Bleiburg, das durch die Eingemeindung einschließlich jener mit Moos überwiegend slowenisch geworden ist), Neuhaus, Rüden, St. Kanzian, Sittersdorf, Vellach (jetzt bei Eisenkappel). Natürlich müßten, wie dies ja dem Staatsvertrag entspricht, dann in diesen Gemeinden oder (Moos, Unterferlach, Loibach, Trögern, Vellach usw.) in den slowenischen Ortsteilen (Fraktionen) doppelsprachige Beschriftung auf Ortstafeln und Amtsgebäuden vorgesehen und durchgeführt werden. Was kann es Österreich schon ausmachen, bei den Ortstafeln ein wenig Entgegenkommen zu bekunden? So gibt es heute nur gelegentlich an Schulhäusern (Trögern, Lud-mannsdorf) oder auf privaten Häusern auch slowenische Aufschriften.

Ob und inwieweit bei Bezirksverwaltungsbehörden, Agrarbehörden usw. slowenische Eingaben zulässig sein sollen, ergibt sich aus dem Gesagten. Für die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt müßte so etwas selbstverständlich sein (12.791 Sprachslowenen bei 40.883 Einwohnern), ebenso bei der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land (7516 von 32.488), ausgenommen deren Expositur Feldkirchen i. K., während im Bezirk Villach-Land (4787 von 33.694) die Frage etwas schwieriger ist.

Bei den Kammern ist übrigens Slowenisch via facti zugelassen, ebenso bei den Wahlbehörden für das gemischtsprachige Gebiet.

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