Außenposten der heimischen Industrie

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Das Brüsseler Büro der Vereinigung Österreichischer Industrieller ist zur Stelle, wenn in Europas Wirtschaft die Weichen gestellt werden.

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Das Brüsseler Büro der Vereinigung Österreichischer Industrieller ist zur Stelle, wenn in Europas Wirtschaft die Weichen gestellt werden.

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Die ersten Wochen nach dem EU-Boykott waren hart. Als Land ständig in den Medien und bei Gesprächen im Eck zu stehen, war furchtbar", gibt Berthold Berger-Henoch, Leiter des Brüsseler Büros der Vereinigung der Industriellen Österreichs (IV) zu. "Die praktische Arbeit wurde dadurch jedoch nicht beeinträchtigt - ganz im Gegenteil. In kritischen Situationen hält die Familie einfach zusammen."

Zusammenarbeit wird bei der ständigen Vertretung der IV in Brüssel großgeschrieben. Unter einem Dach mit der offiziellen Vertretung Österreichs in der belgischen Hauptstadt, ist das Fünf-Kopf-IV-Büro in ständigem Kontakt mit den Sozialpartnern und den Ministerien. Regelmäßige gemeinsame Sitzungen fördern das Zusammengehörigkeitsgefühl. "Durch das Zusammenhalten sind wir natürlich auch stärker."

Die Industriellenvereinigung verfolgt vor Ort primär drei Hauptaufgaben: Sie ist Informationsdrehscheibe, entwickelt und koordiniert Lobbyingthemen und ist für Mitglieder da, wann immer diese der Schuh drückt. Sei es bei einer Förderung, irgendeinem Handels- oder Zollproblem, oder daß Richtlinien einen Passus enthalten, der österreichischen Mitbewerbern schadet. "Da ziehen wir dann die Notbremse. Das ist ganz wichtig. Unsere Mitglieder sollen spüren, daß es uns gibt - daß wir für sie da sind", gibt sich der IV-Außenstellenleiter servicebewußt.

Im Zeitalter der Information ist es kein Problem, immer am letzten Stand der Dinge zu sein. Ein Problem stellt eher die immense Fülle der produzierten Schriftstücke dar. Sie zu filtern und herauszufinden, was letztlich verbandsrelevant ist, gehört zu den Aufgaben der Menschen die dort arbeiten. Eng zusammengearbeitet wird auch mit der UNICE, dem europäischen Dachverband aller Industrie- und Arbeitgeberverbände der EU-Mitgliedsstaaten und anderer europäischer Länder, etwa der Schweiz und Norwegen. Die Beitrittskandidaten aus den osteuropäischen Ländern haben Beobachterstatus.

60 bis 70 Prozent aller wirtschafts- und industrierelevanten Gesetze haben ihren Ursprung in der EU und werden später - oft stark verzögert - in nationales Recht übernommen. Es ist daher von Vorteil, von Anfang an bei der Entscheidungsfindung mitzuwirken. So können nachteilige Auswirkungen einer EU-Verordnung hoffentlich gleich im Keim erstickt werden.

In den letzten Jahren ist das Brüsseler IV-Büro sehr gut in die Rolle des Monitorings hineingewachsen. Vor Ort bietet sich ein guter Überblick über die Themen, die EU-intern diskutiert werden. In enger Absprache und Koordinierung mit den Fachabteilungen und dem Generalsekretariat in Wien werden die industrierelevanten Themen aufgegriffen und als Schwerpunkt der IV-Arbeit definiert.

Derzeit stehen an die 15 Schwerpunktthemen an. Darunter die Liberalisierung des Schienenverkehrs, der Energie, der Telekommunikation, des Kapitalmarkts. Klares Hauptthema ist nach wie vor die EU-Osterweiterung und ganz aktuell, die neue Wirtschaftswelt, die New Economy.

Das Wirtschaftswunder der USA, mit einem durch acht Jahre hindurch andauernden Wirtschaftswachstum, ist mit ein Verdienst der New Economy. Der Einsatz neuer Technologien erhöht die Produktivität bei gleichzeitig niedriger Inflation. "Startups" - junge Unternehmen aus dem Bereich der Neuen Medien - boomen und sind die Lieblinge der Börsianer.

New Economy Europa hat in Sachen New Economy enormen Nachholbedarf. Hemmend wirkt sich hier die Überbürokratisierung der EU aus. Das hat man auch EU-intern erkannt. Am Sondergipfel in Lissabon im März dieses Jahres wurde daher der ganze Bereich der New Economy zur Chefsache erklärt und beschlossen, sich mit klaren Zielen und Aktionsplänen für die neue Wirtschaftswelt fit zu machen. Dabei will man - im Gegensatz zu den USA - den hohen europäischen Sozialstandard keineswegs gefährden. Ein sozialbedachtes, liberales Wirtschaftsprogramm ist ganz im Sinne der Industriellenvereinigung, die dieses Thema bereits seit Herbst vergangenen Jahres verfolgt.

Im Zusammenhang mit der New Economy kommt dem ganzen Bereich der Aus- und Weiterbildung ein ganz besonderer Stellenwert zu. "Um New Economy leben zu können ist Ausbildung und Training auf den neuen Technologien unverzichtbar", ist Berger-Henoch überzeugt. Übrigens auch die EU, wo erstmals Ausbildung und Training zu einem EU-Thema gemacht wurde.

Vieles spricht dafür, daß derzeit die Industriellenvereinigung mit dem Wind segelt. Doch es können auch wieder schlechtere Zeiten kommen. Immer ist es jedoch wichtig, dort vertreten zu sein, wo die Karten gemischt werden. Diese dann richtig auszuspielen liegt bei den Verantwortlichen und Experten in Wien. Und diese haben eine klare Vorgabe: ihre Mitglieder bestmöglich zu vertreten.

Der Beitrag wurde durch einen Druckkostenbeitrag unterstützt.

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