„Auch eine Hand genügt“

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Seit Kurzem ist Peter Alward, lange Jahre einer der weltweit führenden Schallplattenmanager, neuer Intendant der Salzburger Osterfestspiele. Im FURCHE-Gespräch skizziert er erste Vorstellungen.

Meine Aufgabe ist es nicht, über die Vergangenheit zu reden, sondern über die Zukunft nachzudenken und zu sprechen“, sagt Peter Alward. Mitte Februar wurde er als neuer Intendant der durch einen Finanzskandal schwer in Misskredit geratenen Salzburger Osterfestspiele bestellt.

DIE FURCHE: Herr Alward, in den letzten Jahren wurden Sie immer wieder für Aufgaben in Salzburg genannt. Ist Intendant der Osterfestspiele, zumal zum jetzigen Zeitpunkt, das, was Sie sich gewünscht haben?

Peter Alward: Gewünscht nicht. Aber als es an mich herangetragen wurde, habe ich gesagt: In meinem 60. Lebensjahr, warum nicht?

DIE FURCHE: Was fasziniert Sie an dieser Aufgabe?

Alward: Es führen viele Wege zu meinem Ursprung zurück. Ich habe mit Karajan zwölf Jahre arbeiten dürfen, kenne seine Familie sehr gut, bin mit Eliette sehr befreundet, habe von seinen frühen Tagen an mit Simon Rattle gearbeitet und mit den Berliner Philharmonikern. Es ist wie eine Familie, zu der ich zurückkehre. Das hat einen gewissen Reiz.

DIE FURCHE: Was war schon bekannt, als Sie die Osterfestspiele im Dezember kontaktiert haben?

Alward: Knapp vor Weihnachten wurde ich von verschiedenen Seiten sehr heimlich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, bei den Osterfestspielen einzuspringen. Ich bat mir über die Neujahrstage Bedenkzeit aus. Als ich Anfang Jänner zusagte, gab es schon mehr Erkenntnisse. Meine Aufgabe aber ist nicht, über die Vergangenheit zu reden, sondern über die Zukunft nachzudenken und zu sprechen.

DIE FURCHE: Als einflussreicher Manager in der Schallplattenbranche und Berater bedeutender Orchester sind Sie seit Jahrzehnten ein intimer Kenner des Klassikmarktes. Wie gut geht es ihm wirklich? Ist Schlechtreden hier schon Mode geworden oder steht tatsächlich mehr dahinter?

Alward: Es ist leider ein Sport geworden. Aber das ist ungerecht: So lange es gute Interpreten und Aufführungen gibt, wird immer ein Bedarf an guter Musik bestehen. Man muss sie aber in einen besseren Fokus bringen. Programme, Besetzungen, Solisten müssen einen Sinn ergeben, den muss das Publikum auch erkennen können. Ich bin zuversichtlich, dass wir das zusammen mit Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern schaffen werden.

DIE FURCHE: Herbert von Karajan ist ein sehr exklusives Festival zu Ostern vorgeschwebt. Davon haben sich die Osterfestspiele zuletzt doch einigermaßen entfernt. Hohe Kartenpreise für Wiederholungen von Produktionen und Konzertprogramme, die man auch wo anders hören kann, das ist doch alles andere als exklusiv?

Alward: Exklusiv ist die Tatsache, dass man in Zukunft nur hier in Salzburg die Berliner Philharmoniker im Operngraben erleben wird. Sehr exklusiv ist auch, dass Rattle so gut wie ausschließlich in Salzburg Oper machen wird. Und mit „Salome“, „Carmen“ und „Parsifal“ haben die Osterfestspiele in den kommenden drei Jahren drei Exklusivproduktionen auf dem Programm.

DIE FURCHE: Wer wird inszenieren?

Alward: Vorläufig kann ich nur über „Salome“ sprechen: Hier wird Stefan Herheim Regie führen.

DIE FURCHE: Ein neues Programm ist ein Thema, ein zweites das zuletzt immer wieder kritisierte Preis-Leistungsverhältnis und ein drittes die Heranführung eines neuen, jungen Publikums, das man die letzten Jahre etwas vermisst hat. Was haben Sie dazu vor?

