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Wie suf ist das Wasser in Israel?

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Israels Entwicklungsminister, Joseph Almogi, umarmte den Verfasser vor Rührung und rief begeistert: „Das Wasser schmeckt wie Wein!“ Mit jedem der Anwesenden auf der Pressekonferenz stieß er nochmals und nochmals sein Glas an und trank auf die Versüßung des Wassers in Israel. Es herrschte eine Stimmung, als ob bereits einige Fässer Wein und Schnaps verzapft worden wären, denn wir tranken das erste versüßte Meerwasser, das durch einen industriellen Prozeß in Israel gewonnen wurde.

Dieser Tage wurde in der südlichsten Stadt Israels, in Eilath am Roten Meer, das erste Wasserver-süßungswerk in Betrieb gesetzt, das zirka 250 Kubikmeter Meerwasser pro Tag versüßt. Drei weitere „Was-serversüßungseinheiten“ werden in einigen Tagen in Betrieb genommen, so daß diese Stadt bereits 20 Prozent ihres Wasserverbrauchs direkt vom Roten Meer beziehen wird. Es handelt sich hierbei um ein neues Wasserversüßungsverfah-ren, das die konventionelle Wasserversüßung verbilligen soll. Im allgemeinen wurde bisher das Wasser destilliert, was heißt, das Wasser wurde verdampft; der Salz- und Mineralgehalt blieb zurück, und der abgekühlte Wasserdampf ergab destilliertes Wasser. Die Methode ist zwar einfach, doch der Brennstoffverbrauch so groß, daß ein Kubikmeter Wasser nach diesem Verfahren zirka sechs bis sieben israelische Pfund, also 50 Prozent des Tageslohnes eines gelernten Arbeiters entspricht.

Dr. Alexander Zarchin, der Erfinder des neuen Wasserversüßungs-verfahrens, wandte die Wasser-versüßung durch Einfrierung an. Diese Methode ist bereits vor Tausenden von Jahren bei den Eskimos am Nordpol entdeckt worden. Sie versorgten sich mit Wasser, indem sie die Eisklumpen des Eismeeres zum Schmelzen brachten, wobei das Salz und die anderen Mineralien nicht einfroren und das Eis mehr oder weniger süßes Wasser enthielt.

Dr. Zarchin entwickelte besondere Kompressoren, in denen das Wasser im Vakuum verdampft und wieder abgekühlt wird. Dadurch entsteht eine bedeutende Wärmeeinsparung, die das Verfahren verbilligt. Das Verfahren ist ziemlich kompliziert, da die Herstellung von Kompressoren, die erst zum Einfrierungs-verfahren führen, aus besonderem Material hergestellt werden mußte, um sie standhaft zu machen und diese Art von Wasserversüßung zu verbilligen. Die amerikanische Firma Fairbanks Whitney ist an dem Herstellungsprozeß nach dieser Methode beteiligt und begann bereits, „Wasserversüßungseinheiten“ für den Weltmarkt herzustellen. Erst in einigen Jahren wird es sich herausstellen, ob dieses Verfahren wirklich billiger ist.

Das Wasserversüßungsproblem ist in Israel besonders akut, da mit der Inbetriebnahme des Jordan-Negew-Projektes zirka 90 Prozent des israelischen Wasserpotentials verbraucht wird. Um das Land weiterzuentwickeln, werden daher in den nächsten zehn Jahren zirka 250 Millionen Kubikmeter Wasser über das heutige Wasserpotential Israels hinaus benötigt werden.

In Israel will man neben den elektrischen Kraftstationen, die neu errichtet werden, Wasserversüßungseinheiten installieren. Aus diesem Grund sollen in Zukunft neue israelische Kraftwerke nur an der Meeresküste errichtet werden. Doch wurde noch keine Lösung in dieser Hinsicht gefunden, da man nur einen Teil der benötigten Wärme von dem Wärmeverschleiß dieser Kraftstation erhalten kann.

Man versuchte, im Negew eine andere Wasserversüßungsmethode mit Hilfe von Elektrolyse anzuwenden. Es stellte sich bereits heraus, daß diese Methode in der israelischen Wüste Arawa wirtschaftlich angewendet werden kann. Doch handelt es sich dabei nicht um Versüßung von Meerwasser, sondern nur um Verminderung des Salzgehaltes der Wüsterabrunnen, die im allgemeinen kein reines Süßwasser enthalten.

Ein drittes Wasserversüßungs-verfahren wird zur Zeit in Beer Schewa, der Hauptstadt des Negews, entwickelt. Man will hierbei die solare Energie anwenden. Israelische Wissenschaftler beriefen sich auf die Sonnenenergie, nachdem festgestellt wurde, daß in jedem Sommer im Kinereth See zirka 250 Millionen Kubikmeter Süßwasser verdunsten. Doch ist dieses Verfahren noch nicht wirtschaftlich anwendbar, da es sehr schwer ist, die solare Energie zu konzentrieren.

Amerikas Staatspräsident, Lyndon Johnson, erklärte vor einiger Zeit in New York, daß Amerika israelische Wissenschaftler bei dem Wasserversüßungsprozeß mit Hilfe von Atomenergie beteiligen wird. Diese Erklärung setzte die Iraelis in großes Erstaunen, denn sie kam unverhofft und unerwartet. Israel besitzt zwei Atomreaktoren, von denen der eine bereits in Betrieb genommen wurde und der andere erst in einigen Jahren betriebsreif sein wird. Beide Reaktoren dienen nur zu Forschungszwecken und eignen sich nicht zur wirtschaftlichen Energiegewinnung. Aus diesem Grund sieht man in der Erklärung Johnsons mehr ein Lied der Zukunft oder einen allgemeinen Freundschaftsbeweis. Bis heute ist es noch nirgends gelungen, Wasser mit Hilfe von Atomenergie zu versüßen. Es besteht nur eine Möglichkeit, ein Riesenatomprojekt zu errichten, das billigen elektrischen Strom herstellt. Solch ein Kraftwerk könnte auch das Meerwasser auf billige Art versüßen. Doch ist Israel viel zu klein, um eine derartige Kraftanlage zu errichten und ausnützen zu können.

Die Lösung bestünde in Errichtung eines solchen Kraftwerks für Israel und seine Nachbarstaaten zusammen. In der Zwischenzeit arbeiten israelische und amerikanische Wissenschaftler an solch einem Projekt und hoffen, es eines Tages verwirklichen zu können.

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