Das Glück hängt an der Ehre

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Andrea Breths inszenierte Lessings "Minna von Barnhelm" im Wiener Burgtheater als ernstes Nachkriegsdrama.

In einem Bühnenbild (Annette Murschetz) mit dem Charme einer angeschimmelten Garage und in großteils ihre Träger unvorteilhaft kleidenden Kostümen (Dajana Dorfmayr und Anna Pollack) lässt Andrea Breth im Wiener Burgtheater eine zeitlose Nachkriegstragödie mit leidlich gutem Ausgang abrollen. Lessings "Minna von Barnhelm" wirklich einmal als eines der wenigen deutschen "Lustspiele" zu interpretieren, also das Lächerliche und Heitere in den Vordergrund zu rücken, wäre heutzutage originell, aber das traut sich wohl kaum jemand, daher auch Breth nicht.

Also dominiert der bittere Ernst. Der verabschiedete, falschen Anschuldigungen ausgesetzte und verarmte Major von Tellheim verweigert sich seiner ihm nach Berlin nachgereisten Verlobten Minna, ehe seine Ehre hergestellt ist und seine Verhältnisse sich gebessert haben. Als dieser Umstand nach etlichen listigen Bemühungen Minnas und manchen Verwicklungen eintritt, wird das "Soldatenglück" - so der Untertitel des Stückes - perfekt: Tellheim und Minna werden ein Paar, aber auch sein ehemaliger treuer Wachtmeister Paul Werner findet in Minnas vorlauter Zofe Franziska eine "Frau Wachtmeisterin" und verspricht ihr: "Über zehn Jahre ist sie Frau Generalin - oder Witwe."

Ein hochkarätiges Ensemble schafft oft, aber nicht immer die richtigen Töne. Sven-Eric Bechtolf verleiht dem Tellheim bisweilen zu theatralisch-tragische Züge. Die quirlige Minna der Sabine Haupt wirkt oft weniger damenhaft als die von Pauline Knof sehr sympathisch gespielte Franziska. Markus Meyer schwelgt als Tellheims Bedienter Just in derbem Zynismus, Cornelius Obonya wird der Rolle des Werner, der im Krieg einen aufregenden Zeitvertreib mit Chancen auf Gewinn und Karriere sieht, voll gerecht. Gute Figur machen noch Udo Samel als verschlagener Wirt, Andrea Clausen als Kriegerwitwe und Wolfgang Michael als arroganter Hochstapler Riccaut de la Marlinière.

Andrea Breth geht es um die Botschaft der Gleichheit der Geschlechter. Ihr gelang wieder einmal eine Klassikerinszenierung zur Zufriedenheit der meisten Theaterkritiker, ohne das Publikum zu verstören - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Das Premierenpublikum applaudierte lang, aber nicht besonders enthusiastisch.

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