Das Ende der Wall Street

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Regisseur Oliver Stone spricht über die endlose Gier der Finanzwelt, unser Leben in einer #Seifenblase des Konsums# und wie er seinen neuen Film finanziert hat.

Oliver Stone reicht es. Das Finanzsystem müsse sich ändern, erzählt er der FURCHE, denn #genug ist genug# # bevor die nächste Seifenblase platzt.

Die Furche: Mr. Stone, zu dem Zeitpunkt, als Sie #Wall Street 2# drehten, hatte die Wirtschaftskrise voll eingeschlagen.

Oliver Stone: Ich hätte mir nie träumen lassen, noch einmal einen Film über die Gier der Hochfinanz zu drehen und dachte, mit den 1980er-Jahren würde diese Blase platzen. Aber ich habe mich geirrt. Es ist kein Ende der Exzesse in Sicht und es gilt damals wie heute: Gier ist gut. Natürlich ist dieser Film nun auch eine Geschichte über 2008, über den Kollaps. Gekko kommt aus dem Gefängnis und kritisiert das System. Aber er will dennoch wieder Teil davon sein. Ich glaube jedenfalls nicht, dass der wirtschaftliche Herzinfarkt von 2008 vorbei ist. Die Schuldenberge steigen immer weiter. Ich erinnere mich noch, was Bush nach den Anschlägen von 9/11 gesagt hatte: #Geht raus und kauft ein!# Das ist doch ein sehr seltsamer Aufruf. Es scheint als würden wir alle in einer Seifenblase des Konsums leben. Und darum geht es doch wirklich: Nach 9/11 blieben die Zinsen niedrig, damit die Leute weiterhin Geld ausgeben, also so genanntes Dummy-Geld in das System zu stopfen, was natürlich zu einem Einnahmen-Überschuss und letztlich zu einer immensen Preissteigerung führte. Die Einzigen, die immer gewinnen, sind die Banken.

Die Furche: Warum haben Sie nicht eine kritische Dokumentation über die Wall Street gemacht?

Stone: Ich applaudiere einem Michael Moore oder Charles Ferguson für ihre Unternehmungen, aber dies ist ein Film, da erzählt man von anderen Dingen.

Die Furche: Wovon?

Stone: Von Liebe und Gier. Davon, dass ein Vater wie Gekko sich entscheidet, ob er die Liebe seiner Tochter für Geld eintauscht oder nicht.

Die Furche: Ihr eigener Vater war auch an der Wall Street #

Stone: Aber das war eine andere Generation. Er hat für Klienten gearbeitet, wie ein Anwalt. Er stand im Dienste seiner Kunden, nicht in seinem eigenen, das ist ein anderer ethischer Zugang zum Business. Seit es Hedgefonds gibt, hat sich alles verschlimmert, jeder wollte immer mehr Geld.

Die Furche: Gibt es noch Moral an der Wall Street?

Stone: Ja, aber sie gehört reformiert. Jeder ist sich im Prinzip einig, dass man den Banken verbieten muss, für sich selbst zu handeln. Denn das ist die Wurzel des aktuellen Übels. Sie müssen wieder zur ihrer Ursprungsfunktion gemacht werden, Geld-Darlehen anzubieten und zwar zu vernünftigen Raten.

Die Furche: Kann ein Präsident das ändern?

Stone: Ach, es gibt so viele mächtige Lobbys. Eine riesige Bank-Lobby, eine Öl-Lobby, eine Gesundheitsversicherungs-Lobby # da stecken so viele Firmen mit ihrem Geld drin, dass sie weit mächtiger sind als irgendein Präsident.

Die Furche: Auch in Ihrem Film steckt # nicht zuletzt durch Product-Placement ersichtlich # einiges Geld drin #

Stone: Ich habe grundsätzlich nichts gegen Product-Placement, denn jeder muss ja schließlich von etwas leben und auch wir mussten zusehen, den Film finanziert zu bekommen. Solang es meinen Ästhetik-Sinn nicht beleidigt, kann es drin sein. Im Film kommen auch Schauspieler vor, die in Wirklichkeit Chefs bestimmter Firmen sind und das war natürlich mit Werbung verknüpft. Das stört mich aber nicht, solange es die Story nicht beeinflusst. Alles, was dazu beiträgt, das Produkt # also auch diesen Film # zu verkaufen, ist gut. Ich selbst arbeite für eine Firma, der auch Fox News gehört. Ärgert mich das? Dabei hasse ich Fox News, ich kann#s nicht ausstehen, und viele Fox-Mitarbeiter sehen das auch so, es ist eine Schande.

Die Furche: #Gier ist gut# war das Zitat, das von #Wall Street# im Gedächtnis blieb # welche Message sollte bei diesem Film durchkommen?

Stone: Genug. Genug. Genug. Das sollte die Message sein. Es ist ja verrückt, was heute passiert, das System ist total am Sand.

* Das Gespräch führten Matthias Greuling und Alexandra Zawia

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