Werbung
Werbung
Werbung

Österreich ist anders - auch was den Umgang mit den Muslimen im Land betrifft. Das bedeutet aber nicht, dass die Probleme im Zusammenleben gelöst sind.

Die deutsche Grünen-Politikerin und Verbraucherschutzministerin Renate Künast meinte dieser Tage auf eine Interviewfrage der Berliner Zeitung, was sie von Islamunterricht an deutschen Schulen halte: "Er sollte flächendeckend angeboten werden und auf Deutsch stattfinden ... Islamischer Religionsunterricht bietet uns die Chance, einen aufgeklärten europäischen Islam zu entwickeln, der kein Problem damit hat, sich in eine libertäre und offene Gesellschaft einzufügen." Eine österreichische Tageszeitung glossierte dies so: "Das fordert nicht etwa ein Imam der Türken in Berlin. Das verlangen Sie, eine (grüne) deutsche Ministerin ... Minister müssen schließlich auch in Deutschland nicht unbedingt eine Ahnung haben, worüber sie parlieren. Ihre nächste Forderung liegt auf der Hand: Neben jeder Kirche muss eine Moschee gebaut werden!"

Ahnungslosigkeit? Die ist nicht der deutschen Ministerin, sondern dem österreichischen Glossisten zu attestieren: Denn was in Deutschland - auch wegen der Uneinigkeit der dortigen Muslime - als heißer politischer Streitpunkt herhalten muss, ist in Österreich längst Wirklichkeit: 40.000 Muslime erhalten hierzulande Religionsunterricht an öffentlichen Schulen.

Österreich ist anders. Auch in Bezug auf den Umgang mit seiner erstarkenden muslimischen Minderheit. Und das ist gut so. Muslimen-Präsident Anas Schakfeh und das offizielle Österreich - von Heinz Fischer, über Andreas Khol, Elisabeth Gehrer bis zu Michael Häupl - befleißigten sich solchen Tenors beim 25-Jahr-Jubiläum der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Österreich - ein Erfolgsmodell für einen sich in Europa integrierenden Islam?

Viele Indizien deuten darauf, dass das nicht falsch ist. Nochmals Deutschland: Da schlug der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele vor kurzem vor, als Integrations-Signal einen christlichen Feiertag durch einen islamischen zu ersetzen. Ein Sturm der Entrüstung - von SPD bis CSU - folgte, und Ströbele zog sein Ansinnen kleinlaut zurück. Hierzulande regte die Wiener Integrations-Stadträtin Sonja Wehsely Ähnliches an: Man solle den Muslimen - wie den Evangelischen im Land mit dem Reformationstag - einen Feiertag einräumen. Keinen Sturm gab es darob. Auch die Aufregungen um islamistische Tendenzen und Gewaltaufrufe im muslimischen Milieu waren in Österreich vergleichsweise unspektakulär.

Der Bundespräsident wie der Wiener Bürgermeister setzen ihrerseits Zeichen, indem sie Muslime zu Fastenbrech-Essen im Ramadan einladen - von den Muslimen wird das mit Genugtuung vermerkt; der nichtmuslimische Teil der Gesellschaft registriert das zwar kaum, bekrittelt es aber auch nicht.

Es gibt historische wie mentalitätsbedingte (die Österreicher sind keine geborenen Kulturkämpfer...) Gründe, warum das offizielle Verhältnis von Islam und Staat so wenig belastet scheint. Das bedeutet nicht, dass die Probleme im Zusammenleben mit den Muslimen gelöst sind: Auch in Österreich leben muslimische Enklaven nicht in, sondern neben der restlichen Gesellschaft, und die Mehrheitsgesellschaft verkneift sich ein wirkliches Interesse und Wissen über die Muslime in ihrer Mitte.

Unterm Strich mag das alles viel weniger dramatisch sein als in Deutschland, Frankreich oder den Niederlanden, die seit kurzem im Rampenlicht stehen. Aber die - geschickte - Politik der leisen Annäherung zwischen Staat und Muslimen ist nur eine Seite der Auseinandersetzung. Staat und säkulare Gesellschaft müssen gleichzeitig die Entwicklungen unter den Muslimen im Land wachsam begleiten: Was wird in den Moscheen gepredigt, wie sieht die muslimische Familienkultur vis-à-vis der österreichischen Gesellschaft aus, wie steht es um Frauen- und Kinderrechte...? Diese Fragen bleiben auf der Agenda, und - siehe das Beispiel der Niederlande - ein Ignorieren dieser kann zu bösem Erwachen führen.

Alarmismus - der Generalverdacht gegen die Muslime, verkappte Fundamentalisten und Terroranhänger zu sein - ist unangebracht. Man darf auch nicht muslimische Wünsche mit Totschlagargumenten - wie: Muslime würden keine Ruhe geben, bis neben jeder Kirche im Land eine Moschee steht - niederknüppeln. Als Christ kann man sich da ja ein Bibelzitat zum Maß nehmen: Nämlich arglos wie die Tauben - aber auch klug wie die Schlangen zu sein.

otto.friedrich@furche.at

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung