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Fotografien von Gabriele Münter im Lenbachhaus in München.

Ein Fest für Gabriele Münter (1877-1962) feierte kürzlich das Lenbachhaus in München als Dank für die vor 50 Jahren einmalige übereignete Schenkung von Werken Wassily Kandinskys und anderer Künstler des "Blauen Reiter". Dem internationalen Ruf dieses Sammlungsbestandes gemäß hat sich das Museum in der Vergangenheit u.a. intensiv der Würdigung Gabriele Münters als eigenständige Künstlerin gewidmet, die lange nur als "Begleiterin eines Genies in der entscheidenden Phase seiner (!) Entwicklung" gesehen worden war.

Zu ihrem persönlichen Nachlass gehört ein umfangreiches Foto-Archiv, das in den vergangenen Jahren aufgearbeitet und mit dem Bestand (Vermächtnis Nina Kandinskys) im Centre Georges Pompidou in Paris in einer gemeinsamen Datenbank verknüpft wurde. Gabriele Münters frühesten Fotografien während ihrer Amerika-Reise 1899-1900 galt eine erste Ausstellungssequenz (2006), nun erfüllt sich das Lenbachhaus einen lange gehegten Wunsch: Die Jahre mit Kandinsky - Photographien 1902-1914.

Die chronologisch gehängte Schau nimmt den Besucher mit auf eine lebendige Bilder-Reise, die Münters Wahrnehmungen an gemeinsamen Arbeits- und Lebensorten mit Kandinsky facettenreich widerspiegelt. Es sind keine Kunstaufnahmen im eigentlichen Sinne, sondern Ergebnisse ihrer individuellen Sichtweise als Künstlerin, als Gefährtin oder als dokumentierende Zeitzeugin im Freundeskreis des "Blauen Reiter".

Den Anfängen des Kunststudiums im bayerischen Voralpenland bei Kochel 1902 in Kandinskys privater "Phalanx"-Schule, bei denen Münter dank ihres Fahrrades als Einzige mit dem Lehrer weitere Mal-Touren unternimmt, folgt 1903 der erste Aufenthalt zu zweit im pfälzischen Kallmünz. Die Motive beweisen Münters Sinn für klar gegliederte Bildformen und ihr Bestreben, neben der Skizze auch die Fotografie als Arbeitsmittel einzusetzen.

Aus der Zeit des rastlosen Reisens 1904-1907 (Kandinskys war noch verheiratet) nach Holland, Tunis, Rapallo, Sachsen und Paris beeindrucken besonders die Aufnahmen aus den engen Gassen von Tunis, vom Markttreiben in Kairouan oder die Strandbilder in Rapallo mit Booten, Kindern, im Wind flatternder Wäsche.

Die persönlichen Bilder, die das Paar von sich macht, wirken oftmals beklemmend ernst und seltsam steif, selbst wenn die Künstlerin textile "Werke" Kandinskys trägt oder in der Hand hält. Nur einmal sieht man "Ella" gelöst bzw. lächelnd in Sèvres, Kandinsky freundlich in der Gegenaufnahme; solche Doppel-Fotos waren ihnen Begleiter in Zeiten des Getrennt-Seins.

Der eher bedrückenden Zweisamkeit, belegt auch in Münters Tagebuchaufzeichnungen, folgen die Jahre in Murnau, Kochel und München ab 1908. Auf den Bildern wird es lebendig - mit Ehepaar Hartmann beim Rodeln, mit den Malerfreunden, mit denen sie seit 1909 in Aufbruchstimmung waren: in Sindelsdorf, Bonn, Murnau und in München - mit Franz und Maria Marc, August Macke und seiner Familie, mit Alexej Jawlensky und Marianne von Werefkin.

Das von Münter 1909 erworbene, geliebte "Russenhaus", sein üppiger Garten, Innenansichten mit eigenen und volkstümlichen Hinterglasbildern sind beliebte Motive für die Künstlerin. Gegenseitige Aufnahmen bei der Gartenarbeit - Kandinsky in Lederhose und Münter im Dirndl - zeigen nicht ohne Stolz ihre Verbundenheit mit diesem neuen, gemeinsamen Zuhause.

Kostbare Bild-Dokumente zur Geschichte des "Blauen Reiter" sind vor allem ihre Fotografien der ersten Ausstellung 1911/12 in der Galerie Thannhauser München sowie die legendären Gruppenbilder des "Blauen Reiter" mit Franz Marc bzw. Wassily Kandinsky in ihrer Mitte; August Macke schließlich begießt das "Pflänzchen der modernen Kunst". Seit der Trennung von Kandinsky und dem kriegsbedingten Ende des Künstlerkreises 1914 hat Gabriele Münter nur noch selten fotografiert.

Gabriele Münter.

Die Jahre mit Kandinsky

Photographien 1902-1914

Städtische Galerie im Lenbachhaus

Luisenstr. 33, 80333 München

www.lenbachhaus.de

Bis 3.6. Di-So 10-18 Uhr

Das wunderschöne Bild-Handbuch mit 225 Tafeln und einführenden Texten kostet € 30,-

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