Blair & Brown: Ein altes Ehepaar vor der Trennung

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Großbritanniens Labour-Partei kommt nicht zur Ruhe - trotz oder gerade wegen eines Machtworts von Regierungschef Tony Blair setzt sich der Streit über den Termin für seinen Abschied fort: Der aussichtsreichste Kandidat für Blairs Nachfolge ist nach wie vor Gordon Brown, doch zunehmend formiert sich auch Widerstand gegen den erfolgreichen Finanzminister.

Nach Informationen der Sonntagszeitung The Observer gibt es bis zu zehn Kabinettsmitglieder, die Browns Aufstieg verhindern wollen. Das Blatt zitierte ein ungenanntes Regierungsmitglied mit den Worten: "Es geht nicht um die Politik. Die Frage ist, wer den Charakter und die persönlichen Qualitäten hat. Gordon ist selbst sein schlimmster Feind" - oder ist das doch Tony Blair?

Bisweilen heißt es in Großbritannien, Premier Blair und Schatzkanzler Brown seien wie ein altes Ehepaar: Sie können nicht mehr miteinander, aber auch nicht ohne den anderen. Doch letzte Woche sollen Blair und Brown in Downing Street Number 10 derart aneinander geraten sein, dass sie sich zum Schluss angeschrien hätten.

Seit Jahren rankt sich ein Gerücht um die beiden Machtmenschen, der "Granita-Pakt": In einem Restaurant im Londoner Norden sollen die beiden Männer 1994 eine Abmachung getroffen haben. Angeblich habe Blair seinem damaligen Weggefährten versprochen, ihn zum Finanzminister zu machen, wenn Brown dafür nicht für den Parteivorsitz kandidiere. Wenn er die Wahl gewinne und Regierungschef werde, habe Blair versprochen, werde er nach einer Amtszeit den Stuhl für Brown räumen. Dazu kam es bekanntlich bislang nicht.

Ein Alphamännchen zuviel

Das Verhältnis der beiden Alphamännchen in der Londoner Regierung ist fein austariert, aber während Blairs Stern seit dem Irak-Krieg stetig gesunken ist, hat seine loyale Stütze in den vergangenen Jahren deutlich aufgeholt. Der 55-jährige Brown gilt für viele als ehrliche Haut und als ein fähiger Minister, der Großbritannien mit seiner Wirtschaftspolitik zudem deutlich besser dastehen lässt als den Rest Europas. Dass der frühere Rugbyspieler, der bei einem Spiel sein linkes Auge verlor, dem Premierminister intellektuell überlegen ist, bestreitet kaum jemand. Brown ist nicht nur für sein hitziges Temperament bekannt, sondern vor allem für seine blitzende Intelligenz. Schon als Zwölfjähriger verfasste er Flugblätter für die Labour-Partei, mit 16 Jahren begann er zu studieren.

Lange Zeit galt der unverheiratete Schotte als Einzelgänger, der im Gegensatz zum Familienvater Blair die Herzen der Briten nicht gewinnen konnte. Das änderte sich, als Brown mit 50 Jahren seine Freundin Sarah Macaulay heiratete und bald darauf Nachwuchs erwartete. Als Töchterchen Jennifer Jane zehn Tage nach der Geburt starb, trauerte das Land mit dem Minister. Fast einen Monat lang erschien Brown, der als Arbeitstier bekannt ist, nicht im Büro - und wurde seinen Landsleuten damit noch sympathischer.

Inzwischen hat das Paar zwei Söhne - zumindest das ist kein Problem bei einem möglichen Amtsantritt von Brown als britischer Premier: Denn seit Tony und Cherie Blair dort wohnen, gilt Downing Street Number 10 als kindergerechtes Familienparadies.WM/APA

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