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Wirtschaft und W achstum

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Die gewerbliche Wirtschaft des Landes, die nläßlich der 16. Export- und Mustermesse in erster Linie durch die Textilindustrie als ihrer vornehmsten Repräsentantin eine eindrucksvolle Leistungsschau bietet, wird wie anderswo durch den Boden und ihre Bewohner bestimmt. War es im vergangenen Jahrhundert der verhältnismäßig karge Boden des Landes, der die industrielle Entwicklung des Landes einleitete und die Menschen zu hartem Arbeiten zwang, so zeigt die Bevölkerungszunahme seit dem Ende des zweiten Weltkrieges die Ursache und zugleich die Wirkung der wirtschaftlichen Entwicklung während der vergangenen 19 Jahre. Die Zahl der 186.400 Einwohner des Landes im Sommer 1945 ist auf 243.705 Ende 1963 angewachsen. Das bedeutet eine Bevölkerungszunahme von 57.305 Menschen oder 31 Prozent der Bevölkerung von 1945. Die durchschnittliche jährliche Zuwachsrate von 1,7 Prozent ist im Jahre 1963 mit 4611 Personen auf 1,9 Prozent angestiegen. Damit steht der Bevölkerungszuwachs in Vorarlberg, gemessen am Anteil der Bevölkerung des Landes an der Bevölkerung des ganzen Staates, weit höher als die durchschnittliche Bevölkerungszunahme in ganz Österreich. Dabei handelt es sich in erster Linie immerhin um echten Geburtenüberschuß.

Dazu kommt, daß sich etwa 60 Prozent der Bevölkerung und der wirtschaftlichen Unternehmen ,iro Vorarlberger Rheintal befinden, das nur rund ein Zehntel der’ lftäche dės ‘STOO Quadratkilometer großWi Landes ri.erstellt. In diesem Tal gibt es Gemeinden, deren Wohnbevölkerung ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit nach bereits zu 80 Prozent zur gewerblichen Wirtschaft zählt.

Diese Entwicklung bedeutet zugleich ein Wirtschaftsleben von einer Dynamik, die auch größeren Wirtschaftsräumen in nichts nachsteht.

Die Vorarlberger Industrie hat im Jahre 1963 einen Bruttoproduktionswert von fast 6 Milliarden Schilling erreicht, der um 9 Prozent über dem Vergleichswert des Jahres liegt. Davon fallen auf die Textilindustrie einschließlich Stickereiindustrie allein 3915 Millionen Schilling. Im einzelnen wurden im Jahre 1963 von den Vorarlberger Baumwollspinnereien 13.322 Tonnen Garne gesponnen, was einem Anteil von 32,1 Prozent an der gesamtösterreichischen Produktion entspricht.

Die Baumwollwebereien fertigten im gleichen Jahr 57,620.000 Meter Gewebe an. Die Wollindustrie hat 2232 Tonnen Wollgarne und 1 Million Meter Gewebe hergestellt. Ein stärkeres Anwachsen der Produktion zeigten 1962 die Strick- und Wirkwarenindustrie sowie die Strumpffabrikation. Es wurden über 7 Millionen Meter Trikotstoffe erzeugt, was einen Anteil von über 80 Prozent an der österreichischen Produktion ausmacht. Ferner wurden über 14 Millionen Stück Unterwäsche, über 2 Millionen gestickte und gewirkte Oberkleidungsstücke, 324.000 Stück gestrickte und gewirkte Babyartikel erzeugt. Die Strumpffabriken stellten über 18 Millionen Paar Strümpfe und rund 400.000 Strumpfhosen her, was einem Vorarlberger Anteil von über 30 Prozent der österreichischen Erzeugung entspricht. Die Strickereierzeugung Wies 1963 eine Produktion von 1941 Tonnen auf.

Die Exporte der Vorarlberger Industrie betrugen 1963 bei Garnen rund 168 Millionen Schilling, bei Geweben rund 312 Millionen

Schilling, bei Stickereien rund 554 Millionen Schilling, bei Metall- und Elektrowaren 139 Millionen Schilling, bei Papier- und Holzwaren 123 Millionen Schilling. Die Industrie exportierte 1963 Waren für insgesamt rund 1456 Millionen Schilling, davon Textilwaren für 1166 Millionen Schilling. Die Steigerung des Exportes gegenüber 1962 betrug rund 8 Prozent.

Im Dezember 1963 gab es in Vorarlberg rund 82.000 unselbständig Erwerbstätige, davon rund 49.000 Männer und 33.000 Frauen. 31.000 Arbeitnehmer waren in der Industrie beschäftigt, davon zirka 21.000 in der Textilindustrie, zirka 3500 in der eisen- und metallverarbeitenden Industrie, rund 1900 in der Holz- und Papierverarbeitung, 1300 in der Nahrungs- und Genußmittelindustrie. Bemerkenswert sind die etwa 7000 Grenzgänger nach dem benachbarten Ausland. Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist immer noch größer als das Krafteangebot.

Das stärke Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum drückt sich auch in einer starken Bautätigkeit mit allen positiven und negativen wirtschaftlichen Auswirkungen aus. So wurden z. B. im Jahre 1962 in Vorarlberg Baubewilligungen für 1206 Wohnhausbauten, 90 landwirtschaftliche Bauten, 461 gewerbliche Bauten, 90 Fremdenverkehrsbetriebe -und 34 öffentliche Gebäude erteilt. Auf dem Gebiet des sogenannten sozialen Wohnungsbaues wurden von 1948 bis Ende 1963 11.173 Wohnungen mit einem Förderungsvolumen von rund 612,805.000 Schilling gefördert. Davon fallen auf den Landeswobnbaufonds 7495 Wohnungen.

Diese Entwicklung des Landes kann nur dazu zwingen, den Bevölkerungsstand, die wirtschaftliche Kapazität und die Vollbeschäftigung nicht nur zu halten, sondern auch zu mehren. Dieses Ziel setzt gemeinsame Bemühungen der Wirtschaftsunternehmer und der Wirtschaftsverwalter des Landes voraus. Für die für die Wirtschaft verantwortlichen Stellen kann es nur darum gehen, der zunehmenden Bevölkerung in erster Linie in der gewerblichen Wirtschaft die zusätzlichen Arbeitsplätze zu schaffen. Wir wollen die Sorgen nicht übersehen, die z. B. die überaus angespannte Arbeitsmarktlage und die durch das Vorwiegen der Textilindustrie etwas einseitige Ausrichtung der Wirtschaftsstruktur mit sich bringen. Durch gemeinsame und sachliche Arbeit werden wir das Wachstum der wirtschaftlichen Kräfte zum Wohle aller, der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, fördern.

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