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„Trigon 69“

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Der „Steirische Herbst“, der in der Zeit vom 4. bis 31. Oktober eine ansehnliche Reihe von Ausstellungen, Vorträgen, Konzerten und Theateraufführungen umfaßt, ist im Laufe der Jahre zu einem „Gegenwarts- Festival" geworden, das seine Tore weit öffnet und versucht, in universeller Zusammenfassung eine Bestandsaufnahme der Kultur der Gegenwart und mögliche Perspektiven einer zukünftigen Entwicklung aufzuzeigen. Graz ist dadurch zu einem geistigen Mittelpunkt aufgestiegen. Man ist geneigt, an jene Zeit der späten Renaissance zu denken, als es Hauptstadt Innerösterreichs war und seine politische und kulturelle Mission sich auf eben jenen Raum erstreckte, der auch geographisch der „Dreiländerbiennale" zugrundeliegt. Graz, das lange Jahre durch seine Lage im „Blinddarm Österreichs“ gegenüber anderen Landeshauptstädten benachteiligt zu sein schien, die durch Festspiele internationale Bedeutung erlangt hatten, ist dadurch, zumindest geistig, wieder zu einem Mittelpunkt geworden, in dem sich die schöpferischen Kräfte der Steiermark mit jenen des oberitalienischen und des südslavischen Raumes begegnen.

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Der „Steirische Herbst“, der in der Zeit vom 4. bis 31. Oktober eine ansehnliche Reihe von Ausstellungen, Vorträgen, Konzerten und Theateraufführungen umfaßt, ist im Laufe der Jahre zu einem „Gegenwarts- Festival" geworden, das seine Tore weit öffnet und versucht, in universeller Zusammenfassung eine Bestandsaufnahme der Kultur der Gegenwart und mögliche Perspektiven einer zukünftigen Entwicklung aufzuzeigen. Graz ist dadurch zu einem geistigen Mittelpunkt aufgestiegen. Man ist geneigt, an jene Zeit der späten Renaissance zu denken, als es Hauptstadt Innerösterreichs war und seine politische und kulturelle Mission sich auf eben jenen Raum erstreckte, der auch geographisch der „Dreiländerbiennale" zugrundeliegt. Graz, das lange Jahre durch seine Lage im „Blinddarm Österreichs“ gegenüber anderen Landeshauptstädten benachteiligt zu sein schien, die durch Festspiele internationale Bedeutung erlangt hatten, ist dadurch, zumindest geistig, wieder zu einem Mittelpunkt geworden, in dem sich die schöpferischen Kräfte der Steiermark mit jenen des oberitalienischen und des südslavischen Raumes begegnen.

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„Dadurch — so betonte Landeshauptmannstellvertreter Universitätsprofessor Dr. Koren, dessen großer Initiative es gelang, trotz vieler Widerstände von außen und innen, der Idee des „Steirischen Herbstes“ in immer größerem Maße zum Durchbruch zu verhelfen — unterscheide sich der Steirische Herbst von allen übrigen Festivals, daß in der Wechselwirkung zwischen eigener schöpferischer Kraft des Landes und der Begegnung mit der Welt immer wieder die Probe aufs Exempel gemacht werde mit einem großen Thema, das ins ganze Jahr hinein anregend sein sollte: ,Die Zukunft als Wille und Vorstellung“.“ Unter diesem Grundthema stehen die Vorträge im Schloß Eggenberg, die von einer Reihe namhafter Wissenschaftler und Künstler des In- und Auslandes gehalten werden, und unter diesem Motto stehen auch die künstlerischen Veranstaltungen, von denen als erste „trigon 69“ im Künstlerhaus zu nennen ist.

Die Ausstellung ist primär einem offenen Ideenwettbewerb gewidmet, an dem sich Baukünstler aus Italien, Jugoslawien und Österreich beteiligten und der Gedanken, Überlegungen und Vorschläge sowie Projekte zur Architektur der Zukunft erbringen sollte.

Der internationalen Wettbewerbs- Jury gehörten unter dem Vorsitz von Landeshauptmann-Stellvertreter

Dr. Koren, Professor Umbro Apollonia (Venedig), Architektin Franca Helg (Mailand), Dr. Katja Ambrozic (Belgrad), Prof. Edo Raunikar (Laibach), Prof. Max Bill (Zürich), Professor Friedrich St. Florian(Providence, Conn. USA), Rolf-Günther Dienst (Baden-Baden), Architekt Friedrich Kurrent (Wien) und Doktor Wilfried Skreiner (Graz), an.

Preise erhielten der Agramer Radovan Delalle, die Turiner Leonardo Mosso und Laura Mosso-Castagno, das Florentiner Studio Adolfo Nada-

lini, Christiano Toraldo, Piero Frasi- nelli und Roberto Magris, die Berliner Planungsgruppe Barna von Sartory und Georg Kohlmaier, der Grazer Hans Peter Schlosser und die Wiener Johann Georg Gsteu und Peter Nigst. Andere nicht prämiierte Projekte stammen von Ekkehard Anderles, Hans Bischofshausen, Domenig + Huth, Gratl + Haas, Angela Hareiter, Hans Hollein, Kapfhammer + Hosp + Völkl, Mauracher 4- Kriesche, Jorrit Torn- quist, Romano Perussini und Giovanni Sokol.

Dem Pluralismus der Gegenwart entsprechend zeigt die Schau eine Vielfalt von Lösungen, mit deren geistiger Grundlage sich die Projek tanten intensiv auseinandergesetzt haben.

