6573801-1950_33_03.jpg
Digital In Arbeit

Wohnbauförderung — anderswo

Werbung
Werbung
Werbung

Der Deutsche Bundestag hat am 28. März 1950 einstimmig das erste Wohnungsbaugesetz beschlossen. Dieses Gesetz verpflichtet den Bund, die Länder und Gemeinden, den Wohnungsbau unter besonderer Bevorzugung des Baues von Wohnungen, die nach Größe, Ausstattung lind Miete für die breiten Schichten des Volkes bestimmt und geeignet sind (sozialer Wohnungsbau), als vordringliche Aufgabe zu fördern. Das Ziel ist: innerhalb von sechs Jahren 1,8 0 0.0 00 Wohnungen dieser Art zu schaffen. Der Wohnungsbau soll unter Berücksichtigung der Arbeitsmöglichkeiten, namentlich der Wohnraumbeschaffung für Heimatvertriebene und die übrigen Bevölkerungsschichten dienen, die ihre Wohnungen durch Kriegsfolgen verloren haben.

Das Gesetz unterscheidet dabei drei Arten des Wohnungsbaues: a) den öffentlich geförderten, b| den steuerbegünstigten und c) den frei finanzierten Wohnungsbau. Das Schwergewicht des Wonungsbaues liegt auf dem öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau. Hiefür müssen in weitgehendem Umfange zinsverbilligte oder zinsenlose Baudarlehen der öffentlichen Hand eingesetzt werden, um sozial tragbare Mieten zu erreichen. Durch Übernahme von Bürgschaften bis zur Höhe von 90 Prozent des Belehnungswertes soll die Bautätigkeit weiter gefördert werden. Die Vorschriften über den steuerbegünstigten und frei finanzierten Wohnraum sollen Anreiz dazu geben, daß außerhalb des gestellten Programms des öffentlich geförderten Wohnungsbaues in zunehmendem Maße auch Wohnungen ohne öffentliche Baudarlehen geschaffen werden. Die Zuteilung von öffentlichen Mitteln wird an eine Reihe von Voraussetzungen geknüpft. Grundsatz ist, daß alle Bauherrn — ob öffentlich, privat oder gemeinnützig — in gleicher Weise berücksichtigt werden. So muß der Bauherr die erforderliche Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen und insbesondere in der Lage sein, das erforderliche Eigenkapital bereitzustellen. Die öffentlichen Mittel werden nur dann gegeben, wenn die Bauherrn sich bei Mietwohnungen verpflichten, die öffentlich geförderten Wohnungen nach den gesetzlichen Bestimmungen zu verwalten und insbesondere während der Laufzeit des öffentlichen Darlehens nur die festgesetzte sozial gebundene Miete einzugeben. Es darf also auch bei späterem Mietwechsel der Bauherr nur,die von der Bewilligungsstelle festgesetzte Miete verlangen. Was die Förderungswürdigkeit von Bauvorhaben anbelangt, so ist die Errichtung von Eigenheimen und Kleinsiedlungen sowie von Mietwohnungen in Ein- und Mehrfamilienhäusern durch Neubau, durch Wiederaufbau zerstörter oder Wiederherstellung beschädigter Gebäude oder durch Ausbau oder Erweiterung bestehender Gebäude vorgesehen.

Beim Bau von Eigenheimen und Kleinsiedlungen sollen diejenigen Bauvorhaben bevorzugt gefördert werden, die unter erheblichem Einsatz von Selbsthilfe erstellt werden. Zu berücksichtigen sind dabei auch der Wohnungsbedarf von alleinstehenden, namentlich von berufstätigen Frauen mit Kindern und von betagten Personen.

Zu der angeführten Reihenfolge der Förderungswürdigkeit ist zu bemerken, daß in Gemeinden mit Kriegszerstörungen besonders die Wiederherstellung und der Wiederaufbau von Wohnungen durchgeführt werden müssen. Bei der Standortwahl der Wohnungsbauten sind die Arbeitsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Was die Wohnfläche anbelangt, so soll sie sich grundsätzlich zwischen 32 und 65 Quadratmeter bewegen. Sie kann über 65 Quadratmeter hinausgehen, und zwar äußerstenfalls bis 120 Quadratmeter, wenn die Wohnung zur Unterbringung einer größeren Familie bestimmt ist.

