Bauernopfer der Schmiergeld-Kaiser

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Eine aktuelle Studie zeigt, dass Korruption ein alltäglicher Begleiter im Leben von Österreichs Nachbarn ist. Allein mehr EU-Druck kann helfen.

Die "orange Revolution" in der Ukraine zum Jahreswechsel 2004/05 wurde vor allem in der Hauptstadt Kiew ausgefochten. Schon kurz danach war der Sieg der freien Ukraine aber auch für Reisende an abgelegenen Grenzübergängen spürbar. Die Einreise war mit einem Mal ein normaler Grenzübertritt und kein gefürchtetes Grenzüberzittern mehr. Mehrsprachige Aufkleber an den Grenzstationen wiesen nämlich auf eine rund um die Uhr besetzte Telefonnummer hin, an die man sich bei Problemen mit den Grenzbeamten wenden konnte. Die Möglichkeit einer Intervention genügte, um korrupten Erpressungen bei den Einreiseformalitäten den Garaus zu machen.

"Korruption ist das Krebsübel jeder Gemeinschaft", sagte Albert Rohan bei der dieswöchigen Präsentation einer Studie der Paul Lazarsfeld Gesellschaft zum Thema Korruption, in der die "subjektive Wahrnehmung und Gegenstrategien im internationalen Vergleich" untersucht wurden. Botschafter-Doyen und Studienprojektleiter Rohan sieht einen direkten Zusammenhang zwischen schwachen Institutionen in einem Staat, wuchernder Korruption und der daraus resultierenden Armut. Aus den Studienergebnissen liest Rohan, dass die Bekämpfung der Korruption nicht nur notwendig ist, "sie wäre auch überaus populär. Politiker, die sich ihrer annehmen, hätten den Großteil der Bevölkerung auf ihrer Seite". Siehe die postrevolutionäre Ukraine - da hat Rohan sicher Recht - die Anti-Korruptionsbemühungen haben mittlerweile aber nicht nur dort wieder schwer nachgelassen.

Die Studie machte einen Ländervergleich zwischen Österreich (langjähriges EU-Mitglied mit langer demokratischer Tradition), seinen Nachbarstaaten Slowenien, Ungarn, Tschechien, Slowakei (neue EU-Mitglieder des ehemaligen Ostblocks) und Kroatien als EU-Beitrittskandidatenland. Zusammenfassend lässt sich als Ergebnis sagen, dass die Österreicher ein ausgeprägtes Sensorium für Korruption haben, diese hundertprozentig ablehnen, es aber bei Bagatellbeträgen oder kleinen Geschenken nicht so streng nehmen.

Spottgehälter machen korrupt

Im Unterschied zu den anderen untersuchten Ländern zählt Österreich im Korruptionsindex 2008 mit Platz 12 zu den Spitzenreitern. Slowenien liegt auf Platz 27, Ungarn auf 39, Tschechien auf 41, Slowakei auf 49 und Kroatien auf Rang 64. Am wenigsten Korruption gibt es in den skandinavischen Staaten, in der Schweiz, Holland, Luxemburg, Island sowie Neuseeland, Kanada und Australien.

Als Gründe für korruptes Verhalten werden neben Macht- und Geldgier auch Habsucht, Egoismus, eine gewisse Mentalität und die Tradition aus dem Kommunismus angeführt. Rohan betonte, dass die geringe Entlohnung von Beamten ebenfalls eine Rolle bei der Korruptionsanfälligkeit spielt.

All das führt dazu, dass in Tschechien, Slowakei und Ungarn die Korruption als sehr verbreitet angesehen wird. In Kroatien gehört sie zur alltäglichen Praxis und wird als völlig normal eingestuft. Vor Wahlen und auf Druck der EU werde seitens der Politik zwar immer wieder dagegen reagiert. Letztlich bleibe es aber beim Aufdecken der Spitze eines Eisbergs. Große Hoffnungen setzen die Bürgerinnen und Bürger der befragten Länder diesbezüglich auf die EU. Nur der Druck aus Brüssel könnte zu strengeren Gesetzen, genaueren Kontrollen, härteren Strafen und zu einer Lösung des Problems beitragen.

So ist es kein Wunder, dass Albaniens Regierungschef Sali Berisha vor allem die Erfolge seines Landes im Kampf gegen Korruption und Organisierte Kriminalität in den Vordergrund rückte, als er diese Woche ein EU-Beitrittsgesuch Albaniens für den Sommer ankündigte. Und in Albanien mag es diesbezüglich sicher besser sein als noch vor ein paar Jahren. Ob es ausreicht, bleibt jedoch fraglich, denn die Hochburg der Korruption ist nach wie vor der Balkan.

EU hat den Westbalkan verloren

Ob in Rumänien, wo in den letzten paar Jahren sieben Minister wegen Korruptionsvorwürfen ihren Hut nehmen mussten, oder in Kroatien, wo im letzten Jahr bei der größten Anti-Korruptionsaktion in der Geschichte des Landes 24 Hochschullehrer wegen verkaufter Prüfungen und Diplome festgenommen wurden. Oder in Bulgarien, gegenüber dem die EU-Kommission in einem beispiellosen Schritt eine halbe Milliarde Euro Fördergelder wegen Günstlingswirtschaft, Amtsmissbrauch und Schlamperei zurückgehalten hat.

Blagoje Grahovac, Berater des montenegrinischen Parlamentspräsidenten, zeichnete unlängst ein düsteres Bild: Der westliche Balkan sei sowohl für die EU, die USA als auch für die Demokratie verloren, weil "gefährliches" und "unsauberes" russisches Kapital mit Hilfe "der alten Geheimdienstkanäle des KGB" Montenegro und Serbien fest im Griff halten.

Auf die Frage an Albert Rohan, ob österreichische Unternehmen in diesen und anderen schmiergeldverseuchten Ländern bei der Korruption mitmachen oder österreichische Standards hintragen, antwortete dieser knapp, aber eindeutig: "Sie passen sich an, sonst machen andere das Geschäft!"

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