Blick- und Seelenfänger

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Zwei Fotoausstellungen in Wien: Lisette Model, Historisches.

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Zwei Fotoausstellungen in Wien: Lisette Model, Historisches.

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Zwei aufschlussreiche und bewegende Fotoausstellungen halten derzeit in Wien Augenblicke für die Ewigkeit fest: An die Ursprünge der Fotografie und des aufkeimenden Tourismus begibt sich "Blickfänge einer Reise nach Wien" im Historischen Museum der Stadt Wien (bis 24. September). Die Überwölbung des Wienflusses, der Bau von Reichsbrücke, Votivkirche oder Opernring dokumentieren den Aufbruch Wiens zur Metropole von 1860 bis 1910. Auch das Leben in der Stadt kommt nicht zu kurz: Bahnhöfe, Unterhaltungsetablissements von eindrucksvoll kitschiger Pracht, wie das "Kleine Venedig" im Prater, die pittoresken Pavillons der Wiener Weltausstellung 1873 oder "Schwenders Neue Welt" in Hietzing sind zu sehen. Menschen zeigen sich als promenierende Bürger am Kohlmarkt, gefeierte Burgtheatergrößen in theatralischen Posen, Literaten im düsteren Cafe Griensteidl oder kunstvoll ausgeleuchtete, ernsthaft pathetisch dreinblickende Wiener Bürger .

Ganz anders rückt die 1938 in die USA emigrierte Fotografin Lisette Model ihren Motiven auf den Leib: mit einer Kamera, die sie dezent vor ihren Körper hält, durchstreifte sie New Yorks Jazzszene, Strandpromenaden in Nizza, die französische Riviera oder die Lower East Side des "Big apple". Ihre wunderbaren, intimen Momentaufnahmen eines fasziniert lauschenden Publikums, Louis Armstrong hinter seiner Trompete mit entwaffnend gebleckten Zähnen, Joe Morello ekstatisch trommelnd aber auch hingebungsvoll tanzende Paare in Nick's Nachtclub, sowie erschöpfte Größen der Jazzszene in der Garderobe nach dem Auftritt sind gerade in der Kunsthalle Wien zu bewundern: "Lisette Model, Fotografien 1934 - 1960" (bis 15. Oktober). Dem Blick der gebürtigen Wienerin gelingt es, Wesen und Seele der Menschen auf Fotos unsterblich zu machen.

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