Sie sahen sehr gut aus, die etwas zu klein geratenen Stücke der Sachertorte, handgefertigt von der Wiener Konditorei "Aida", die täglich frisch ins Österreich-Café auf der Leipziger Buchmesse geliefert wurden. Dass sie immer so rasant ausverkauft waren, das war ein gewisses Handicap dieses sonst so gelungenen Autoren-, Verleger-, Vertreter-und Buchhändler-Stelldicheins im frostig-düsteren Sachsenland.
In Deutschland hält die besondere Zuneigung für die österreichische Literatur an. Das lässt sich nicht nur durch die vielen Thomas Bernhard-Epigonen oder Daniel Kehlmanns Verkaufs-Erfolg belegen, sondern auch weil der Wiener Autor Franz Schuh für "Schwere Vorwürfe, schmutzige Wäsche", einen Sammelband in eigener Sache, den Preis der Leipziger Buchmesse 2006 in der Kategorie "Sachbuch/Essay" erhalten hat. Auch die Verständigung mit den Kollegen aus den Nachbarländern funktioniert gut, vor allem mit jenen aus dem Osten und Südosten Europas.
Eine andere Art der Zuneigung wird sich wohl nie ändern: die unbedachte Vereinnahmung der österreichischen Literatur durch die Deutschen. Das jüngste Beispiel heißt "Lichtjahre. Eine kurze Geschichte der deutschen Literatur von 1945 bis heute", die Volker Weidermann soeben veröffentlicht hat. Ilse Aichinger, Erich Fried, Thomas Bernhard, Peter Handke und viele andere werden ohne weitere Hinweise auf ihr Herkommen der Literatur Deutschlands zugeschlagen. "Paul Celan war der unglücklichste Dichter Deutschlands" heißt es da, in der Annahme, dass zu Deutschland gehört, wer deutsch schreibt und dass Österreich irgendeine Art von Unter-Bayern ist. Braucht ein Journalist der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über solche "Nebensachen" nicht nachdenken?
Der Autor arbeitet am Kulturforum der Österreichischen Botschaft in Berlin.
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