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Glücksfälle von Xenia Hausner im KunstHaus Wien.

Ursprünglich malte Xenia Hausner nur Hintergründe. Die ausgebildete Bühnenbildnerin schuf um die 100 Ausstattungen für Theater und Oper. Staffagen, Draperien und Kulissen, vor denen sich das Eigentliche, das Theater, im wörtlichen Sinne abspielte. Irgendwann, vor beinahe 15 Jahren, beschloss Hausner dann, aus der hintergründigen Szene herauszutreten und als Malerin von Tafelbildern die Abhängigkeit umzudrehen.

Was natürlich nicht heißt, dass den Tafelbildern nichts mehr vom Theater anhaften würde. Schon der Anspruch auf Zeitgenossenschaft macht es Hausner unmöglich, diese Verbindungslinie völlig zu kappen. "Es ist eine Kondition der Gegenwart, theatralisch zu sein", schreibt Rainer Metzger im Katalogbuch zur Ausstellung. Jedesmal, wenn wir uns zurechtrichten, um das Haus zu verlassen, überlegen wir, welche Rolle wir heute spielen werden. Das rote Kleid oder das beige Kostüm, den hellen Anzug, mit der blauen oder der grünen Krawatte? Jeder Anlass benötigt eben seine jeweilige Inszenierung. Ähnlich ergeht es den Modellen von Xenia Hausner, auch sie stellen sich - unter Anleitung der Malerin - die Frage: Was repräsentiere ich?

Figuren mit Momentmaske

Die Art und Weise, wie diese bildnerische Inszenierung geschieht, markiert allerdings eine Besonderheit in Hausners Kunst. Obwohl die Farbe beinahe orgiastisch quillt, entbehren diese Vorführungen der üblichen Verführungsspiele, wie sie die Alltagsinszenierungen anpeilen. Hausners Modellen haftet etwas Flüchtiges an, es sind Figuren im Vorübergehen, die für den Augenblick posieren, eine Momentmaske tragen. Trotz ihrer Tendenz, das Bild gleich wieder verlassen zu wollen, nehmen sich Hausners Modelle ausreichend Zeit, den Betrachtern direkt ins Gesicht zu schauen. Nirgends eine Unsicherheit, sie könnten nicht in diesen Bildrahmen passen, nirgends der Anflug einer Schüchternheit, die Betrachter könnten ebenso standhaft sein wie sie.

Im direkten Blickkontakt geben sie die Frage des Publikums, was denn das Bild darstellen solle, die der amerikanische Maler Ad Reinhardt für seine ungegenständlichen Bilder so oft beantworten musste, dass er sie schließlich in eine Karikatur verpackte, direkt an das Publikum zurück. Was für Reinhardts aufgelöste Arbeiten gilt, trifft genauso für Hausners konzentrierte Malereien zu. Denn Reinhardts Karikatur stellt die einzig sinnvolle Gegenfrage: Und was stellt ihr denn dar, liebe Betrachter? Seit Goyas Darstellung der Maja, die mit entblößtem Körper den Voyeuren in die Augen schaute, wissen wir es: Bilder sind genauso stark wie wir. Xenia Hausner führt das in ihren Arbeiten als Theater des Lebens prägnant vor.

Hausner malt "realistisch", und dennoch zerrinnen Körper-und Objektteile in unabhängige Farbflächen. Aber nicht nur innerhalb der Umrisslinien der einzelnen Figuren lässt Hausner Disparates ungehemmt aufeinanderprallen, auch die Anordnung auf dem Bildganzen spielt mit abenteuerlichen Zusammensetzungen.

Bilder im Rollentausch

Mit viel Bildwitz schlägt Hausner Brücken zwischen dem Unvereinbaren und Unvergleichbaren. Die Bilder haben den Rollentausch vom Theater gelernt und statten daher die dargestellten Dinge mit Gleichwertigkeit und Beweglichkeit aus, die darstellende Kunst ist in die bildende Kunst hinübergewandert. So entstehen Theaterstills; die Modelle von Hausner, die zu einem großen Teil aus dem Theatermilieu kommen, bringen eine Pose des eindringlichen Blicks zur Aufführung, um daraus durch die Malerin Xenia Hausner ein Bild, ein Tafelbild entstehen zu lassen. Dieser Vorgang lässt nichts an einer Souveränitätserklärung des Bildes zu wünschen offen.

Hausners Bilder arbeiten sich aber auch noch an zwei weiteren Übertragungsmechanismen ab. Einmal bedient sie sich des Bildzitates, aber es sind in die eigene Posensammlung verspannte Wiederholungen, die damit zu einer ganz anderen Existenz gelangen. Ähnlich verfährt Hausner mit den Fotografien, die zu Bestandteilen ihrer Malerei werden. Auch ihnen nimmt sie die naive Unschuld einer bloßen Abbildung und hebt sie auf das Niveau geschickt inszenierter Tafelbilder.

Xenia Hausner, GlücksfaLl

KunstHaus Wien

Untere Weißgerberstr. 13, 1030 Wien

Bis 14. Mai täglich 10-19 Uhr

Katalog: Xenia Hausner, Glücksfall / Hide and Seek. Dt.-engl. München 2005, 170 Seiten, e 30,-

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