Werbung
Werbung
Werbung

Eine Ausstellung des Papyrusmuseums zeigt Ess-und Trinkgewohnheiten im alten Ägypten.

Alexander der Große muss ein kluger Herrscher gewesen sein. Als er 332 v. Chr. Ägypten eroberte, machte er sich die herrschende Klasse zum Freund, indem er die Priester in ihren Ämtern bestätigte. Seinen Respekt vor der uralten Religion demonstrierte er, indem er in Memphis dem Apis-Stier opferte und sich mit der traditionellen Doppelkrone der Pharaonen krönen ließ. Und, wohl wichtigste Voraussetzung einer gelungenen Eroberung: Tausende von griechisch sprechenden Soldaten und Siedlern aus allen Teilen des östlichen Mittelmeerraums, die in der Hoffnung auf ein gutes Leben nach Ägypten strömten wie die Europäer im 18. Jahrhundert nach Amerika, nahmen den Einheimischen keinen Quadratmeter Boden weg. Vielmehr wurde das Wasser des parallel zum Nil fließenden, von diesem abgezweigten Fluss Bahr Jussuf (Josephsfluss) planvoll in Kanäle der Oase Fayum, 60 km südwestlich von Kairo, geleitet.

Papyri aus der Oase Fayum

Von dort stammen die meisten der 52 Papyri in griechischer, koptischer, lateinischer und arabischer Sprache (das Papyrusmuseum besitzt 76.000 arabische Papyri, von denen erst 850 bearbeitet sind!), die das Papyrusmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek derzeit zusammen mit Tafelgeschirr, Textilien und Münzen zu einer eindrucksvollen Ausstellung vereint.

Die Eroberer und die Unterlegenen dürften gut miteinander ausgekommen sein. Das beweist die Veränderung der Ess-und Trinkgewohnheiten der Ägypter unter der griechischen, später römischen Herrschaft. Bestand im alten Ägypten das wichtigste Nahrungsmittel, Brot, aus Gerste oder Spelt, wird unter den Eroberern Weizen zur Grundlage der Ernährung und zum wichtigsten Exportgut. Im 1. Jahrhundert n. Chr. deckte Ägypten ein Drittel des gesamten römischen Getreidebedarfs. Im 5. Jahrhundert v. Chr. hatte der griechische Historiker Herodot berichtet, in Ägypten trinke man einen Wein, der aus Gerste hergestellt werde: also Bier. Die Ägypter waren Bürokraten, haben alles Geschriebene aufgehoben, und der Wüstensand hat es bewahrt. So verraten Bestell-Listen, dass der Wein in griechisch-römischer Zeit das alte Getränk verdrängt. Die Qualitätsansprüche waren hoch. Da heißt es auf einem Papyrus: "Der Bauer Aurelios Danielis ... versichert dem Käufer, den Wein umzutauschen, wenn er als Weinessig oder unausgegoren oder muffig riechend befunden wird." Die Weinproduktion war streng geregelt, ja sogar die Unterhaltung der Kelterer durch Flötenspieler fand in einem Vertrag ihren Niederschlag.

Die Griechen waren nicht ganz frei von Überheblichkeit, etwa wenn sie ihr Olivenöl mit dem aus der Rizinuspflanze gewonnenen in Ägypten verglichen. Herodot schrieb, es habe einen schlechten Geruch. Unter den Römern verbreitete sich in Ägypten der Anbau von Rettich zur Gewinnung des Öls aus dessen Samen.

Der Nil, Lieferant des fruchtbaren Schlamms, führte und führt noch immer viele Fische. Manche waren den Ägyptern heilig; so findet sich in der Ausstellung ein mumifiziertes Nil-Bärschlein. Von hoher Esskultur sprechen eigene Fischteller, verziert mit Fisch-und Meerestier-Darstellungen, die das Kunsthistorische Museum beigesteuert hat. Aus dem einzigen auf Papyrus erhaltenen Kochbuch aus dem 3. Jahrhundert n. Chr., dem Hauptobjekt der Ausstellung, hat die Direktorin des Papyrusmuseums, die wissenschaftlich bestens ausgewiesene Cornelia Römer, Rezepte nachgekocht und fotografiert, ehe sie ihre Mitarbeiter z. B. zu gefülltem Thunfisch in Papyrus einlud. Die Rezepte finden sich mit genauen Maßangaben im Katalog.

Lachen, scherzen, denken

Diese vorzügliche, sinnliche, anregende Ausstellung bleibt nicht im Materiellen stecken. Ein Papyrus, griechisch, 300 v. Chr. geschrieben, aus der oberägyptischen Grenzstadt Elephantine (im Gebiet des heutigen Assuan) enthält die Eröffnungsrede für ein griechisches Gastmahl: "Wenn wir, meine Freunde, in dieser Runde zusammenkommen, wollen wir lachen, scherzen mit Anstand, uns freuen beieinander zu sein, auch albern sein miteinander, und spotten, so dass es Gelächter gibt! Dann aber lasst uns mit Eifer zuhören, wenn die anderen der Reihe nach sprechen, denn dazu ist ein Symposion da." Die alten Ägypter kannten Opfermähler zu Ehren der Toten; die Griechen brachten eine zutiefst europäische Idee mit: Gemeinsames Essen und Trinken - und Denken, Diskutieren. Nachahmenswert.

Mit den Griechen zu Tisch in Ägypten. Papyrusmuseum der ÖNB, Heldenplatz, Neue Burg, Mitteltor, 1010 Wien.

Bis 30. 11. täglich 9-17 Uhr

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung