Aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst

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Die kleine Ortschaft Gneixendorf bei Krems beherbergt einen Schatz, der kaum bekannt ist: das Beethoven-Haus, das Beethoven im Herbst 1826, dem letzten seines Lebens, bewohnte. Dort komponierte er das Streichquartett op. 126 und nahm bei seiner neunten Symphonie, obwohl sie schon uraufgeführt worden war, noch ergänzende Metronom-Eintragungen vor. Am 2. November 1826 verließ er Gneixendorf und fuhr bei Winterwetter in einem offenen Milchwagen nach Wien. Eine mühsame, mehr als ganztägige Reise, bei der sich Beethoven eine schwere Erkältung zuzog, die schließlich am 26. März 1827 zu seinem Tod in seiner letzten Wohnung in der Wiener Schwarzspanierstraße führte.

Das Haus in Gneixendorf steht heute im Eigentum der Weinhauerfamilie Gettinger und wird von Frau Maria Gettinger liebevoll gepflegt. Bei Führungen zeigt sie die Wohnung im ersten Stock, die Beethoven bewohnte. Sie weiß zahlreiche Erlebnisse zu berichten, die von Beethovens Diener Leopold Kaltenbrunner, der mit Frau Gettingers Großvater befreundet war, überliefert wurden.

Wohlhabender Bruder

Beethovens Bruder Johann von Beethoven hat als Apotheker in Linz in seiner Funktion als Heereslieferant in den Napoleonischen Kriegen so viel verdient, dass er sich das 120 Hektar große Gut vom Marschall Lefebvre, dem Herzog von Danzig, erwerben konnte. Des Marschalls Gattin, die Herzogin, ist in der Geschichte als Madame Sans-Gêne besser bekannt. Beethoven wurde von seinem reichen Bruder oft zu Urlauben nach Gneixendorf eingeladen, die Beethoven zeitweise annahm, aber meistens wegen seiner ihm verhassten Schwägerin ablehnte.

Die Landluft genoss Beethoven bei langen Spaziergängen, bei denen er vom Diener Poldl Kaltenbrunner in gehörigem Respektabstand begleitet wurde. Des jungen Burschen Aufgabe bestand darin, dem Herrn von Beethoven die Noten nachzutragen. Beethoven schritt voraus und der Bursch ging nach. Da sah er oft, wie der Komponist in der Luft mit den Händen fuchtelte, durfte ihn aber nicht stören, sonst wär’s mit dem Dienst aus gewesen. Beethoven sprach nie mit ihm, winkte nur mit dem Finger, wenn er sich niederließ, und gab ihm die Rollen, die er beschrieben hatte.

Aus dem Dornröschenschlaf wachgeküsst wurde das ehrwürdige Haus vom Beethoven-Festival, das vom Beethoven Center Vienna erstmals im heurigen Sommer abgehalten wurde. Sogar ein TV-Team aus China sowie Asahi Shimbun, Japans und der Welt größte Tageszeitung mit einer Auflage von acht Millionen Exemplaren und zwanzig Millionen Lesern, berichteten. Mit einem Ansteigen der Besucherzahlen in Gneixendorf ist somit zu rechnen …

(Gerd Rittenauer)

Anmeldungen/Führungen:

Familie Gettinger, 3500 Krems-Gneixendorf, Schlossstraße 19, Tel. 02732-86876

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