Burgenländische Groß-Festspiele

Werbung
Werbung
Werbung

St. Margarethen lädt zu Mozarts „Zauberflöte“, Mörbisch zu Lehárs „Zarewitsch“: Wem es beim Sommertheater auf ein künstlerisch niveauvolles Erlebnis ankommt, wird in Mörbisch besser bedient. Die Szene ist ideenreicher, die Tonanlage moderner, die musikalische Qualität stimmiger.

Während sich die ganze „Zauberflöte“ bei den Opernfestspielen im Römersteinbruch von St. Margarethen letztendlich als halbe Sache erwies, überzeugte die bei der Premiere wetterbedingt abgebrochene, nur halb gespielte „Zarewitsch“-Produktion der Seefestspiele Mörbisch als ganze Sache.

Die an Folgetagen stattgefundenen Premieren der beiden burgenländischen Festivals drängen einen Vergleich auf – ein Vergleich der zugunsten von Mörbisch ausfällt. St. Margarethen bietet in erster Linie ein gigantisches Bühnenbild: riesige Löwenköpfe, die auseinandergefahren einen monumentalen Tempelbau freigeben; auf der einen Seite davon ein Vulkan, auf der anderen auf Felsenhöhen ein kitschiger Burgbau, nebst hängendem Gefährt, das gleich erahnen lässt, dass damit die drei Knaben in Mozarts „Zauberflöte“ ihren Auftritt haben werden.

Große Bühne in St. Margarethen

Die Dekoration verspricht vieles, doch der inszenierende Bühnenbildner Manfred Waba erfüllt solche Hoffnungen kaum: Gewiss gibt es hübsche Effekte, von zielgenau landenden Tauben bis zum Königin-der-Nacht-Auftritt in schwindelerregenden Höhen, doch die plakativ hilflose Spielleitung nutzt die große Fläche wenig – und versagt vollständig, den Ablauf in Fluss zu halten; immer wieder entstehen lähmende Pausen in der rund vierstündigen Aufführung, was eine nicht unbeträchtliche Abwanderung im Publikum zur Folge hatte, als es gen Mitternacht ging, obgleich da ein langer Teil noch bevorstand.

Die Mörbischer „Zarewitsch“-Ausstattung (Franz Lehárs Operette wurde erstmals bei den Seefestspielen aufgeführt) mochte da anfangs mit ihrer riesigen roten Mauer und einer kahlen Hügel-Landschaft fast spartanisch wirken, doch wie ideenreich wusste hier Ausstatter Rolf Langenfass zu zaubern und zu überraschen: einzelne Elemente wie das Feldlager, ein Empfangsraum oder das Bernsteinzimmer werden ebenso schnell auf die Bühne geschoben, wie sie wieder verschwinden – und wenn dann noch ein großes Schiff erscheint, auf dem der Zarewitsch und seine Sonja gen Italien entschwinden (mit diesem Bild endete die abgebrochene Premiere), dann hat das Publikum stimmungsvolle Szenerien und optische Abwechslung erlebt.

Zudem gelang es Regisseur Peter Lund die große Fläche geschmackvoll zu füllen (die originellen Choreografien von Giorgio Madia taten dazu das ihre) und den feinsinnig gestalteten Ablauf, der nur ganz zu Beginn unter zu viel Dialog litt, in stetem Fluss zu halten (was beim elegischen „Zarewitsch“ hoch anzurechnen ist).

Lyrische Momente in Mörbisch

Doch noch in weiteren Aspekten führt Mörbisch vor St. Margarethen: Die Tonanlage bei den Seefestspielen gewährt richtungsorientiertes Hören bei einem aufgefächerten Klangbild, während im Römersteinbruch der Ton, wo immer auch die Solisten stehen, immer aus einer Richtung kommt und das Orchester wie in einer historischen Aufnahme tönt.

Und während man in St. Margarethen zwar eine lyrisch empfindsame, makellose Pamina (Kristiane Kaiser), einen gewandten Papageno (Paul Armin Edelmann), einen präsenten Sprecher (Sebastian Holecek) und eine höhenstarke Königin der Nacht (Martina Masarykova) aufbieten konnte, dagegen aber der ungenügende Tamino (Dietmar Kerschbaum), der raue Sarastro (Walter Fink) und das schrille Damentrio erheblich abfielen, war in Mörbisch die musikalische Qualität eine stimmigere: Vor allem für die lyrischen Momente des Zarewitsch verfügte Tiberius Simu über einen betörend strömenden, wohlklingenden Tenor; Alexandra Reinprecht steigerte sich ausdrucksvoll als Sonja, Marko Kathol war ein frischer Iwan, Sieglinde Feldhofer eine temperamentvolle Mascha – und Intendant Harald Serafin selbst ein kautziger Großfürst.

Abschließendes Fazit

Wolfdieter Maurer hätte zwar in Mörbisch mehr Esprit im Graben verbreiten dürfen, war aber nach einem etwas diffusen Beginn ein kompetenter musikalischer Leiter, während in St. Margarethen Dirigent Koen Schoots nur einen funktionalen Orchesteruntergrund für Mozarts Melodien lieferte.

Abschließendes Fazit zu den Burgenländischen Groß-Festspielen: Wem es auch beim Sommertheater auf ein künstlerisch niveauvolles Erlebnis ankommt, der kommt in Mörbisch weit mehr auf seine Kosten als in St. Margarethen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung