Thema: Auferstehung?
Die Mehrheit der Muslime glaubt an die Auferstehung Jesu, sie soll gegen Ende der Zeit geschehen, wo er das Gute und Frieden auf Erden verbreiten wird. Im Koran werden mehrere Geschichten von Menschen erzählt, die nach ihrem Tod auferstanden sind (Sure 2:259 und 18:19). Muslimische Mystiker sehen in ihnen nicht nur einen Beweis für die Fähigkeit Gottes, die toten Körper aufzuerwecken, sondern auch einen Hinweis dafür, dass der Mensch sich selbst, also seine Menschlichkeit verlieren, diese aber auch wiederbelebt werden kann. Die Menschlichkeit stirbt, wenn der Mensch nicht mehr als verantwortungsvolles Wesen handelt. Wenn er auf Kosten der Mitmenschen persönlichen Interessen folgt. Wenn er die Hilferufe bedürftiger Menschen ignoriert, wenn er das Leiden auf der Erde nicht mehr wahrnimmt und nichts leistet, um dieses zu mildern.
Die Menschlichkeit stirbt auch, wenn der Mensch seine Verantwortung an religiöse Autoritäten abgibt. Wenn er nicht mehr fähig ist, aus freiem Willen zu handeln.
Die Erziehung zu einem vollkommenen Menschen war das Hauptanliegen von Ibn Miskawaih, einem Moralphilosophen aus dem 10. Jh. In seinem Werk "Läuterung des Charakters", in dem der aristotelische Einfluss nicht zu übersehen ist, schreibt er: "In seiner Menschlichkeit vollkommen zu sein, bedeutet über gutes Unterscheidungsvermögen zu verfügen, treffende Überlegungen anzustellen und durch seine freie Wahl sich für das Beste zu entscheiden. Wem es aber an diesen Merkmalen mangelt, gerät auf die Stufe der Tierheit, ähnlich einem Pferd, das der Fähigkeit zum Rennen beraubt und zu einem Lasttier heruntergestuft wird." Das Mittel, um zur menschlichen Vollkommenheit zu gelangen, ist die auf der Vernunft basierende Selbstreflexion. Dadurch kann der Mensch das Gute erkennen und die Menschlichkeit kann so wiederauferstehen.
* Der Autor ist Islamwissenschafter
