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WALTER GROPIUS / DER SCHÖPFER DES BAUHAUSES

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Künstler, Techniker und Presse gedachten vor kurzem des ersten Baumeisters der Sachlichkeit, des verstorbenen Peter Behrens, der vor hundert Jahren geboren wurde. Zu seinen Schülern gehörten die drei größten Architekten unserer Zeit, der Schweizer Le Corbusier (gestorben 1965), der Aachener Ludwig Mies van der Rohe und der Berliner Walter Gropius, der — nur fünfzehn Jahre jünger als der Altmeister — am 18. Mai 85 Jahre alt ist. Walter Gropius ist weltbekannt.

Der sehnige alte Mann mit seinen sinnenden Augen im zerfurchten Gesicht, der eher einem Philosophen als einem Techniker ähnelt, entstammt einer Familie, in der im 18. und 19. Jahrhundert Maler, Baumeister und Pädagogen häufig vertreten sind. Nach dem. sich Walter Gropius für den Architekten-Beruf, den auch sein Vater ausübte, entschieden und auf Studienreisen halb Europa gründlich kennengelernt hatte, trat er 24jährig in das Büro von Peter Behrens ein. Sein erstes markantes Bauwerk schuf er in Gemeinschaft mit dem aus der Eifel gebürtigen Adolf Meyer, die Fagus-Werke in Alfeld. Seinen Weltruf aber begründete das von ihm ins Leben gerufene „Bauhaus", Schule und bald auch Bewegung, dem Maler und Bildhauer von hohem Rang als Lehrer angehörten, wie Paul Klee, Wassily Mareks, Johannes Uten und Läszlö Moholy-Nagy (der später die Leitung von „The New Bauhaus" in Chicago übernahm).

Der Architekt, der auch Verfasser bedeutender theoretischer Bücher ist, schreibt: „Wir wollen den klaren organischen Bauleib schaffen, nackt und strahlend aus innerem Gesetz heraus, ohne Lügen und Verspieltheit, der unsere Welt der Maschinen, Drähte und Schnellfahrzeuge bejaht... Der neue Baugeist bedeutet: Überwindung der Trägheit, Ausgleich der Gegensätze.“ Zunächst galt es Theorie und Praxis zu vereinen, Geist und Materie zu versöhnen. Das Bauhaus-Manifest von 1919 in Weimar verkündet: ... es gibt keine Kunst von Beruf. Es gibt keinen Wesensunterschied zwischen dem Künstler und dem Handwerker. Der Künstler ist eine Steigerung des Handwerkers.“ Wie die alten Griechen den physischen Körper vergöttert hatten, so lehrt die neue Kultur die Bauhaus-Schüler den sozialen Körper zu erhöhen; alles Tun wird ein Sich-selbst-Erziehen. Die Architektur aber ist die Summe oder die Synthese aller Künste, ist der Gipfel, in dem alle künstlerischen Erfahrungen des Bauhauses von Walter Gropius zusammenlaufen.

Diese völlig neue Bewegung rief Gegner und erbitterte Feinde auf den Plan. Trotz einem Protest so bedeutender Männer wie Behrens, Einstein, Gerhart Hauptmann, Max Reinhardt, Hofmannsthal, Werfel, Kokoschka und anderer an die thüringische Landesregierung mußte die Bauhaus- Schule von Weimar 1925 nach Dessau übersiedeln, wo dann weitere bedeutende Bauwerke entstanden. Aber auch hier gab es Streit mit Behörden, bis der Banausengeschmack Hitlers zur Auflösung des Bauhauses (1933) und zur Auswanderung von Walter Gropius führte. In England, wohin er sich zunächst wandte, hinterließ er seine Spuren. Zu Anfang 1937 erhielt er eine Professur für Architektur an der Harvard-XJniversitüt in Cambridge (Massachusetts). Hier arbeitete er in Gemeinschaft mit dem künstlerisch hochbegabten Marcel Breuer, einem Deutsch- Ungarn, der ehemals die Werkstätte für Möbel am Bauhaus geleitet hatte. Von besonderer Bedeutung aber wird die Zusammenarbeit mit seinen Studenten der Harvard-Universität. Immer deutlicher gewinnt auf Gropius die Idee des Gemeinschaftswerkes sowie das Konzept des Städtebaus Einfluß; seine ausgesprochen soziale Epoche beginnt. Der Theo retiker in ihm geht von dem „design“ (Entwurf) aus, der ihm alles bedeutet. Von 1928 bis 1930 hatte er bereits in Berlin die Siedlung Siemensstadt und bei Karlsruhe die Dammerstock- Siedlung gebaut. Nun kommen , Arbeiterstädte wie bei Pittsburgh hinzu.

Zu seinen neuesten Meisterwerken gehört „Rosenthal am Rotbühl“ in der gleichen Stadt Selb, die neue Großanlage für die weltbekannte Porzellanfirma, nur vier Kilometer von der tschecho- slowakischen Grenze entfernt. Der soziale Zug seiner Eigenart tritt deutlich zutage; Menschen und Maschinen werden organisch in den Betriebsablauf integriert, aber der Gleichförmigkeit der Fließbandproduktion die Farbigkeit von Fliesenfeldern an den Wänden entgegengesetzt; sogar Tropenpflanzen mit weiß-rosa Flamingos werden in die Kon- ,. zeption einbezogen, wie auch sonst Palmgarten und Zoo dem modernen Menschen die Natur ersetzen. Was aber vor allem in der neuen Baumethode des alten, aber immer noch elastischen Architekten beeindruckt und seit langem stark auf Institute, Labors und . Universitäten eingewirkt hat, ist seine kollektive Tätigkeit, himmelweit von dem Kollektivismus unterschieden. Gropius, der mit der gegründeten Organisation TAC (The Architects Colla- .. borative) das Botschaftsgebäude der USA in Athen und die Universität in Bagdad baut und auch in Selb zusammenarbeitet, nennt diese Gemeinschaft „Teamwork der Individualisten“. Der ideale Lehrer, der er ist, hat mit Bauhaus und teamwork viel zur Veränderung des Angesichts der Welt beigetragen.

Ferdinand Demi dien, in denen Wettbewerbsbedingungen vorhanden sind, die private Konkurrenz überlegen ist.

Wohl steht es außer Streit, daß die städtischen Unternehmungen als relativ selbständige Betriebe immer noch wirtschaftlicher arbeiten, als dies im Rahmen der Rathausbürokratie jemals möglich wäre, allerdings vielfach nicht wirtschaftlich genug, um mit der Privatwirtschaft konkurrieren zu können.

Leider kann nicht überzeugend nachgewiesen werden, in welchem Ausmaß etwa die Gas- und E-Werke nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen vielleicht höhere Gewinne oder die Verkehrsbetriebe und die betriebsmäßig geführten Wasserwerke und Bäder vielleicht geringere Defizite bei gleichen Preisen erzielen könnten. Dennoch gibt die Tatsache nu denken, daß es in Österreich und vor allem in anderen Ländern zum Beispiel sogar auch finanziell aktive Verkehrsuntemehmungen gibt.

Natürlich wird die Gemeinde bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben aus sozialen Rücksichten nicht ohne Defizite durchkommen. Die Gemeinde Wien strebt aber seit Anfang 1967 mit einiger Konsequenz kostendeckende Tarife für echte kommunale Leistungen an: Durch insgesamt 28 Tariferhöhungen zwischen 1. Jänner 1967 und Ende April 1968 wurden die Gemeindeeinnahmen um rund 700 Millionen Schilling pro Jahr erhöht.

So berechtigt nun diese städtischen Preiserhöhungen angesichts ständig wachsender kommunaler Aufgaben sein mögen, so wenig Verständnis wird die Gemeinde Wien aber für diese Teuerung finden, wenn auf der anderen Seite direkt oder indirekt aus Steuermitteln die Verluste von „gemischtwirtschaftlichen“ Betrieben abgedeckt werden, deren Führung nicht im öffentlichen Interesse liegt und deren Aufgaben von der Privatwirtschaft besser erfüllt werden.

Auch kann es nicht im Interesse der Gemeinde sein, durch defizitäre Unternehmungen Privatbetriebe zu ruinieren und auf diese Weise neben dem Defizit des eigenen Betriebes auch noch den Verlust an Steuerkraft in Kauf zu nehmen.

Unverantwortbare Verluste

Bei der Gründung „gemischtwirtschaftlicher“ Unternehmungen geht die Gemeinde jedenfalls ein großes Risiko ein:

• Mit Steuergeld wird das Unternehmen ins Leben gerufen, vielleicht zur Erfüllung einer echten kommunalen Aufgabe.

• Nach kurzer Zeit ist dieses Unternehmen bestrebt, seine wirtschaftliche Lage durch Ausweitung des Tätigkeitsbereiches zu verbessern, meistens in den privatwirtschaftlichen „Zuständigkeitsbereich.“ Das kostet wieder Steuergeld.

• Gerät dieses Unternehmen etwa durch Änderung der Marktverhältnisse in Not, erlaubt die Bürokratie nur schleppend eine Anpassung durch Umstellung oder Auflösung des Betriebes. Man verlangt eher, die Gemeinde möge neuerlich mit Steuergeld einspringen.

• Ein Ausgleich oder Konkurs wird aus Rücksicht auf das Ansehen Wiens grundsätzlich abgelehnt.

Wie schwer es der Gemeinde Wien fällt, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, zeigen deutlich die großen bisherigen Mißerfolge mit „gemischtwirtschaftlichen“ Betrieben, die über den kommunalen Aufgabenbereich weit hdnausgingen:

• 1949 wurden durch die städtische KIBA-Kinogesellschaft mit dem Regisseur G. W. Papst vier Filme mit Gesamtkosten von rund neun Millionen Schilling hergestellt, die jedoch nur 866.000 Schilling einspielten. Mit der Liquidierung der Papst- KIBA-Film wartete man allerdings bis 1958, so daß auch die schwachen Einspielergebnisse aufgezehrt waren und die Gemeinde auf Grund der Ausfallshaftung den Gesamtverlust von rund neun Millionen Schilling aus der Stadtkasse abdecken mußte.

• Das Brauhaus der Stadt Wien mußte am 17. Juli 1959 abgestoßen werden. Der Verkaufsgewinn war im Vergleich zu den enormen Investitionen relativ gering. Die Gemeinde hatte nämlich das Stammkapital des Brauhauses im Laufe der Jahre auf 25 Millionen Schilling aufgestockt, so daß die Produktionskapazität auf 300.000 Hektoliter pro Jahr erhöht wurde, obwohl nur die Hälfte verkauft werden konnte.

• Die Wiener Fleischwerke AG, an der die Gemeinde über die österreichische Viehverwertungsgesellschaft zu 50 Prozent beteiligt war, wies nach Investitionen von rund 65 Millionen Schilling innerhalb von zwölf Jahren am Verkaufstag, dem 31. August 1964, einen Verlust von nahezu 70 Millionen Schilling aus, der zur Hälfte durch die Stadt Wien abgedeckt werden mußte. Schon vorher waren die 38 Filialen der Fleischwerke um nur neun Millionen Schilling an einen Geflügelhändler verkauft worden.

• Und an die Stadthallenfilmpleite wird man noch bis zum Jahre 1995 erinnert werden, denn erst dann wird der 123-Millionen-Kredit zur Abdeckung der Filmschulden mit Zinsen und Kosten von weiteren 126 Millionen zurückgezahlt sein.

Angesichts drohender neuer Verluste wird die Gemeinde Wien wohl ihre „gemischtwirtschaftlichen“

Betriebe einer eingehenden Kontrolle unterziehen müssen und in Zukunft besser die Finger von „Profitaktionen“ lassen, die eine Gemeinde nichts angehen. Seit 1945 hat die Stadt Wien etwa 1,2 Milliarden Schilling für Beteiligungen ausgegeben, doch nicht einmal zehn Prozent dieser Summe flössen in die Stadtkasse zurück. Nur ein fundiertes kommunalwirtschaftliches Konzept kann die Gemeinde vor weiteren Verlusten, die sie nicht verantworten kann, bewahren.

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