Von terrassenartigen Formen einer „Urbauarchitektur“ (Delalle) über die Gestaltung einer „programmierten Territoriums-Stadt“ (Mosso), dem „Container-Projekt“ (Sartory- Kohlmaier), der „Stadt als Berg“ (Schlosser), mathematisch definierte Flächen und Körper als Ausgangspunkt plastischer Urbanisation (Gsteu) bis zum architektonischen Modell einer „totalen Urbanisation“ (Studio Florenz) sowie zahlreicher anderer reicht die Skala von Visionen einer kommenden Architektur und Städteplanung.

Bei diesen Planungen geht es nicht um „utopische Architektur“, sondern realistisch um die Frage nach dem Weltbild des Jahres 2000, um eine Realistik, die sich aus konkreten Notwendigkeiten wie Bevölkerungszuwachs, Raumenge, Verkehrsdichte usw. ergeben.

Beachtlich ist auch die räumliche Gestaltung der Ausstellung, die aus dem „biederen“, äußerst unglücklich geplanten Grazer Künstlerhaus ein Optimum herausholte. Der Innenraum, den man durch dunkle Schleusen betritt, erscheint völlig verwandelt. Man ist geneigt, an moderne Bühnenbildner zu denken, die mit einfachsten Mitteln und Einbeziehung der technischen Apparatur des Bühnenraumes große Wirkungen erzielen. Durch Abheben der Decke ist die Stahlfachwerkskonstruktion freigelegt, die gegen den sprichwörtlich tiefblauen Himmel des steirischen Herbstes in Silhouettenkontrast steht. Auf der Konstruktion sind die Exponate aufgehängt, ein schiefer Boden, mit grünem Teppich bezogen, erhöht die bühnenartige Wirkung. Die Kombination von realistischen Wettbewerbsprojekten mit „Schockeffekten“ ist äußerst gelungen.

Zur Gestaltung wurde eine eigene Planungsgruppe von jungen Architekten berufen, der hauptsächlich Assistenten sowie ehemalige oder gegenwärtige Hörer der Architekturschule der Grazer Technischen Hochschule angehören, so unter anderen Architekt Dipl.-Ing. Eugen Gross, Dipl.-Ing. Jörg Mayer, Dipl.-Ing. Herbert Missoni, cand. arch. Hellmut Strobl, akad. Maler Prof. Richard Kriesche.

In dem Leiter der „Neuen Galerie“, DDr. Wilfried Skreiner, stand den Veranstaltern ein unermüdlicher Helfer und Mitgestalter zur Verfügung, der bei dieser Trigon- Ausstellung alle Erfahrungen der vergangenen Jahre in den Dienst der Sache stellen konnte, ebenso wie Intendant Emil Breisach für das Festspielprogramm.

Nicht unerwähnt darf der inhaltlich und graphisch hervorragend gestaltete Katalog bleiben, dessen Layouts von Horst Georg Haberl stammen. Es gehört zur Tradition der „trigon“- Veranstaltungen, daß in ihrem Rahmen eine „Personalausstellung“ maßgebender steirischer Künstler stattfindet. Die Wahl fiel in diesem Jahr auf Heinz Leinfellner, dessen bedeutendes plastisches und graphisches Oeuvre im frühbarocken

Arkadenhof des Schlosses Eggenberg zur Aufstellung gelangte.

Wie bei der Eröffnung dieser Ausstellung hervorgehoben wurde, ist das Werk Leinfellners als „Brückenschlag“ vergangener Epochen zur Gegenwart und Zukunft in die Dreiländerbiennale aufgenommen worden. Tatsächlich finden sich Anklänge, die bis auf die Antike zurückreichen, aber auch sein Lehrer Hanak, Maillol und Renoir bis zu Wotruba und Henry Moore haben Spuren in dem Werk Leinfellners hinterlassen. Der geborene Grazer, dessen Eltern aus Slowenien stammen, hat — besonders mit jenen Werken, die als eigenständiger Beitrag zur modernen Kunst gewertet werden können — durch diese Ausstellung die gebührende Würdigung erfahren.

Die „Neue Galerie“ des Landesmuseums Joanneum präsentiert das Ergebnis der „Retzhofer Malerwochen“, Werke der Italiener Ugo La Pietra, Sandro de Alexandris, Marcolini Gandini, Nino Malfatti und Angelo Giorgio Teardo, der Jugoslawen Zmagoslov Jeray, Nada Pruvoliį, Boris Bucdn und der Österreicher Peter Krawagna, Arnulf Rainer, Robert Lettner und Eiga Maly.

Die Räume des „Forum Stadtpark"sind der Graphik gewidmet. Hier wurden über 500 Arbeiten eingereicht. Preisträger sind Nino Malfatti, Othmar Zedyr, Adolf Frohner, Mario Decleva und Ewald Wolf- Schönach.

Einen besonders guten Einfall hatte der neue Generaldirektor der „Styria“, Dr. Sassmann, in den erweiterten und neu gestalteten Räumen der „Galerie Moser“ unter dem Titel „Secession Graz international“ Arbeiten von drei großen Mitgliedern der Grazer Secession auszustellen: Wilhelm Thöny, des Begründers der Secession Graz, der mit äußerst subtilen Graphiken vertreten ist, Kurt Weber, dem hervorragenden Kunstpädagogen, dessen Ölbilder und Graphiken von neuem faszinieren, und Vivian Oviette, der Schülerin Lėgers, die nach langen Jahren des Aufenthaltes in Paris und New York ihre Zelte wieder in Graz aufgeschlagen hat und der aus dem Themenkreis des „schreitenden Menschen“ höchst eindrucksvolle Blätter gelungen sind.

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