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Das umgebaute und erweiterte Mauritshuis in Den Haag beherbergt eine einzigartige Sammlung flämischer und holländischer Meisterwerke aus dem 17. Jahrhundert.

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Das umgebaute und erweiterte Mauritshuis in Den Haag beherbergt eine einzigartige Sammlung flämischer und holländischer Meisterwerke aus dem 17. Jahrhundert.

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Geplant wurde der umfassende Umbau und die Erweiterung des Mauritshuis seit 2009. Im April 2012 schloss das Museum seine Pforten und eine kleine, aber sehr feine Auswahl der Sammlung ging auf Welttournee - nach Japan, Italien und in die USA. Ein voller Erfolg mit mehr als 2,2 Millionen Besucher.

Der Umbau verlief reibungslos, das Budget von 30 Mio. Euro, teilweise gestemmt durch die Welttournee, wurde nicht überschritten und, wie vorgesehen, öffnete das Museum vor wenigen Wochen, am 27. Juni wieder seine Pforten. (Zum Vergleich: die Renovierung des Amsterdamer Rijksmuseums verschlang 375 Mio. Euro und statt 2006 eröffnete man erst 2013.)

Das Mauritshuis liegt im Herzen von Den Haag, neben dem sogenannten Binnenhof, dem niederländischen Parlament. Jacop van Campen entwarf den kleinen Palast Mitte des 17. Jahrhunderts als Privatresidenz für Johan Maurits, Fürst von Nassau-Siegen, zeitweilig Statthalter Brasiliens. Später diente es u. a. als Gästehaus und Militärschule, 1822 wurde die königliche Gemäldesammlung, die Sammlung der Prinzen von Oranien, hierher verlegt.

Im lediglich zwei Stockwerke umfassenden Haupthaus werden ca. 260 Gemälde ausgestellt, das ist rund ein Drittel der Sammlung. Weitere Bilder der Sammlung sind im sogenannten Buitenhof zu sehen in der Galerie Prinz Willem V., die Wilhelm V. von Oranien 1744 für seine Kunstsammlung errichtete, die erste öffentlich zugängliche Hollands. Auch diese Galerie wurde umfassend renoviert. Die Wände sind, historisch getreu, dicht behängt - und bevor man geht, sollte man unbedingt am Fenster innehalten: Dort hängt Berckheydes Bild einer Jagdpartie nahe des Hofvijver in Den Haag, gemalt 1685-90, der Blick aus dem Fenster und das Bild sind fast identisch - das Straßenleben allerdings ein ganz anderes.

Zurück ins Haupthaus. Ein elegant und großzügig gestaltetes Foyer verbindet nun den klassizistischen Hauptbau mit dem Royal Dutch Shell-Flügel, ein Art-Deco-Gebäude auf der anderen Straßenseite, das schon seit längerem vom Museum genutzt wurde. Hier sind Räumlichkeiten für Sonderausstellungen, Veranstaltungen, Büros, eine Bibliothek und eine vorzügliche Brasserie. Das Foyer ist unterirdisch, trotzdem aber hell und einladend. Man gelangt per Treppe oder neuartigem Aufzug dorthin - der erste, so informiert das Museum, der gänzlich aus Glas besteht.

Gleich im ersten Raum entdeckt man neben einem der Meisterwerke des Museums, die wunderbare Zusammenarbeit Peter Paul Rubens und Jan Brueghels, "Der Garten Eden"(Rubens malte die Figuren und Brueghel Pflanzen und Tiere), zwei deliziöse Grisaillen, also ganz in schwarz-weiß gemalte Bilder von Martinus Josephus Geeraerts, eine Allegorie des Herbstes und spielende Putti, erst beim genaueren Hinsehen erkennt man, dass es keine Reliefs sind.

Museum mit intimem Charakter

Die zwei Grisaillen hängen nun jeweils über der Tür - sie passen so wunderbar dorthin, dass man meinen könnte, sie wurden genau für diesen Ort konzipiert. Auch weitere Bilder wurden sozusagen in die Wandverkleidung integriert. Hier spürt man die Haltung, die die Renovierung des Museums leitete: nämlich genau durchdachte, subtile Verbesserungen durchzuführen, um so die Werke noch besser präsentieren zu können. So sind die Wände nunmehr mit Seidentapeten versehen, eigens für das Museum nach Mustern des 18. Jahrhunderts in Frankreich gefertigt.

Man sollte sich Zeit nehmen und nicht nur die berühmten Gemälde der Sammlung wie Rembrandts "Die Anatomie des Dr. Tulp" oder Paulus Potters riesigen Bullen abhaken. Denn dazwischen sind wahre Schätze, manche davon so klein, dass man sie fast übersieht, wie Caspar Netschers nur 11,2 x 8 cm großes Bild eines kleinen Jungen mit Seifenblasen oder Johannes Thopas' berührendes Bild eines verstorbenen kleinen Mädchens im Totenbett, das zwar größer, aber inmitten der rundherum hängenden Bilder leicht zu übersehen ist (2. Stock, beim Eingang zu Raum 14).

Die aktuelle Ausstellung erzählt die Geschichte des Gebäudes, auf die nächste darf man gespannt sein: vom 5. Februar bis 10. Mai 2015 sind Höhepunkte der New Yorker Frick-Sammlung zu sehen, ein weiteres Museumsjuwel.

Das Mauritshuis hat seinen intimen Charakter bewahrt, durch seine Kleinheit ist man nicht schon von Beginn an überwältigt. Trotz der vielen Besucher herrscht eine angenehme und ruhige Atmosphäre. Dazu tragen auch die vielen Sitzgelegenheiten bei. Die braucht man spätestens dann, wenn man Raum 15 im zweiten Stock erreicht hat, dort hängen Vermeers Meisterwerke, "Das Mädchen mit dem Perlohrring" und die "Ansicht von Delft" - diese ist nun mit modernster LED-Technik wunderbar ausgeleuchtet und präsentiert. Allein dafür lohnt sich die Reise, denn keine Reproduktion der Welt kann dieses Meisterwerk auch nur annähernd einfangen.

Mauritshuis

Königliche Gemäldegalerie Den Haag

Di-So 10-18, Do bis 20 Uhr

www.mauritshuis.nl

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