Bei diesen Preisen - wozu denn sparen?

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In den achtziger Jahren eine Tugend hat das Energiesparen in den letzten Jahren an Appeal verloren - leider auch für die Energiepolitik . Und dennoch tut sich auf diesem Sektor einiges, wie die am Sonntag zu Ende gegangene Energiesparmesse in Wels gezeigt hat. Es werden nämlich auf diesem Gebiet weiterhin gute Konzepte, technische Neuerungen entwickelt und nach wie vor viel idealistisches Engagement eingebracht. Einiges davon kommt im folgenden Dossier zur Sprache. Redaktionelle Gestaltung: Christof Gaspari. Das Anliegen Energiesparen hat an Attraktivität eingebüßt. Derzeit wird eher lustlos am Erreichen der Kyoto-Ziel gebastelt.

Die Einstellung zum Energieverbrauch hat sich in den letzten Jahrzehnten mehrfach geändert. Bis in die siebziger Jahre galt ein hoher Energieverbrauch als Indikator für eine moderne Wirtschaft (mit hohem Kapitaleinsatz im Vergleich zur Arbeitskraft). Auch als Wohlstandsmaß diente der Indikator.

Diese Sichtweise änderte sich im Gefolge von Erdölschock und wachsenden Umweltproblemen. Die Tatsache, dass fossile Energieträger nur beschränkt verfügbar sind und ihre Beschaffung und Verwendung die Umwelt belasten, trat ins Blickfeld von Wissenschaft und Entscheidungsträgern. Die Erfahrung, wie abhängig die Industriestaaten vom Erdöl und damit vom Nahen Osten waren, weckte die Bereitschaft, neue Akzente in Sachen Energie zu setzen.

Forciert von den Medien wurde Energiesparen auch zum Thema für die Politik. Es mehrten sich die Initiativen, die darauf abzielten, fossile durch erneuerbare Energie zu ersetzen. Nachdem sich die Hinweise auf eine Klimaänderung verdichteten, blieb das Thema Erneuerbare in den neunziger Jahren weiter auf der Agenda. Mit ihrem 1997 veröffentlichten Weißbuch "Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energieträger" stellte die EU tatsächlich auch die Weichen in diese Richtung.

EU setzt auf Erneuerbare

Die Folge: Nicht mehr das Energiesparen an sich steht nun im Vordergrund der Bemühungen, vielmehr richten sich die Bemühungen der letzten Jahren vor allem auf einen verringerten Ausstoß klimaschädigender Gase. Energiesparen wurde so zu einem nachgeordneten Anliegen und trat eher wieder in den Hintergrund.

Ein Blick auf die österreichische Energiestatistik lässt dieses Auf und Ab erkennen: Vergleicht man das Wirtschaftswachstum von 1980 bis 2001 (+60 Prozent) mit der Entwicklung des Energieverbrauchs (+37 Prozent), wird deutlich, dass für wirtschaftliche Leistung heute weniger Energie eingesetzt wird als vor 20 Jahren. Diese größere "Sparsamkeit" ist allerdings den Bemühungen in den achtziger Jahren zu verdanken. Damals wuchs die Wirtschaft um 26,5 Prozent, während der Energieverbrauch nur um sechs Prozent zunahm. In den neunziger Jahren jedoch wuchsen beide Größen gleich rasch. Die Wachstumseuphorie der zweiten Hälfte des Jahrzehnts ließ das Anliegen Energiesparen wieder in den Hintergrund treten. Vor allem der Erdgasverbrauch stieg stark an.

Diese Verbrauchssteigerung ist nicht unverständlich, wenn man die Preisentwicklung zwischen 1997 und 2003 betrachtet: vier Prozent plus für Energie, plus elf Prozent für das allgemeine Preisniveau. Das heißt: Relative Verbilligung von Energie in den letzten sieben Jahren. Die Dollar-Abwertung und ein großes Angebot drückten auf die Erdölpreise.

Die Versorgung mit billigem Erdöl trug auch dazu bei, dass der technische Fortschritt im Automobilbau nicht die erhofften Folgen, nämlich weniger Treibstoffverbrauch, gehabt hat. Tatsächlich verbrauchen die heutigen Modelle ja weitaus weniger Kraftstoff als ihre Vorgänger. Man erinnere sich nur daran, dass ein VW-Käfer noch in den sechziger Jahren 13 Liter auf 100 Kilometer und mehr "versoff". Dennoch zeigen Zeitreihen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, dass sich der durchschnittliche Treibstoff-Verbrauch der Pkw-Flotte seit 1970 kaum verändert hat. Dieser Wert liegt heute bei etwa 8,8 Liter für 100 Kilometer.

Trend zu stärkeren Autos

Der Grund dafür liegt in einem markanten Trend zu stärkeren Fahrzeugen, die eben auch mehr verbrauchen. Würden die sparsamen Autos in der Kfz-Flotte dominieren, könnte der Kraftstoff-Verbrauch um bis zu 30 Prozent gesenkt werden. Viele Modelle begnügen sich ja heute mit sechs Litern Treibstoff und weniger.

Von einer solchen Entwicklung ist Österreich derzeit jedenfalls weit entfernt. Vielmehr steigt die Menge des vom Verkehr produzierte CO2 munter weiter. Kein Wunder übrigens, liegen doch die österreichischen Benzin- und Dieselpreise deutlich unter dem EU-Durchschnitt. So zahlten etwa die Deutschen (Stichtag 26.2.04) um 21 Prozent mehr für Benzin als wir. Es spricht sehr viel dafür, dass es ohne spürbare Erhöhung der Preise nicht zu Einsparungen beim Treibstoffverbrauch kommen und damit das Kyoto-Ziel nicht zu erreichen sein wird.

Welche Verluste im heutigen System der Energieversorgung auftreten, zeigen Daten für den Energiefluss in Österreich. Berechnungen der Energieverwertungsagentur zufolge nützen Wirtschaft und Haushalte hierzulande nur 53 Prozent des Energiegehalts der eingesetzten Primärenergieträger (Erdöl, Erdgas, Kohle, Biomasse, usw.).

Große Energieverluste

An zwei Stellen treten diese Verluste auf: Zunächst im Energiesektor selbst und zwar bei der Umwandlung von Primär- in Endenergie (also bei der Erzeugung von Heizöl, Treibstoffen, Elektrizität, usw.). Im Zuge dieses Vorgangs gehen 13,5 Prozent der Energie verloren. Verluste in der Höhe von 33,5 Prozent treten dann bei der Energienutzung selbst auf, also etwa beim Verbrennen von Erdgas um Raumwärme zu erzeugen, bei der Umwandlung von Strom in Licht. Technische Neuerungen bieten da ein breites Spektrum sehr sinnvoller Einsparmöglichkeiten. Im Bereich der Raumwärme werden sie heute am ehesten verwirklicht (siehe Seite 23).

Energiesparen - da bleibt noch einiges zu tun. Wirklich spürbare Erfolge - sie sind notwendig, wenn es zu dem langfristig angepeilten Umstieg auf erneuerbare Energieträger kommen soll - werden erst eintreten, wenn die Energiepolitik entsprechend die Weichen stellt. Das wirksamste Mittel sind Preiserhöhungen. Das zeigen die Erfahrung der achtziger Jahre, aber auch das Beispiel Deutschlands. Dort ist es dank einer ökologischen Steuerreform, die fossile Energieträger spürbar verteuert hat und weiter verteuert, gelungen, in den letzten Jahren den Energie-Verbrauchszuwachs vom Wirtschaftswachstum abzukoppeln.

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