Werbung
Werbung
Werbung

Wiederbelebungsversuch von Donizettis selten gespielter Oper "La Favorite" an der Staatsoper.

Ein zwitterhaftes Wesen" urteilte man über "Richard und Mathilde", wie Gaetano Donizettis Oper "La Favorite" bei der Wiener Erstaufführung 1841 betitelt wurde. Das heutige Wiener Publikum scheint das mittlerweile kaum noch gespielte Werk ähnlich einzuschätzen, denn so ließen sich der schleppende Applaus und die leidenschaftslosen Buhrufe bei der Staatsopernpremiere am Montag erklären. Nicht Fisch, nicht Fleisch: Weder die Freunde der italienischen Oper noch jene des französischen Faches kommen auf ihre Kosten.

Donizetti schrieb "La Favorite" für die Pariser Opéra und passte sich dem Geschmack des dortigen Publikums an, das für verzierten Gesang nichts übrig hatte. "La Favorite" ist also trotz zündender Melodien bestenfalls Belcanto light. Zwar bemühte sich Dirigent Fabio Luisi mit Erfolg, das Staatsopernorchester - vulgo Wiener Philharmoniker - mit triumphierenden Bläsern und bebenden Streichern im italienischen Schmelz schwelgen zu lassen, doch gesanglich lässt die französische Oper nun einmal keine Italianità zu, sondern nur die typisch schnörkellose Lyrik. Im Gegenzug hat Regisseur John Dew die Balletteinlage - ein Muss für die Franzosen - gestrichen.

Wie antiquiert muss eine Inszenierung eigentlich sein, um vom Staatsopernpublikum akzeptiert zu werden? Immerhin klang das obligate Buhkonzert diesmal mehr nach Dienst nach Vorschrift denn nach leidenschaftlicher Ablehnung. Abgesehen von den Kostümen im Stile der dreißiger Jahre (José-Manuel Vazquez) und einem "modernen" Bühnenbild (Thomas Gruber) verdient die Aufführung das Prädikat "werktreu". Einzige Ungereimtheit der optisch äußerst ansprechenden Bühne sind die allgegenwärtigen bedrohlichen Kruzifixe, denn nicht Glaube oder Kirche sind der Motor des Dramas, sondern ein überzogener Ehrbegriff, der wohl auch im 19. Jahrhundert nur auf dem Papier Gültigkeit hatte. Wenigstens gelingt es Dew, die fatale Wendung der zentralen Liebesgeschichte auch als Ergebnis von Intrige und sozialem Druck plausibel zu machen.

Libretti werden oft zu Unrecht gescholten, diese um die Mätresse des Königs und eines zu Soldatenehren gekommenen liebestollen Novizen kreisende Story jedoch ist an den Haaren herbeigezogen. Violeta Urmana gibt trotz Erkrankung tadellos die Léonor, die sich in den angehenden Mönch Fernand verliebt. Berührend ist Giuseppe Sabbatinis gekonnte Interpretation des Jungen, der das Kloster verlässt, um sich auf dem Schlachtfeld der Geliebten würdig zu erweisen; nobel Carlos Alvarez als der gar nicht noble König Alphonse IX., der seine Geliebte als Angetraute des frischgebackenen Marquis Fernand entsorgt. Schließlich wäre noch Giacomo Prestia zu erwähnen, der als gestrenger Abt Balthazar einen Hauch von Inquisition an den kastilischen Hof bringt. Am Ende stirbt Léonor ohne äußere Einwirkung in Fernands Armen - ein Schicksal ähnlich dem des Werkes selbst, dessen Wiederbelebung an der Staatsoper trotz guter künstlerischer Leistungen als fehlgeschlagen ist.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung