Bill Gates und die Roboter-Steuerpflicht

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Microsoft-Gründer Bill Gates fordert eine Einkommenssteuer für Roboter - und erntet damit nicht nur Kritik. Immerhin Nobelpreisträger Robert Shiller hält den Vorschlag für interessant. Und wohl auch der österreichische Bundeskanzler mit seiner Maschinensteuer-Idee.

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Microsoft-Gründer Bill Gates fordert eine Einkommenssteuer für Roboter - und erntet damit nicht nur Kritik. Immerhin Nobelpreisträger Robert Shiller hält den Vorschlag für interessant. Und wohl auch der österreichische Bundeskanzler mit seiner Maschinensteuer-Idee.

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Die Automatisierung schreitet immer schneller voran. Die US-Anwaltskanzlei BakerHostetler hat einen "Robo-Anwalt" eingestellt, der juristische Fachliteratur auswertet und Gesetzesänderungen beobachtet. Der japanische Lebensversicherer Fukoku Mutual Life Insurance plant 30 Prozent seiner Mitarbeiter durch ein KI-System zu ersetzen. Und Apples Auftragsfertiger Foxconn kündigte jüngst an, dass Fabriken in China künftig automatisiert und alle menschlichen Mitarbeiter durch Roboter ersetzt werden. Laut einer vielzitierten Studie der beiden Oxford-Professoren Carl Benedikt Frey und Michael A. Osborne sind fast die Hälfte der Arbeitsplätze durch die Digitalisierung und Automatisierung gefährdet.

Wie soll die westliche Gesellschaft mit dieser Entwicklung umgehen? Vor allem, wie soll die Arbeit, die Computer und Maschinen für die Menschen tun, besteuert werden. Wenn Industrie nicht mehr Arbeitsplätze schafft, sondern wegrationalisiert, fehlen dem Staat und dem Sozialwesen konsequentermaßen die Steuerzahler, die das System erhalten.

Die Profite hingegen flössen in die privaten Taschen. Das ist der Gedankengang, der viele Politiker nach einer "Maschinensteuer" rufen lässt. Zuletzt auch in Österreich, wo Bundeskanzler Christian Kern persönlich in den Ring stieg, um sich für die Forderung stark zu machen und sich seinerseits an einem Konzept des ehemaligen Sozialministers Alfred Dallinger aus den 80er-Jahren bediente.

Kern wurde dafür von den Interessensvertretern der Wirtschaft, der ÖVP und Teilen der Opposition heftig kritisiert. Aber nun erhält die Diskussion neuen Auftrieb, und Kern bekommt von unerwarteter Seite Unterstützung: Microsoft-Gründer Bill Gates plädierte im Interview mit dem Online-Magazin "Quartz" für eine Einkommenssteuer für Roboter und trat damit eine Debatte los.

Fingierte Steuerpflicht

Sein Argument ähnelt ansatzweise dem Kerns: Wenn ein Arbeiter in einer Fabrik 50.000 Dollar im Jahr verdient, zahlt er auf sein Einkommen Steuer. Wo statt Menschen in Zukunft Roboter arbeiten, könnte sich die Steuerbasis dramatisch verringern. Gates fordert daher, dass Roboter wie Menschen Steuern zahlen.

Bei dem Vorschlag einer Robotersteuer geht es nicht etwa um eine Wertschöpfungsabgabe, die von den Sozialdemokraten zur Finanzierung der Sozialsysteme ins Spiel gebracht wird, sondern um eine genuine Steuer, die vom Unternehmen zu entrichten ist und bei der die Steuerpflicht des Roboters fingiert wird. Es wird mit der juristischen Fiktion gearbeitet, dass der Roboter ein Arbeitnehmer ist.

Die Idee ist nicht neu. Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments hat im vergangenen Jahr einen Entwurfsbericht vorgelegt, in dem eine Sozialabgaben- und Steuerpflicht für Industrieroboter diskutiert wurde. Roboter könnten als "elektronische Person" klassifiziert und in den Status eines Rechtssubjekts gehoben werden. Damit könnte man zum Beispiel verhindern, dass Amazon im Weihnachtsgeschäft 15.000 Roboter "einstellt" und sich durch die Substituierung menschlicher Arbeit der Sozialabgabenpflicht entzieht.

Doch an dem Vorschlag gibt es Kritik. Der Weltroboterverband IFR wandte ein, dass die Besteuerung von Robotern sich negativ auf Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung auswirke.

Roboter und Hochöfen

Eine Robotersteuer würde die "unverzichtbaren Investitionen" in den technischen Fortschritt verteuern. Der Verband beruft sich auf eine Untersuchung des McKinsey Global Institute, wonach mehr als 90 Prozent der Arbeitsplätze sich auch künftig nicht vollständig automatisieren ließen. Damit würde Gates' Prämisse, die Automatisierung vernichte Arbeitsplätze, in sich zusammenfallen.

Der Economist, das Magazin der globalen Elite und eine Autorität für alle Ökonomen, gab zu bedenken, dass Gates' Umverteilungs-Ansatz einer Robotersteuer eher kontraproduktiv für die handelnden Volkswirtschaften sein könnte.

Dabei stützten sich die Analysten des Ökonomie-Magazins auf neoklassische Ansätze. Ein Roboter sei demnach ein Kapitalinvestment, ähnlich wie ein Hochofen, eine Dampfmaschine oder eben ein Supercomputer. Diese Investition zusätzlich zu besteuern, hieße nichts anderes, als Kapital zu besteuern, was zusätzlichen Investitionen und mehr Produktivität abträglich sei und letztlich der Schaffung von Arbeitsplätzen schade. Statt einer Robotersteuer sollte man lieber über neue Anteilsstrukturen, etwa kollektiven Besitz von Maschinen oder Robotertaxis, nachdenken, so der Economist.

Ökonomen für Besteuerung

Der Yale-Ökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Shiller kann sich für eine Robotersteuer durchaus erwärmen. "Das ist eine interessante Idee", sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. "In meinem 2003 erschienen Buch ,New Financial Order' habe ich bereits argumentiert, dass wir ein neues Steuerregime brauchen, mit dem hohe Einkommen besteuert werden, wenn die Ungleichheit zunimmt."

Eine Robotersteuer als Umverteilungsinstrument würde dieses Problem adressieren. "Man sollte keine Scham haben, Geld aus einer Robotersteuer als Transferleistung zu empfangen, selbst wenn die Roboter Spitzenverdienern gehören, sodass die Steuer eine indirekte Steuer auf hohe Einkommen ist." Für Shiller stellt eine Robotersteuer eine indirekte Reichensteuer dar. Ob das Bill Gates, der einst der reichste Mann der Welt war, mit seinem Vorstoß bezweckt, ist allerdings fraglich.

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