„Auf der Strecke bleiben die afrikanischen Kleinbauern“

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Uwe Höring hat jüngst ein Buch mit dem Titel „Agrarkolonialismus in Afrika – Eine andere Landwirtschaft ist möglich“ verfasst. Nach Wien eingeladen wurde der Bonner Politikwissenschafter und Journalist zu einer Tagung des Instituts für Umwelt–Friede–Entwicklung (IUFE.AT), die unter anderem der Frage nachgegangen ist: Die neue grüne Revolution in Afrika – Wunderwaffe oder Goldener Schuss?

Die Furche: Herr Höring, in welche Richtung geht Ihre Antwort auf diese Frage?

Uwe Höring: Das ist ja eine Anspielung auf das Drogenmilieu. Daran anknüpfend würde ich die gegenwärtigen Entwicklungen in der afrikanischen Landwirtschaft als tödliche Dosis bezeichnen – mit fatalen Folgen.

Die Furche: Die da sind?

Höring: Die Entwicklungen sind vor allem gefährlich für die Bäuerinnen und Bauern, die vor Ort arbeiten und leben. Die werden durch die nach Afrika drängenden internationalen Agrarindustrien mehr und mehr verdrängt. Das beraubt nicht nur diese Bauern ihrer Lebensgrundlage, sondern bringt zusätzlich die Ernährungssicherheit dieser Länder in Gefahr.

Die Furche: Gerade die letztjährige Nahrungsmittelkrise und das dadurch aufgeworfene Thema Ernährungssicherheit waren mit ein Impuls für die Wiederentdeckung der Landwirtschaft – auch in Afrika …

Höring: … diese Entwicklung wurde ja auch anfangs durchaus mit Hoffnungen verbunden. Nach Jahrzehnten der Vernachlässigung ist die Landwirtschaft wieder zum relevanten Faktor für Entwicklung, Wachstum und Armutsminderung aufgestiegen. Davon könnte Afrikas bäuerliche Landwirtschaft profitieren, die zweifellos neue Konzepte braucht, um ihre Produktivität zu steigern und die Nutzung von Land, Wasser und Arbeitskraft zu verbessern.

Die Furche: Doch Sie meinen diese Hoffnung war verfrüht, diese Chance wird gerade vertan.

Höring: Ja, denn der Druck in Richtung „land grabbing“, also großflächigem Landkauf oder Pachtung, ist sehr groß. Die Regierungen haben großes Interesse an ausländischem Kapital. Die Weltbank unterstützt diese großen Investitionen ebenfalls. Die Großbauern sehen ebenfalls ihre Zukunft im Export. Auf der Strecke bleiben die Kleinbauern.

Die Furche: Der Zug in diese Richtung ist abgefahren?

Höring: Er ist in jedem Fall nur mehr ganz schwer zu stoppen. Es stehen einfach sehr viele, sehr mächtige Interessen dahinter.

Die Furche: Im Weltagrarbericht wird aber genau das Gegenteil empfohlen: Die Autoren des Berichts raten, die landwirtschaftlichen Kleinproduzenten zu stärken, die für ihr lokales Umfeld produzieren. Damit und nur so könne der Welthunger besiegt werden.

Höring: Das sind zwei völlig verschiedene Konzepte. Eine solche kleinteilige, auf Multifunktionalität und Diversität angelegte Landwirtschaft bietet jedoch keine Absatzmärkte für die Düngerindustrie. Die Agrar-Lobby hat deswegen wenig Interesse an der Umsetzung der Empfehlungen des Weltagrarberichts.

* Das Gespräch führte Wolfgang Machreich

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