Das heilsame Spektrum des Lichts

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Genauso breit wie das Spektrum des Lichts ist auch das seiner medizinischen Potenziale. Über die Einsatzgebiete von UV-, IR- und sichtbarem Licht.

Die Behandlung des menschlichen Körpers mit Licht machte in der jüngeren Vergangenheit vor allem durch Solarien und die damit verbundenen Gefahren Schlagzeilen.

Die ultraviolette Strahlung hat derart gefährliche Nebenwirkungen, dass ein erst kürzlich getroffener Beschluss aller fünf Parlamentsparteien schon in naher Zukunft für ein Solarienverbot für Jugendliche unter 18 sorgen wird.

In mäßigen Dosen kann ebendiese Strahlung allerdings auch genau in die entgegengesetzte Richtung wirken: Licht als Heilmittel. Schon 1903 erhielt der auf den Faröer Inseln geborene Niels Ryberg Finsen für seine Leistungen auf diesem Gebiet den Nobelpreis für Medizin. Finsen entdeckte die Wirkung des Lichts auf die Haut und setzte es in der Folge vor allem zur Behandlung der Lupus vulgaris, der Hauttuberkulose ein. Heute werden vor allem Neurodermitis und Schuppenflechte erfolgreich mit UV-Licht behandelt. Das niedrigwellige ultraviolette Licht wirkt dabei auf das Immunsystem der obersten Hautschicht und tötet kranke Hautzellen ab.

Gegen Hexenschuss und Rheuma

Der kurzwellige Lichtbereich ist aber längst nicht der einzige Abschnitt des gesamten Lichtspektrums, den die Medizin für sich zu nutzen gelernt hat. Auch das langwellige Infrarotlicht und sogar das dazwischen liegende, für das menschliche Auge sichtbare Licht haben ihre Anwendungsgebiete.

IR-Strahlen erweitern durch ihre wärmende Wirkung die Gefäße und führen dadurch zu erhöhter Durchblutung. Die entsprechenden Lampen werden also etwa bei Muskelverspannungen, Hexenschuss und rheumatischen Erkrankungen sowie bei Problemen mit den Nasennebenhöhlen eingesetzt, wo das ein gewünschter Effekt ist. Auch bei Neugeborenen, insbesondere bei Frühchen, kommen sie zum Schutz vor Unterkühlung zum Einsatz.

Die jüngsten Erkenntnisse, was die Heilsamkeit von Licht angeht, betreffen allerdings den für Menschen sichtbaren Bereich des Spektrums. 2008 veröffentlichte eine Gruppe von Wiener Forschern einen Bericht, der die Wirkung des Lichts auf den sogenannten Serotonin-Transporter oder 5-HTT nachwies.

Bei Herbst- und Winterdepression

Was zunächst sehr unverständlich klingt, wird etwas deutlicher, wenn man weiß, dass Serotonin landläufig als „Glückshormon“ bezeichnet wird und dass die Hyperaktivität des zugehörigen Transporters als die Ursache für SAD, die saisonal auftretende Depression, gilt.

SAD oder Herbst-Winterdepression tritt laut Expertenmeinungen bei geschätzten sechs Prozent der österreichischen Gesamtbevölkerung in den kalten Monaten des Jahres auf. Jedoch sind diese Monate nicht nur kalt, sondern vor allem auch dunkel. Die Wiener Forschergruppe hat nachgewiesen, dass fehlendes Licht für die Hyperaktivität des Botenstoffs und damit für den Mangel des Glückshormons verantwortlich ist. Zusätzliches Licht sorgt demnach für eine Verlangsamung von 5-HTT und ist damit eine geeignete Behandlungsmethode für SAD.

Nicht zu verwechseln ist diese Art der Lichttherapie mit der sogenannten Farblichttherapie, die vor allem in esoterischen Kreisen Anhänger und Anwendung findet. „Es gibt keinen Nachweis dafür, dass eine Lichtfarbe besser ist als eine andere“, meint Matthäus Willeit, einer der Autoren der Wiener Studie, dazu. „Deshalb verwenden wir auch das volle Spektrum des sichtbaren, weißen Lichts für die antidepressive Lichttherapie.“ Die begriffliche Nähe zur etwas fadenscheinigen Farblichttherapie schlage sich auch keineswegs in einer Skepsis der Patienten gegenüber der anerkannten Lichttherapie nieder. „Im Gegenteil. Die Leute haben eher eine gewisse Scheu davor, Psychopharmaka einzunehmen, und sind deshalb durchaus glücklich, dass es diese Alternative gibt.“

Während bei Herbst-Winterdepressionen die Wirkung der Lichttherapie als internationale Konsensmeinung gilt, gibt es auch Studien, die noch weiter reichen. „Mittlerweile wurden auch bei vielen Patienten, die unter nicht-saisonalen Depressionen leiden, positive Effekte festgestellt“, erzählt Willeit. Sogar bei völlig gesunden Menschen seien gewisse Schwankungen in der Aktivität des Serotonin-Transporters festgestellt und dementsprechend potenzielle Anwendungsmöglichkeiten der Lichttherapie geortet worden.

Welche biochemischen Prozesse im menschlichen Körper konkret für den positiven Einfluss des Lichts verantwortlich sind, weiß selbst Willeit nicht genau, auch wenn durch die Studie, an der er beteiligt war, ein Teil des Geheimnisses gelüftet werden könnte. Dass es diesen positiven Einfluss gibt, ist aber unbestritten.

Geschäftsidee Lichtcafé

Der Schwede Martin Sylwan hat daraus eine Geschäftsidee gemacht und gleichzeitig für die wohl eindrucksvollste Blüte der Heilkraft des Lichts gesorgt. 2004 eröffnete er in Stockholm, wo die Tage im Winter kurz und SAD-Erkrankungen entsprechend häufig sind, das weltweit erste Lichtcafé. Um umgerechnet etwa zwölf Euro wird man dort total in Weiß gekleidet in einen vollkommen weißen und sehr hell ausgeleuchteten Raum geschickt, um heilsames Licht zu tanken.

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