Auch der Furche das Luthertum beigebracht

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Sie seien nicht einfach "Kirchenparlamente", schrieb er vor Jahresfrist in seiner monatlichen Kolumne "Zeitgespräch" in der Furche. Nein, die Synoden der evangelischen Kirchen seien nicht "weltliche Implantate", sondern geistliche Einrichtungen - auch wenn die Spielregeln der Wahlen und Entscheidfindungen "analog zum Parlamentarismus moderner Demokratien" gestaltet seien: "Sie entsprechen dem Priestertum aller Gläubigen und der Vorstellung von der Gemeinde als dem Leib mit den unterschiedlichen, aber gleichberechtigten Gliedern und Gaben …"

Oft und oft hat Michael Bünker in den jetzt mehr als fünf Jahren als Furche-Kolumnist den Leserinnen und Lesern (aber auch den Redakteur(inn)en) das Luthertum beigebracht - und die Sicht der Evangelischen auf All-tags- und Polit-Probleme dargestellt. Kein Kämpfer für den Glauben, aber ein Werbender für seine Konfession, der auch die Nuancen verständlich machte, in denen sich seine Kirche von den anderen unterscheidet - ohne die gemeinsame Aufgabe, Christus den Menschen auch dieser Zeit zu verkünden, zu vernachlässigen.

Letzten Freitag hat ihn jene Evangelische Synode A.B., die er in oben zitiertem "Zeitgespräch" glaubhaft in den Zusammenhang seiner Konfession gestellt hat, zum Bischof gewählt. Am 1. Jänner 2008 wird Bünker das Amt von Vorgänger Herwig Sturm übernehmen.

Dass sich fünf Kandidaten zur Wahl und davor inhaltlich harten Hearings vor den gewählten Synodenmitgliedern stellten, bevor dann nach sieben Wahlgängen die Zweidrittel-Mehrheit erreicht war, macht auch dem katholischen Beobachter klar, wie sehr jede Kirche durch mehr Synodalität gewinnen könnte.

Mit Michael Bünkers Wahl hat dieses evangelische Urprinzip sich aufs Neue bewährt - und einen Bischof hervorgebracht, der schon jetzt auch außerhalb seiner Kirche als intellektuelles wie theologisches Schwergewicht geachtet ist; dass er sich auch im politischen Diskurs entsprechend positionieren wird, hat er in seinen ersten Äußerungen als designierter Kirchenführer klar gemacht.

Furche-Leserinnen und-Leser kennen diesen Zug ihres Kolumnisten seit langem. Auch wenn Bünker sich keineswegs als Katholiken-Schelter zu profilieren suchte, so war und ist ihm in der Ökumene - bei aller immer wieder artikulierten Wertschätzung des diesbezüglichen Klimas in Österreich - auch das klare Wort wichtig. Als sich vor zwei Jahren Spaniens katholische Bischöfe dazu verstiegen, die dort eingeführte Ehe von Homosexuellen als "schweres Delikt, welches die Zerstörung der Welt bedeutet" zu brandmarken, kritisierte Bünker dies mit Dietrich Bonhoeffer als "Verwechslung von Letztem und Vorletztem": Die "ethische Frage der Homosexualität in den Rang eines weiteren apokalyptischen Reiters zu erheben", ging (und geht) Bünker gegen den Strich.

Der 1953 in Leoben geborene und in Wien lebende Vater zweier Kinder und Großvater eines Enkels wird auch als Bischof solchen Einmischungen - ob im ökumenischen, kirchlichen oder politischen Bereich - zweifellos treu bleiben. Der evangelischen Kirche A.B. muss man zu dieser öffentlichen Gestalt gratulieren. Und die Furche darf sich - ein wenig vereinnahmend - von Herzen freuen, dass einer der "Ihren" nun Bischof der zweitgrößten Kirche Österreichs wird. ofri

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