Das harte Los der duldsamen Kopten

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Verfolgung und fehlender Schutz durch den Staat lässt Tausende Kopten aus Ägypten auswandern. Bischof Gabriel wirbt in Österreich um Verständnis.

Die Botschaft des Bischofs war eindringlich: "Wir wollen leben. Nicht mehr. Nur leben wollen wir.“ Doch genau das scheint für die Kopten in Ägypten immer schwieriger zu werden, wie Anba Gabriel, Bischof der Koptisch-Orthodoxen Kirche in Österreich, vorige Woche am Management Center Innsbruck (MCI) erläuterte: "Aus dem arabischen Frühling wurde für uns ein Herbst“, sagte Gabriel vor den MCI-Alumnis. Jüngste Vorfälle scheinen ihm Recht zu geben.

Mehr als 100.000 Christen hätten seit dem Sturz des Regimes von Präsident Mubarak das Land verlassen, gab eine ägyptische Menschenrechtsgruppe bekannt. Die Zahl, so deren Vermutung, könnte heuer auf 250.000 ansteigen. Die Gründe dafür seien Verfolgung und eine Staatsführung, die Kopten die Ausübung ihrer Religion erschwere und Überfälle auf Kopten aber nicht ahnde.

Tote und brennende Kirchen

Einer der schwersten Übergriffe ereignete sich zum Jahresbeginn, als muslimische Gruppen eine koptische Kirche in Alexandria in Brand steckten, wobei 24 Personen getötet wurden. Gabriel vermutet, dieser Überfall sei im Innenministeriums geplant worden.

Im Mai kam es, wie Agenturen berichteten, in Kairo zu schweren Unruhen zwischen Christen und Muslimen, bei denen 12 Personen getötet und 230 Personen verletzt wurden. Die Regierung erließ daraufhin für das Kairoer Stadtviertel Imbaba ein Ausgehverbot, wogegen Kopten vor dem Gebäude des staatlichen Fernseh- und Radiosenders in Kairo demonstrierten.

Für die Kopten bleibt der Eindruck, die Behörden würden sie nicht schützen und die Verfolgung von Übergriffen gegen sie unterlassen. Ihre Religion, so Gabriel, ist gesetzlich nicht dem Islam gleichgestellt: Der Bau einer Moschee sei ohne bürokratisch-administrativen Aufwand möglich, für den einer Kirche benötigten die Kopten die Erlaubnis der Staatsführung. Der Wiederaufbau von drei in Brand gesetzten Kirchen hat daher noch nicht begonnen.

Verschärft werden könnte die Lage zu Ungunsten der Kopten als Folge der von 28. November bis 10. Jänner angesetzten, in drei Stufen vorzunehmenden Parlamentswahlen. Beobachter erwarten einen erheblichen Stimmenanteil für Kandidaten der Muslimbruderschaft und der Salafisten. Insbesondere die Salafisten wünschten eine Religions- und Staatsform strikt auf Basis des Koran. Damit wäre die kurze Zeit währende Verständigung und Gemeinsamkeit von Christen und Muslimen in den Tagen des arabischen Frühlings wohl vorbei.

Kurze Zeit der Gemeinsamkeit

"Der Anfang der Revolution war gut“, erzählt Bischof Anba Gabriel, bezugnehmend auf die am 25. Jänner 2011 einsetzende Bewegung "Tage des Zorns“ auf dem rechtsseitig des Nils gelegenen Tahrir-Platz ("Platz der Freiheit“ seit 1952). "Viele Kopten haben mitgewirkt an der Revolution.“ Und wie lange? "Nur in den ersten zwei Tagen, dann nicht mehr.“ Ihre Kirchen seien schutzlos gewesen, teils wegen der Abwesenheit der Gläubigen, teils wegen der Untätigkeit der Sicherheitsbehörden. Das alles verstärke die Auswanderung der Kopten, was neue Probleme auslöst.

Insbesondere von den in die USA emigrierten Christen ergehen Aufforderungen an die ägyptische Staatsführung, den Kopten Schutz der Behörden und Gleichstellung in den Gesetzen zu gewähren. Das löst bei den Betroffenen jedoch Irritationen aus, sagt Gabriel: "Druck von außen ist nicht gut. Das macht aggressiver.“ Die Kopten in Ägypten würden ihr Schicksal "in Sanftmut und in Gleichmut“ ertragen, seien sie in der Geschichte doch stets verfolgt worden. Genau das habe sie auch stark in ihrem Glauben gemacht, erläutert ihr Bischof Gabriel.

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