Aus der zauberhaften Parallelwelt "Neverland“

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James Matthew Barries bezaubernder Kinderbuchklassiker "Peter Pan“ auf der großen Bühne des Burgtheaters - in einer federleichten Inszenierung von Annette Raffalt. So viele beglückte Gesichter von Groß und Klein hat man schon lange nicht mehr gesehen. Und ganz nebenbei hat das Theater auch für sich ein wenig Werbung gemacht.

Das weltberühmte Märchen "Peter Pan“ des 1860 geborenen schottischen Schriftstellers Sir James Matthew Barrie ist eine typische Coming-of-Age-Geschichte. Wohl nicht zuletzt deshalb wurde der Stoff bereits über zwanzig Mal verfilmt. Eingepackt in fantastische Abenteuer, handelt die 1902 veröffentlichte Geschichte eigentlich von der Schwierigkeit des Erwachsenwerdens. Dabei ist "Peter Pan“ aber ein Kinderbuchklassiker, der auch für Erwachsene tauglich ist, enthält er doch in seiner Doppelbödigkeit genug, was das Nachdenken lohnt.

In Konkurrenz zum Genre Film

Die von Peter Raffalt besorgte Fassung für das Burgtheater beginnt damit, dass die Fee Tinkerbell mit Peter Pan dessen Schatten sucht, der ihm - in Barries Original - abhanden gekommen ist, als die Amme den frechen neuen Spielgefährten der Kinder des Buchhalterehepaares Darling vertreibt, indem sie blitzschnell das Fenster schließt. Als Wendy dem unglücklichen Peter Pan den Schatten wieder annäht, bringt er ihr aus Dankbarkeit das Fliegen bei. Er nimmt sie und ihren kleinen Bruder Mike mit in seine hinter den Wolken liegende Parallelwelt. Neverland ist das Reich der ewigen Kindheit, wo heimatlose Kinder, allerhand Fabelwesen, Feen, Nixen, wilde Tiere, Indianer und die Piraten um Käpt’n Hook wohnen.

Es ist die dem Stoff innewohnende Fantastik, die "Peter Pan“ bislang nicht unbedingt für das Theater geeignet hat erscheinen lassen. Denn hier muss es jede Bühnenadaption mit den grenzenlosen Trickmöglichkeiten des Films und den effektgewohnten Erwartungen der Zuschauer aufnehmen. Regisseurin Annette Raffelt ist indes eine feine Produktion gelungen, die einerseits die Möglichkeiten des (Burg-)Theaters voll auskostet, ohne andererseits auch auf die Besonderheiten des Theaters zu verzichten. Bei aller technischen Raffinesse bleibt diese Inszenierung im besten Sinne immer Theater und taugt deshalb nicht zuletzt auch dazu, einem jungen Publikum die Schönheiten dieses Mediums nahezubringen. Bühnenbildner Bernhard Kleber hat die Drehbühne wie einen Abenteuerspielplatz gebaut, mit Stegen und Treppen, Nischen, Gruben etc.

Getragen wird die Aufführung nicht zuletzt aber auch von den glänzend aufgelegten Mitgliedern des Burgtheaterensembles, welche die jugendlichen Darsteller des Theaterjahres ergänzen. Markus Meyer in der Titelrolle ist ein agiler, frecher, auch selbstverliebter und bisweilen trauriger Peter Pan, der anders als Wendy (Esmée Liliane Amuat) sich trotzig weigert, erwachsen zu werden und deshalb am Ende in seinem Leben einsam bleibt. Sein Widersacher mit der Angst vor dem tickenden Krokodil ist Dietmar König. Im Käpt’n-Sparrow-Look (aus "Pirates of the Caribbean“) buhlt er als Käpt’n Hook, der nicht nur schurkisch und brutal ist, sondern auch empfindlich, in seiner Einsamkeit fast zerbrechlich, mit Johnny Depp um die Gunst des Publikums, wobei er ihm in Mimik und Gestik verblüffend nahe kommt (das Fernduell geht mindestens unentschieden, gar mit leichten Vorteilen für König aus). Besonders gelungen ist sein großer Monolog nach der Pause, in dem er über den Sinn des Piraten-Lebens nachdenkt und beim jugendlichen Publikum viele lebhafte Einwürfe und Zwischenrufe provoziert. König improvisiert vortrefflich, indem er bis zuletzt ein ums andere Mal wiederholt: "Ich brauche noch einen Schiffsjungen.“

Begeisternde Mavie Hörbiger

Der schillerndste Star dieser Inszenierung aber ist Mavie Hörbiger in der Rolle der eifersüchtigen Zauberfee Tinkerbell. In einem an nordischen Sprachen orientierten Kauderwelsch trägt sie mit tiefem Timbre unentwegt Schimpftiraden vor, wobei ein Kraftausdruck den anderen jagen dürfte, und schafft so einen spannungsvollen und komödiantischen Gegensatz zu ihrer zierlichen Erscheinung.

So viele beglückte Gesichter bei Groß und Klein wie am vergangenen Sonntag hat man im Burgtheater schon einige Zeit nicht mehr gesehen. Und das Theater hat ganz nebenbei ein wenig für sich Werbung gemacht.

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