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Wäre der Begriff "Charmeoffensive" nicht hoffnungslos abgenützt - hier hätte er seine Berechtigung: George W. Bushs groß inszenierter, von seinen wichtigsten Ministern perfekt politisch-atmosphärisch vorbereiteter Europa-Besuch ist genau dies - ein Zugehen auf das Gegenüber mit werbendem Lächeln und ausgestreckter Hand, mit dem Ziel, den anderen zumindest teilweise für die eigene Agenda zu gewinnen.

Auf dieser Agenda steht zunächst der Irak. Dass das Land an Euphrat und Tigris nicht völlig im Chaos versinkt, muss auch das Interesse der Europäer sein. Die Kritik von gestern - am Krieg, an den Lügen über die Gründe für die Invasion - hilft heute, so berechtigt sie war, nicht weiter. Zudem haben die Art und Weise, wie diese Kritik seinerzeit von den wichtigsten Ländern, Deutschland und Frankreich, vorgebracht wurde, und die Durchsichtigkeit von deren innen- (Berlin) wie außenpolitischen (Paris) Motiven bedauerlicher Weise die Ablehnung des Irak-Kriegs selbst zum Teil diskreditiert.

Lernen ließe sich aus der Causa jedenfalls für die Iran-Frage: Wenn die Europäer die militärische Drohkulisse der Amerikaner nicht öffentlich desavouieren, intern aber Bush hartnäckig beim Wort nehmen, dass, wie er in Brüssel sagte, hier die Diplomatie noch am Anfang stehe, dann sollte ein Schlag gegen Teheran vermeidbar sein.

Dennoch wird sich niemand Illusionen über die transatlantischen Beziehungen machen: Bushs Vorgehen hat handfeste pragmatische Gründe - und bei Bedarf kann das Gegeneinander-Ausspielen von "alten" und "neuen" Europäern, von "Willigen" und "Unwilligen" jederzeit wieder aus dem Fundus geholt werden. Die andere Seite macht es den Amerikanern ja auch nicht sonderlich schwer: den europäischen Ansprechpartner gibt es nicht, auch wenn sich Jacques Chirac wahrscheinlich dafür hält.

rudolf.mitloehner@furche.at

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