Die Gemeinden und sonstigen Gebietskörperschaften sind gehalten, geeignete Grundstücke an Bauwillige zu angemessenen Preisen, insbesondere ins Eigentum oder im Erbbaurecht, zu überlassen. Bei einem gewährten Erbbaurecht ist Voraussetzung, daß dieses auf die Dauer von mindestens 99 Jahren bestellt wird.

Für die Höhe der Mieten im sozialen Wohnungsbau sind Richtsätze von den Landesregierungen aufzustellen. Die Mieten sind nach Gemeinden, Größe, Lage und Ausstattung der Wohnungen bis zum Betrag von monatlich 1 DM, in Ausnahmefällen 1.1D DM je Quadratmeter der Wohnung gestaffelt. Die Bauherrn sind verpflichtet, auch bei einem künftigen Mietwechsel während der Laufzeit des öffentlichen Darlehens nur zu der festgesetzten Miete zu vermieten. Bei Wohnungen, die durch Wiederaufbau oder Wiederherstellung geschaffen werden, kann von der Landes-behörde eine Überschreitung des Satzes von 1.— bis 1.10 DM je Quadratmeter Wohnfläche zugelassen werden, wenn die frühere Miete im Zeitpunkt der Zerstörung oder Beschädigung über diesen Satz hinausging.

Was die Höhe der zu gewährenden Darlehen anbelangt, sollen diese bei dem geförderten sozialen Wohnungsbau so hoch sein und soweit von der Verzinsung freigestellt werden, daß unter Berücksichtigung der Kapilalszinsen für das aufgenommene Fremdkapital und das Eigenkapital (einschließlich des Wertes der Eigenleistung) sowie der Bewirtschaftungskosten einschließlich der Abschreibung die von der Bewilligungsbehörde festgesetzte Miete erzielt werden kann. Was die Wirtschaftsberechnung für die Bauvorhaben anbelangt, soll das vom Bauherrn investierte Eigenkapital mit vier Prozent verzinst werden, soweit dieses 15 vom Hundert der Herstellungskosten nicht übersteigt. Wenn der Bauherr mehr als 15 Prozent der Herstellungskosten im Bauvorhaben investiert hat, so ist der über 15 Prozent hinausgehende Betrag mit dem für erstrangige Hypotheken üblichen Zinssatz (derzeit 6 bis 7 Prozent) zu verzinsen. Als Eigenkapital sind dabei nicht nur Geldaufwendungen anzusehen, sondern auch die tätige Selbsthilfe des Bauherrn. Was die mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungen schließlich anbelangt, unterliegen dieselben weiterhin der Wohnraumbewirtschaftung der Wohnungsbehörde, wobei die Wohnungen in der Regel solchen Personen zugeteilt werden, deren Jahreseinkommen die Jahresverdienstgrenze der Angestelltenversicherung nicht übersteigt (7200 DM). Die im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues errichteten Wohnungen unterliegen weiterhin den Vorschriften des Mieterschutzgeselzes. Was die für den sozialen Wohnungsbau gewährten Mittel anbelangt, so sind sie von den Ländern als Baudarlehen und nicht als Zuschüsse zu vergeben. Beim steuerbegünstigten Wohnungsbau können den Bauherrn, die keine öffentlichen Darlehen erlangen können, Steuerbegünstigungen zu Hilfe kommen. Als Steuerbegünstigung kommen in Frage eine Einkommensteuerbegünstigung, die dem Geldgeber gewährt wird (bei Zuwendungen von zinslosen Darlehen oder verlorenen Zuschüssen für das Bauvorhaben), weiter die Gewährung einer Grundsteuerbegünstigung auf die Dauer von zehn Jahren, die darin besteht, daß der Steuermeßbetrag nur nach dem bisherigen Einheitswert für das unbebaute Grundstück und bei wiederaufgebauten Wohnungen nur von dem nach Zerstörungs- und Beschädigungsgrad des Gebäudes entsprechend geänderten Einheitswert berechnet werden darf. Die mit Steuerbegünstigung geschaffenen Wohnungen sind von der Erfassung und Zuteilung durch die Wohnungsbehörde freigestellt, sie sind also frei vermietbar. Für die steuerbegünstigten Wohnungen bleiben auch weiterhin die Vorschriften des Mieterschutzgesetzes, soweit Grundsteuerbegünstigung gewährt wird, bestehen.

Um den Bau von frei finanzierten Wohnungen zu begünstigen, die ohne Inanspruchnahme öffentlicher Darlehen oder Zuschüsse von Steuerbegünstigungen errichtet werden, werden die bestehenden zwangswirtschaftlichen Verordnungen aufgehoben. Diese Wohnungen sind frei vermietbar und unterliegen nicht den Vorschriften des Mietengestzes.

Für die Finanzierung des sozialen Wohnungsbaues muß im Gegensatz zu dem steuerbegünstigten und frei finanzierten Wohnungsbau die öffentliche Hand nachstellige Hypotheken zur Verfügung stellen, um sozial tragbare Mieten zu ermöglichen. Nach den bisherigen Erfahrungen werden diese nachstelligen Hypotheken im allgemeinen 40 bis 50 Prozent der gesamten Herstellungskosten ausfüllen müssen. Es wird daher die Durchführung eines sozialen Wohnbauprogramms von 250.000 Wohnungen im Jahre 1950 den Einsatz von etwa 1 bis l,25MilIiardenDM öffentlicher Mittel erfordern.

Was die Bereitstellung von ersten Hypotheken betrifft, so haben die Spitzenverbände der Kreditinstitute (Sparkassen, öffentlich-rechtliche Kreditinstitute, Privathypothekbanken, ebenso Versicherungsunternehmen und Privatbausparkassen) am 21. März 1950 dem Bundesministerium für Wohnungsbau gegenüber die schriftliche Erklärung abgegeben, daß sie mit allem Nachdruck auf ihre Mitglieder dahin einwirken werden, daß diese im Kalenderjahr 1950 mindestens 50 Prozent ihrer Geldmittel, die im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes zur langfristigen Anlage bestimmt sind, dem Wohnungsbau zur Verfügung stellen, womit der Bedarf an ersten Hypotheken für den sozialen Wohnungsbau gedeckt erscheint. Nach Sdiätzungen wird in diesem Jahr bei den Kapitalsammelstellen ein Betrag von 600 bis 650 Millionen DM für erstrangige Hypotheken zur Verfügung stehen. Um die Versorgung des sozialen Wohnungsbaues mit ersten Hypotheken zu verstärken, stellt der Bund außer den ob-genannten nachstelligen Mitteln 250 Millionen ERP-Mittel zur Verfügung.

Mit diesem Gesetz ist ein großzügiger Plan zur Bekämpfung der Wohnungsnot aufgestellt worden. Von der Zusammenarbeit der in Betracht kommenden Faktoren, von der Initiative und Tatkraft der hiezu berufenen Menschen wird es abhängen, wie weit und wie schnell dieser Plan Verwirklichung finden wird.

Die Tragödie von Münkacs

Die Vernichtung der griechisch-katholischen Kirche in den Ostkarpaten Von Wilhelm d e V r i e s S. J., Rom

Die Moskauer Patriarchatszeitschrift, die mit großej Verspätung erscheint und mit noch größerer bis zu uns dringt, berichtet in der letzten vorliegenden Nummer von der offiziellen Liquidierung der griechisch-katholischen Kirche in Pod-karpatien, das heißt im früheren Südostzipfel der Tschechoslowakei, der im Juni 1945 der Sowjetunion einverleibt wurde. Das bedeutet,-daß r u n d 5 0 0.0 0 0 gläubige katholische Men-s c h e n in ihrem Gewissen brutal vergewaltigt worden sind, über diese erschreckende Tatsache ist bisher nur ab und zu ein schwacher Schrei durch den Eisernen Vorhang aus dem „Lande der Freiheit und des Fortschritts“ zu uns gedrungen.

Es handelt sich um die' Diözese M u k a C e v (Munkacs), deren Gebiet zum weitaus größten Teil mit dem von Podkarpatien zusammenfällt. Die ostslawische Bevölkerung des Gebiets ist von jenseits der Karpaten eingewandert. Sie gehört verschiedenen Stämmen an und fühlt sich zumeist mit den Russen stammverwandt. Im offiziellen kirchlichen

Sprachgebrauch wurden die Bewohner auch „Ruthenen genannt. Sie sind in ihrer überwiegenden Mehrheit seit Ende des 17. Jahrhunderts mit Rom vereinigt. Die Gesamtzahl der Bevölkerung des Territoriums belief sich noch im Jahre 1944 auf 851.889, von denen 461.555 griechisch-katholisch waren. Lateinische Katholiken gab es 81.412, Orthodoxe 108.907, Protestanten 77.833, Juden 112.833, und 9529 gehören anderen Konfessionen an. Die Diözese zählte im gleichen Jahr 281 Pfarreien, 354 Geistliche, 85 Seminaristen, 459 Kirchen und Kapellen, 85 Ordensleute. Das Gebiet gehörte bis zum ersten Weltkrieg zu Ungarn, kam dann an die Tschechoslowakei, wurde im März 1939 wieder ungarisch, bis es im Oktober 1944 die Russen besetzten, die mit allen Mitteln den Anschluß an die Sowjetunion betrieben. Die Russen brachten die Kommunisten, die nur eine kleine Minderheit darstellten, an die Macht, In allen Dörfern setzte man Komitees ein, deren Delegierte am 26. November 1944 in Mukacev zusammenkamen und die Unabhängigkeit der „Transkarpatischen Ukraine“, wie man das Gebiet jetzt nannte, proklamierten. Die formelle Vereinigung mit der Sowjetunion wurde am 29. Juni 1945 vollzogen. Tatsächlich waren die Russen seit ihrem Einmarsch Herren des Landes.

Die griechisch-katholische Kirche geriet unter der russischen Herrschaft in eine äußerst schwierige Lage. Mukacev war eine blühende Diözese auch noch während des zweiten Weltkrieges. Sogar während des Krieges konnten noch neun neue Pfarreien gegründet werden. Ein Internat in Mukacev und ein Waisenhaus in Chust wurden neu rrichtet. Es bestand eine vorzügliche katholische Presse. Die Diözese hatte auch durch die Kampfhandlungen, die sich zumeist in den Bergen abspielten, wenig gelitten. Zunächst zeigte sich freilich die Besatzungsmacht der griechisch-katholischen Kirche gegenüber wohlwollend, wohl in der Hoffnung, daß auch sie wie die orthodoxe Kirche in Rußland zu sowjetisieren und an ihr so eine Stütze für das kommunistische Regime in Podkarpatien zu gewinnen sei. Aber die aufrechte Haltung des jungen Bischofs Theodor Romza machte diese Hoffnung zunichte. Romza weigerte sich entschieden, das Manifest für den Anschluß an die Sowjetunion zu unterzeichnen, er habe nie Politik gemacht und wolle es auch jetzt nicht tun. Nun begannen Verfolgungsmaßnahmen, die Beschlagnahme von Kirchen, Verhaftung von Geistlichen, Wegnahme der Kirchengüter, Vernichtung der katholischen Presse, der katholischen Organisationen, der Schulen und Wohlfahrtseinrichtungen. Heroisch war der Martertod des Bischofs Theodor Romza. Bei ihrem Kampf gegen die unierte Kirche bedienten sich die Kommunisten mit Erfolg der Mithilfe der orthodoxen Kirche. Bis Juli 1947 hatten die Orthodoxen bereits 73 katholische Kirchen weggenommen, 15 Geistliche waren deportiert, 3 hingerichtet worden und 36 hatten fliehen müssen.

Die Entwicklung zielte klar auf die endliche völlige Liquidierung der griechischkatholischen Kirche in Podkarpatien. Wenn man hier etwas länger gewartet hat als anderswo, dann offenbar wegen des stärkeren Widerstandes des Klerus und der Bevölkerung, der ohne Zweifel vor allem das Verdienst des herrlichen Märtyrerbischofs Theodor Romza war. Die Bolschewisten suchten ihn zuerst durch einen inszenierten „Autounfall“ aus dem Wege zu räumen (27. Oktober 1947), und als das nicht gelang, ließen sie ihn im Spital von Mukacev am 1. November vergiften.

Die Darstellung der Patriarchatszeitschrift verriet zwischen den Zeilen so pnanches der Tragödie, die sich da abgespielt hat. Sie rühmt, die Union sei nunmehr auch im letzten Winkel des Landes ausgerottet. Am 28. August 1949 (am 15. nach dem alten Kalender, das heißt am

Fest Maria Himmelfahrt) wurde im Kloster von Mukacev ein Fest zur Feier der Rückkehr der Unierten zur Orthodoxie veranstaltet. Der von Moskau ernannte Bischof Macarius feierte die Liturgie. Für die ungarisch sprechenden Gläubigen wurde ein eigener Gottesdienst in ihrer Sprache gehalten. Nadi der Liturgie verlas der Erzpriester Irenaus Kontratowitsch die Erklärung des Übertritts zur russischen orthodoxen Kirche. Vom 2 8. August 1949 an habe die Union mit Rom aufgehört zu existieren. Die Erklärung schließt mit den Worten: „Von jetzt an und für immer sind wir rechtgläubige Söhne unserer heiligen Mutter, der russischen orthodoxen Kirche, Amen!“

Wenn die genannte Zeitschrift glauben machen will, daß erst mit dem Einmarsch der Russen, im Jahre 1944, für das gläubige Volk von Podkarpatien die Zeit der Gewissensfreiheit angebrochen und deshalb erst der Ubertritt zur Orthodoxie erfolgt sei, so wirkt das grotesk. Ohne Zweifel hatten die dortigen Unierten zur Zeit der tschechischen Herrschaft die volle Freiheit, zur Orthodoxie überzutreten, wenn es ihnen gefiel, ja, die Benesch-Regierung unterstützte sogar mit reichen Mitteln die Propaganda der orthodoxen Serben in Podkarpatien und Benesch selbst trachtete, die Trennung der

Ruthenen von der katholischen Kirche zu fördern. Der damaligen Propaganda für das Schisma waren im Jahre 1924 ungefähr. 76.000 Ruthenen gefolgt.

Es ist also aus der Luft gegriffen, wenn Bischof Macarius in einem Hirtenschreiben behauptet: Sobald das Volk befreit sei, verschwinde die Union wie ein widernatürliches, giftiges Gewächs im Volksorganismus. — Die Union ist in der Tat nicht von selbst verschwunden. Man hat alle Mittel der List und Gewalt angewandt, um sie auszurotten, genau wie in Galizien und Rumänien. Die Wiedervereinigung der Unierten mit der Orthodoxie war, wie der Priester N. Paw-losjuk in einem Artikel „Fest der Orthodoxie in Podkarpatien“ jPatriarchats-zeitschrift 1949, Nr. 10, Seite 5 ff.) berichtete, das Ergebnis der sechsmonatigen „beharrlichen Mühe“ des Bischofs Macarius. Er fand bei seinem ersten Besuch im Jahre 1948 in der Diözese Mukacev nur einen einzigen zur Orthodoxie übergetretenen Geistlichen vor. Damals erschien die Sache der Vereinigung mit der Orthodoxie fast hoffnungslos. Macarius fand seine Aufgabe „nicht leicht“. Es brauchte, wie Pawlosjuk feststellt, „viel Verständnis und Liebe für die irrenden Söhne“, um sie aus der „vatikanischen Gefangenschaft“ zu befreien. Es war also nicht so, wie man glauben machen will, daß sie nur die Befreiung durch die Russen abwarteten, um endlich das verhaßte Joch des Papstes abzuschütteln.

Macarius schickte am 30. August 1949 einen Bericht an den Patriarchen Alexius, der im Auszug in der Patriarchatszeitschrift mitgeteilt wird (Seite 11). Er schließt mit den Worten, es sei anzunehmen, „daß der Same der brüderlichen Einheit mit dem orthodoxen Glauben der

Vorfahren gutes Erdreich finden wird, damit er aufgehe .und sich entwickle“. Das klingt erheblich anders als die Sprüche von der vollständigen Wiedervereinigung.

Die Nachrichten, die aus anderer Quelle über die Unterdrückung der griechisch-katholischen Kirche Podkarpatiens zu uns gedrungen sind, sind leider äußerst spärlich. Von März 1945 an hatte Bischof Romza seine Pastoralbesuche von Stadt zu Stadt und von Doff zu Dorf gemacht, um Klerus und Volk zur Treue bis zum Tod gegenüber der katholischen Kirche zu ermahnen. Wo immer der Bischof sich zeigte, strömten Massen von Gläubigen zusammen. Seine Predigten wurden mit Begeisterung aufgenommen, und die Parole, die er ausgab: „Wenn wir mit Christus sterben, werden wir auch mit ihm leben“, ging von Mund zu Mund. Delegationen von Gläubigen, manchmal 50 bis 100 Personen, gingen oft von weither zum Volksrat, um offen gegen die Wegnahme der Kirchen oder andere Ungerechtigkeiten zu protestieren. Daß diese Leute im Februar 1949 auf einmal geschlossen und „mit Freuden in den Schoß der orthodoxen Mutterkirche zurückgekehrt“ seien, wie uns Moskau glauben machen will, ist ganz und gar unglaubhaft. Auch der Klerus zeigte sich seines Bischofs würdig. Bis Juli 1947 jedenfalls war trotz aller Drohungen kein einziger von den Geistlichen abgefallen. Freilich fand sich dann später auch hier ein Judas: Irenaus Michael Kontratowitsch. Er war durch seine frühere politische Tätigkeit, zu der ihn sein maßloser Ehrgeiz verleitet hatte, belastet und so dem Druck der Bolschewisten ausgesetzt. Man brachte ihn dahin, den schismatischen Moskauer Patriarchen anzuerkennen. Dieser ernannte ihn zum Generalvikar der Diözese, und Kontratowitsch nahm im bischöflichen Palais in Uzhorod Wohnung. Er war es, der bei der Feier am 28. August die Übertrittserklärung verlas. Es folgte ihm nur eine geringe Zahl von Geistlichen, etwa 35, meist Leute, die vorher im Gefängnis gewesen waren und die nur unter der Bedingung freikamen, daß sie zum Schisma übertraten. Der Generalangriff gegen die griechisch-katholische Kirche begann im Februar 1949. Am 22. dieses Monats wurde die Kathedrale in Uihorod weggenommen und den Orthodoxen übergeben. Am 27. zelebrierte dort der von Alexius von Moskau gesandle Bischof Macarius von Lemberg, der nun — an Stelle des früher gekommenen Nestor — auch zum Bischof von Uzhorod ernannt wurde. Im selben Monat wurden überhaupt alle griechisch-katholischen Kirchen und Kapellen geschlossen. Die Geistlichen erhielten das Verbot, Gottesdienst zu halten. Priester und Gläubige wurden massenweise deportiert. Unter den Deportierten waren auch die Mitglieder des Domkapitels und der Seminardirektor. Die Verschickungen erreich-ten-ein solches Ausmaß, daß man den Eindruck gewinnt, es solle die einheimische Bevölkerung langsam ausgerottet werden. Im März vertrieb die Polizei alle katholischen Geistlichen aus ihren Pfarrhäusern. Einige von ihnen kamen ins Gefängnis, einer, Demetrius Popovitsch, wurde zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt.

Die Lage ist sehr ernst. Wieder einmal ist eine griechisdi-katholische Kirche offiziell liquidiert worden und mußte in die Katakomben gehen, nach dem Beispiel der unierten Kirchen in Galizien und Rumänien.

Die lateinische Kirche, die, wie gesagt, etwa 81.000 Gläubige zählt, wird “bislang noch toleriert.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung