Aus den Couloirs des Wiener Funkhauses

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Die Furche kommt schon auf der ersten Seite, die 1966 zum Inhalt hat, vor: Er, Alfred Treiber, hatte im Frühjahr jenes Jahres bei der Furche angeheuert und musste unter deren Kulturchef geistig darben, der "tendenziell feig" war und "die Arbeit nicht erfunden" hatte, sowie weiters "nicht nur unglaublich faul" war, sondern ihn "auch (vermutlich aus Konkurrenzangst, wie ich überzeugt war) selten meinem Talent Entsprechendes arbeiten" ließ. Man muss dem faulen Furche-Kulturchef anno 1966 ja dankbar sein, denn Alfred Treiber konnte sich bei der "katholischen Zeitschrift" nur kurz halten: Er landete beim Radio, wo er es zu Ruhm und Ehre - und jedenfalls bis heute - zum Ö1-Chef gebracht hat.

Dass der Boss seinem Sender zum 40er ein Geburtstagsgeschenk macht, ist nur natürlich. Und so hat Treiber den opulenten Band Ö1 gehört gehört - Die kommentierte Erfolgsgeschichte eines Radiosenders zusammengestellt. Die erste Seite mit der Furche-Vorgeschichte des Radiomachers lässt schon erahnen, dass dieser Chronist als Chronist seiner selbst aufzutreten gewillt ist und dass ihm dies übers Vehikel der Ö1-Geschichte blendend bis arg verstörend gelingt - letzteres, weil er eine Fülle an Details ausbreitet, die einen Leser nichts angehen.

Dem Buch ist seine große Ausführlichkeit und Kurzweil en masse zu konzedieren. Man hat das Gefühl, alles, wirklich alles über Ö1 erfahren zu haben, vom Aufbruch der Rundfunkreform 1967 über die Auf und Abs der folgenden Jahre bis in die unmittelbare Rundfunkgegenwart. Eine Fundgrube für den, der diese wie jene Anekdote lesen oder jedem nur erdenklichen - glaublichen wie unglaublichen - Vorgang in den Couloirs des Wiener Funkhauses nachgehen will - 567 Seiten lang.

Wäre Alfred Treiber aber wirklich Chronist seines Senders, dann wäre sowohl Bescheidung mit weniger als auch Bescheidenheit angesagt gewesen. Otto Friedrich

Ö1 gehört gehört. Die kommentierte Erfolgsgeschichte eines Radiosenders. Von Alfred Treiber. Böhlau Verlag, Wien 2007. 567 Seiten, zahlr. Abb., geb. € 30,80

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