Alward: Es gibt ein education program und die Kontrapunkte, die auch ein jugendliches Publikum ansprechen sollen, hier ist noch viel mehr Arbeit zu leisten. Natürlich ist das auch eine finanzielle Angelegenheit: Würde man Kartenpreise senken wollen oder eine bestimmte Sparte billiger machen, muss das finanziert werden. Will man ein Programm für die Jugend machen, was ich unbedingt anstrebe, ist das auch ein finanzielles Thema. Man darf aber nicht vergessen, dass in die Osterzeit Schulferien und Urlaube fallen. Wir haben verschiedene Varianten, das muss einmal recherchiert und kalkuliert werden, erst dann kann man konkret darüber sprechen. Aber es ist im Sinne von Sir Simon und von mir, dass wir für die Jugend etwas machen, und auch erschwingliche Kartenpreise in bestimmten Kontingenten.

DIE FURCHE: Wie viel Geld steht Ihnen zur Verfügung, wie viel müssen Sie einspielen?

Alward: Ich rede ungern über Zahlen, aber nur so viel: Wir haben einen Überschuss und es ist mein Ziel, das auszubauen. Wenn ich die Budgets der letzten Jahre anschaue, dann besteht sicher die Möglichkeit, einiges einzusparen und umzupolen. Konkret werde ich mich damit aber erst befassen können, wenn die diesjährigen Osterfestspiele vorbei sind.

DIE FURCHE: Die Osterfestspiele kann man, trotz anderer Rechtsträger, nicht isoliert von den Sommerfestspielen sehen. Wie stehen Sie zur Idee von Kooperationen?

Alward: Die wird es definitiv geben, denn die neue „Carmen“, die wir zu Ostern 2012 herausbringen, wird von den Sommerfestspielen übernommen. Ich halte Kooperationen für eine gute Sache, Karajan hat es auch gemacht. Rein ökonomisch gesehen, ist es heller Wahnsinn, eine Produktion für nur zwei Aufführungen zu machen. Auch Sänger fragen, ob solches lohnt. Bei einer Perspektive von sechs, sieben oder mehr Vorstellungen sind sie eher bereit, in eine Produktion einzusteigen. Ich will Feedback haben, wissen, was Leute denken, mit den Förderern und Kunden reden. Ich war ja selbst seit vielen Jahren Kunde und habe meine Ideen.

DIE FURCHE: Was wären Ihren idealen Osterfestspiele?

Alward: Die Osterfestspiele müssten etwas sein, was man nur hier bekommt. Programmatisch sollte es einen silbernen Faden geben, das könnte man verbessern. Dazu will ich jetzt auch die Anregungen der Besucher mit einbinden.

DIE FURCHE: Gibt es Überlegungen zur Zusammenarbeit der Osterfestspiele über die Sommerfestspiele hinaus? Könnten beispielsweise die Berliner nicht künftig ihre speziellen Salzburger Programme woanders nachspielen?

Alward: Zum einen ist es eine logistische Frage, denn die Berliner halten sich Ostern immer für Salzburg frei, zum anderen eine finanzielle.

DIE FURCHE: Was wünschen Sie sich zum Thema zeitgenössische Musik?

Alward: Dass sie unbedingt eingebunden wird, und zwar so programmatisch, dass sie zum einen fasziniert und zum anderen nicht abschreckt.

DIE FURCHE: Und wie denken Sie über die mediale Vermarktung der Osterfestspiele? Sehen Sie Möglichkeiten in Richtung Fernsehübertragung, CD-Livemitschnitte?

Alward: Es wäre schade, wenn künftige Produktionen nicht auf DVD festgehalten sind. Auch das ist eine Kostenfrage, des früh- und rechtzeitigen Planens. Die Förderer bekommen jedes Jahr eine CD in einer limitierten, unverkäuflichen Auflage. Ob sie irgendwann auf dem Markt landet, ist eine Verhandlungssache, denkbar ist es.

DIE FURCHE: Ihr Vertrag läuft drei Jahre, wie angenehm ist es, wenn das Programm bereits in seinen wesentlichen Zügen feststeht?

Alward: Vielleicht habe ich eine Hand hinter meinem Rücken gebunden, aber ich kann auch mit einer Hand arbeiten.

* Das Gespräch führte Walter Dobner

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