Der burgundische Herzog Karl der Kühne ermöglichte den Aufstieg der Habsburger-Dynastie zu einer Weltmacht. Eine Vorschau auf die am 15. September beginnende Ausstellung im Kunsthistorischen Museum Wien.
Der Tod Karls des Kühnen 1477 auf dem Schlachtfeld von Nancy hatte gravierende Auswirkungen auf die europäischen Machtverhältnisse: Das „Mittelreich“ zwischen Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich wurde aufgelöst, Karls einzige Tochter Maria heiratete Erzherzog Maximilian von Österreich. Somit ging auch das reiche burgundische Erbe, das nicht zuletzt durch den machtbewussten und kunstliebenden Karl den Kühne vergrößert worden war, in den Besitz des Hauses Habsburg über. Bereits zwei Generationen später beherrschte der habsburgische Kaiser Karl V., ein Urenkel Karls des Kühnen, ein Weltreich, in dem „die Sonne nie unterging“. Das Kunsthistorische Museum Wien gibt nun Einblick in das Leben und die höfische Kultur einer der schillerndsten Persönlichkeiten des 15. Jahrhunderts. Die ab 15. September beginnende Ausstellung „Karl der Kühne (1433–1477) – Glanz und Untergang des letzten Herzogs von Burgund“ wurde gemeinsam mit dem Historischen Museum Bern und dem Groeningemuseum in Brügge konzipiert.
Facettenreiche Persönlichkeit
„Es gibt wenige historische Persönlichkeiten, die man als Charakterbild so greifbar hat, es gibt so viele Zeitzeugen, die von Karl dem Kühnen auch als Mensch mit seinen persönlichen Eigenschaften Zeugnis geben“, erzählt Franz Kirchweger, Kurator der Ausstellung im Kunsthistorischen Museum. „Bei diesem facettenreichen Aristokraten war es uns daher ein Bedürfnis, auch der Persönlichkeit Karls des Kühnen Tribut zu zollen.“ Zeitgenossen Karls des Kühnen lobten dessen Mut, seine Ritterlichkeit und seine fürstliche Erhabenheit. Der Fürst aus dem Königshaus der Valois liebte die Künste, seine aufsehenerregende Prunksucht kannte keine Grenzen. Chronisten der damaligen Zeit überliefern jedoch auch das Bild eines Herrschers voller Misstrauen, Ehrgeiz und Machtstreben. Vier kleinere der insgesamt acht Räume der Ausstellung im Kunsthistorischen Museum Wien sind der historischen Persönlichkeit des letzten Fürsten der Burgunder gewidmet, wo sein Leben bis zu seinem Tode nachgezeichnet wird.
Verflechtung mit Habsburgern
Die restlichen vier großen Räumlichkeiten der Ausstellung widmen sich den Bereichen Festkultur am Hof der Burgunder, dem Orden des Goldenen Vlieses und den Künsten und ihren Wechselspielen. Für das österreichische Publikum wurde die Ausstellung, die bereits in Bern und Brügge Station gemacht hat, noch um österreichische Schätze erweitert. Internationale Leihgaben und Bestände aus dem Kunsthistorischen Museum Wien werden ergänzt durch burgundische Handschriften, Buchmalereien und Dokumente der Österreichischen Nationalbibliothek sowie des Ordens zum Goldenen Vlies. Ein besonderer Schwerpunkt der Ausstellung ist den engen Beziehungen und Verflechtungen zwischen den Burgundern und den Habsburgern gewidmet. „Die Ausstellung macht es möglich, die reichen Bestände verschiedener Institutionen hier in Wien aus der Zeit der Burgunder-Dynastie, als deren Erben sich die Habsburger verstehen, nutzbar zu machen“, erklärt Kunsthistoriker und Kurator Kirchweger. Tapisserien, Textilien, Goldschmiedearbeiten, Tafelbilder, Skulpturen und Buchmalereien, Medaillen, Rüstungen und Archivalien geben Zeugnis von der Pracht burgundischer Hofkultur im 15. Jahrhundert. „Gerade Tapisserien stellten damals ein wichtiges Repräsentationsmittel zur Darstellung der Macht dar“, erklärt Kurator Franz Kirchweger. Zum ersten Mal öffentlich gezeigt wird bei der Ausstellung auch ein illustriertes Stundenbuch aus der Bibliothek des Kunsthistorischen Museums aus der Sammlung Kraußhaar, das in Brügge um 1460 entstanden ist. Eine zweite Station der Ausstellung bildet die Wiener Schatzkammer (Hofburg, Schweizerhof, 1010 Wien) mit ihren Beständen, die auf das „burgundische Erbe“ der Habsburger in Wien zurückgehen und aus konservatorischen Gründen ansonsten weitestgehend vor Ort belassen werden. Hier finden sich Kostbarkeiten wie der sogenannte „Burgundische Hofbecher“, ein aus Bergkristall geschliffener hoher Pokal mit reich dekorierter Goldfassung, der vermutlich von Philipp dem Guten, dem Vater Karls des Kühnen, in Auftrag gegeben wurde.
Kunsthistorisches Museum Wien
Maria-Theresien-Platz, 1010 Wien
Di bis So 10 bis 18 Uhr (Do bis 21 Uhr)
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!