Auferstehung einer Dynastie

19451960198020002020

In der Kunsthalle Leoben ist derzeit eine einzigartige China-Ausstellung zu besichtigen.

19451960198020002020

In der Kunsthalle Leoben ist derzeit eine einzigartige China-Ausstellung zu besichtigen.

Werbung
Werbung
Werbung

Dem Glauben an das Weiterleben der Seele im Körper verdankt die Archäologie unschätzbare Funde. In jüngster Vergangenheit erregten Grabfunde in China Aufsehen.

Ganze Armeen aus Tonfiguren waren dem toten Kaiser beigegeben, zusammen mit Schmuck, Waffen und Geräten für den täglichen Gebrauch. Nun zeigt eine Ausstellung in der Kunsthalle Leoben solche Grabfunde aus der Zeit der Han-Dynastie aus der Zeit von 206 vor bis 220 nach Christus. Der Fundort ist die südwestchinesische Stadt Xuzhou, die mit dem steirischen Leoben in Partnerschaft verbunden ist. Günter Jontes, wissenschaftlicher Leiter der Ausstellung, hat verhältnismäßig wenige, aber typische Objekte ausgewählt. Dadurch ist die Ausstellung übersichtlich und gibt ein lebendiges Bild von chinesischer Kultur, Religion und Politik.

Der erste Raum im Leobner Kunsthaus ist hell gehalten und dem diesseitigen Leben gewidmet. Abreibungen von Wandbildern aus dem Grab zeigen den Alltag einer fürstlichen Familie: Freunde kommen zu Besuch und werden bewirtet, Musiker spielen zur Unterhaltung, ein Pferd wird gesattelt, in der Küche sind Frauen an der Arbeit. Ein besonderes Objekt zeigt, wie die Überlegenheit der Waffentechnik zum Sieg der Han-Dynastie geführt hatte. Ein kunstvoller Mechanismus erlaubte dem Bogenschützen, mehrere Pfeile kurz hintereinander abzuschießen, vergleichbar einem modernen Repetiergewehr. Eine Speisenschüssel aus frühem Porzellan, noch nicht im reinen Weiß, steht für den Anfang einer verfeinerten Kultur.

Der Hauptraum der Ausstellung wird durch ein Tor mit abgetrepptem Rahmen betreten. Dieser Rahmen besteht aus den verschiedenen Hölzern, die aus China in unsere Wohnungen gekommen sind. Den Mittelpunkt dieser "Grabkammer", die etwas gedämpfter beleuchtet ist, bildet der Grabpanzer eines Fürsten. Chinesen kannten keine Einbalsamierung. Sie hielten Jade für "gefrorenes Mondlicht", dem sie die Kraft zuschrieben, den Körper zu erhalten. Der tote Fürst wurde mit einem Panzer aus Jade bekleidet, das Gesicht von einer Maske bedeckt, der Kopf ruhte auf einer verzierten Kopfstütze.

Die Körperöffnungen des Toten wurden mit Jadepflöcken verschlossen, Jadeschweine als Glückssymbole wurden ihm in die Hände gegeben. Die 2.200 Jadeplättchen sind mit Metalldraht verbunden. Für den Panzer eines Kaisers war es Golddraht, für den eines Königs Silber, hohe Beamte mußten sich mit Bronze begnügen.

Die Herstellung eines solchen Totengewandes brauchte 20.000 Arbeitsstunden, auf mehrere Handwerker aufgeteilt. Man konnte daher mit der Anfertigung nicht bis zum Tod des Herrschers warten. Die Sorge für sein Weiterleben führte dazu, daß diese Hülle bereits bei Regierungsantritt in Arbeit gegeben wurde. In gut beleuchteten Vitrinen sind die Objekte ausgestellt, welche dem Verstorbenen das Leben im Grab angenehm machen sollten: Kleine Keramikmodelle von Haus, Getreidespeicher, Dienern, Musikantinnen und natürlich Soldaten, dazu noch Luxusgegenstände wie Goldschmuck und kostbare Jadeobjekte.

Eine außergewöhnliche Rarität ist ein Behälter für Tusche in Form eines Fabelwesens aus vergoldeter Bronze, verziert mit Türkisen.

In China liegen noch an die 200 solcher Fürstengräber. Doch hat sich die Regierung dazu entschlossen, nur alle 100 Jahre ein einziges öffnen zu lassen, und es wissenschaftlich zu erforschen. Ehrfurcht vor den Toten steht über wissenschaftlicher Neugier oder kommerziellen Interessen.

Öffnungszeiten: täglich von 9 bis 18 Uhr.

Die Ausstellung kann bis Donnerstag,19. November in der Kunsthalle, Kirchgasse 6, 8700 Leoben besichtigt werden.

Information: (038 42) 48 148

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung